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Bauern fühlen sich verunglimpft

Die Spitze des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg (von links): Florian Petschl, Geschäftsführer Jan Schwarting, Vorsitzender Eberhard Zucker sowie Stefan Kerner, Andreas Schnepf und Helmut Eberle.Foto: Thomas Faulhaber
Die Spitze des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg (von links): Florian Petschl, Geschäftsführer Jan Schwarting, Vorsitzender Eberhard Zucker sowie Stefan Kerner, Andreas Schnepf und Helmut Eberle. Foto: Thomas Faulhaber
„Die Politik spielt Bauern und Gesellschaft gegeneinander aus“: Der stellvertretende Vorsitzende des Bauernverbandes Heilbronn-Ludwigsburg, Helmut Eberle, spricht Tacheles. Dabei sei die Landwirtschaft seit Jahren wegweisend bei der Nachhaltigkeit, ergänzt der Vorsitzende Eberhard Zucker.

kreis ludwigsburg. Das Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie in der Landwirtschaft steht am kommenden Freitag im Mittelpunkt des Verbandstags der Kreisbauern in Ilsfeld, bei dem unter anderem Umweltminister Franz Untersteller sprechen wird. „Wir haben bereits viel getan und sind bereit, noch mehr zu tun“, betont Zucker im Vorfeld. Das gehe aber nur in einem vernünftigen Dialog mit allen Beteiligten und wenn die Rahmenbedingungen stimmten.

Behörden, Naturschutzverbände, Wissenschaft und Vertreter der Landwirtschaft sowie der Behörden müssten sich zusammensetzen, um erfolgreiche Strategien und Lösungen gemeinsam zu entwickeln. „Wir kennen unsere Böden und unsere Strukturen. Wir können beurteilen, welche Vorhaben tatsächlich sinnvoll sind“, sagt Zucker. Mit politischen Parolen sei niemandem gedient.

Die Programme zu den Ackerrandstreifen, die von den Landwirten seit Jahrzehnten angelegt und gepflegt würden, seien ein Paradebeispiel dafür, wie Biodiversität geschaffen werden kann, betont die Spitze des Bauernverbandes. Das bedeutet, dass die Äcker nicht mehr bis zu den Feldwegen hin bewirtschaftet, sondern Streifen von zwei bis vier Meter Breite für Kleinsäuger und Insekten eingesät werden. 20 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche würden dafür im Landkreis Ludwigsburg geopfert, 80 Hektar im Stadtkreis Heilbronn. Dafür werden die Bauern von den Kommunen entschädigt.

Neu im Maßnahmenkatalog ist die „Allianz für Niederwild“, in der Bauern und Jäger zusammenarbeiten. Die Landwirte stellen die Fläche, die Jagdpächter das Saatgut. Hier hätten dann Feldhasen und Rebhühner ein Refugium. Außerdem: Nicht jedes Feld mit Biogetreide sei gut für den Artenschutz. Statt gezielt zu spritzen, werde geeggt. Doch nach „dreimal gestriegelt“ siedle sich keine Feldlerche mehr an. Für solche Bodenbrüter sei man bereit, auch sogenannte Lerchen-Fenster unbewirtschaftet zu lassen oder Feldwege aufzugeben. Auch die Wengerter würden mit dem Erhalt der Steillagen viel für Landschaftsbild, Fauna und Flora leisten.

Kommunen seien ebenfalls gefordert, zu überdenken, wo Neubaugebiete ausgewiesen werden, und welche Häuser und Gärten sie zulassen, so eine Forderung des Verbandes. Und sie müssten kreativere Ideen für Ausgleichsmaßnahmen entwickeln. „Eine neu angelegte Streuobstwiese mag zwar populär sein, pflegen wird sie aber keiner“, prophezeit Zucker. Gewerbebetriebe müssten überdenken, ob wegen Parkplätzen für Mitarbeiter Tausende Quadratmeter Fläche versiegelt werden oder ob ein Parkhaus nicht umweltverträglicher sei. „Eingriffe in die Natur müssen minimiert werden.“ Kurzum: Die Bauern weigern sich, als Sündenbock herzuhalten.

Zucker stellt klar: „Unsere Hauptfunktion ist und bleibt die Produktion von Nahrungsmitteln, unsere Aufgabe die Übergabe gesunder Höfe an die nächsten Generationen.“ Naturschutz sei dabei Selbstzweck. Der Kostendruck zwinge ohnehin zum sparsamen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln, der Kunde verlange einwandfreie Ware, rückstandsfrei und optisch ansprechend. Fazit: Der Bauernverband fühlt sich durch immer neue Verordnungen und Regularien in der Öffentlichkeit regelrecht verunglimpft. „Wir stehen da, als ob wir in der Vergangenheit alles falsch gemacht hätten und neue Auflagen so ohne weiteres umgesetzt werden könnten“, schimpft einer der stellvertretenden Vorsitzenden.

Dem jüngsten Eckpunktepapier der grün-schwarzen Landesregierung in Stuttgart habe man nur zähneknirschend zugestimmt, weil es einem Berufsstand ohne Rücksprache übergestülpt worden sei. Es sei ein politisches Werk, über dessen Umsetzung das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Für die Vorgabe, 40 bis 50 Prozent Pflanzenschutzmittel einzusparen, gebe es zum Beispiel noch nicht einmal Referenzwerte.

Ohne die Landwirte gebe es keine Natur- und Landschaftsschutzgebiete, meint Zucker. „Schützen durch Nützen“ sei die Devise. Seine Strategie für die Zukunft: „Wir müssen klar Themen besetzen, statt uns von der Politik treiben zu lassen. Und wir müssen uns in der Öffentlichkeit verständlicher positionieren.“ Die habe keine Ahnung davon, wie moderne Landwirtschaft läuft.