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Ausstellung
Die Illusion des Beständigen

Duncan Swann zeigt im Kunstverein Ludwigsburg großformatige Bilder mit kleinteiliger Botschaft. Fotos: Holm Wolschendorf
Duncan Swann zeigt im Kunstverein Ludwigsburg großformatige Bilder mit kleinteiliger Botschaft. Foto: Holm Wolschendorf
Bei seinen Bronzefiguren stellt der Künstler seine Liebe zum Präzisen unter Beweis, während er auf Kohle- und Acylzeichnungen mit Haltungen spielt.
Bei seinen Bronzefiguren stellt der Künstler seine Liebe zum Präzisen unter Beweis, während er auf Kohle- und Acylzeichnungen mit Haltungen spielt.
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Ein Künstler spielt Schicksal: Der Brite Duncan Swann zeigt ab morgen beim Kunstverein im MIK-Museum in Ludwigsburg großformatige Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen. Im Mittelpunkt steht stets der Mensch.

Ludwigsburg. Der Moment entscheidet bei Duncan Swann. Der in München, auf Sardinien und in seinem Geburtsort Sheffield lebende Brite handelt unter dem Motto „If then else“. Der Begriff kommt aus der Computersprache und ist eine Art Ausschlussverfahren. Wenn-dann-sonst: Die Menschen können es sich jedenfalls nicht aussuchen.

Die Großformate üben eine beeindruckende Wirkung aus, auch wenn die Botschaft kleinteilig gehalten ist. Fotografisch genau inszenierte Personen sind bei ihm wie in einem Setzkasten isoliert voneinander angeordnet, die Reihe geht endlos weiter, die opulenten Gemälde bieten nur einen Ausschnitt der Gesellschaft mit ihren Einzelwesen. Der strenge Polizist, die lässige auf einem Stuhl sitzende Frau, der auf sein Smartphone blickende junge Mann, der Dozierende, die Lesende, die Tänzerin und die alte Frau mit der großen Tasche: Sie scheinen präzise angeordnet und doch im Raum zu schweben, sie wirken maskenhaft und individuell zugleich.

Schraffierungen vernichten, was doch so deutlich erschien

„Jeder Mensch ist für sich wichtig, jeder hat seinen eigenen Charakter“, versichert Duncan Swann im Gespräch mit unserer Zeitung. Doch er bildet nicht nur ab, sondern interpretiert auf seine Weise und unternimmt so das Unglaubliche: Er bearbeitet die Leinwand mit Farbe. So entstehen willkürliche und morbide Schraffierungen, die vernichten, was doch mal so deutlich erschien. Dem setzt er auch noch fiktive Nummerierungen entgegen. Einer jungen Frau gelingt gerade noch der Sprung aus der Unkenntlichkeit, während andere Gesichter eingekreist und mit einem Farbstrich fast unsichtbar gemacht werden. Die Welt ist nicht berechenbar und schon gar nicht zu kontrollieren, so Swanns Botschaft. Das Schicksal schlägt erbarmungslos zu und Duncan Swann entscheidet.

Auf einem der Großformate macht er das besonders gründlich, die Figuren sind nur noch schemenhaft zu erkennen. Die Bilder wirken anziehend und verstörend gleichermaßen, sie spielen mit einer Illusion des Beständigen, während sich der sicher geglaubte Raum auflöst. „Der Mensch meint immer, er hat sein Leben unter Kontrolle und kann alles beeinflussen“, stellt Duncan Swann fest. Der 50-jährige Künstler, der am Royal College of Art in London studiert und international ausstellt, ist fast schon besessen von der Idee des Zufälligen, die sich beim Betrachter einprägt und ihn zum Nachdenken über sich selbst und die anderen bringt.

Neben den Großformaten mit den kleinen Figuren zeigt Swann außerdem Kohle- und Acrylzeichnungen auf Papier, bei denen er mit Haltungen spielt. Beispielsweise bei dem mit verschränkten Armen vor einem Bild stehenden Ausstellungsbesucher. Swann hat dabei auch die Wand, an der die Skizzen hängen, mit einem verwaschenen Grünton und einem brüchig erscheinenden Liniennetz gestaltet.

Bei seinen Bronzefiguren zeigt der Künstler die Liebe zum Präzisen, dem er umwölktes Gedankenspiel entgegensetzt. Jede Falte der Jeans und der Jacke ist bei dem lässig mit den Händen in den Taschen dastehenden jungen Mann zu erkennen. Ein anderer sitzt entspannt da und lässt die Beine baumeln. Was alle eint, sind diese wulstigen oder kugelförmigen Gebilde, die aus den Köpfen wachsen. Während die Figur verharrt, kommen die Gedanken in Bewegung und nicht selten werden sie übermächtig und lassen den Kopf fast verschwinden. Ein trügerischer Moment und ein augenzwinkerndes Spiel mit vermeintlichen Gewissheiten.

Info: Die Ausstellung mit Werken von Duncan Swann beim Kunstverein im MIK-Museum in Ludwigsburg wird am morgigen Donnerstag um 19 Uhr in Anwesenheit des Künstlers eröffnet. In die Ausstellung führt Michael Buhrs, Leiter des Museums Villa Stuck in München, ein. Die Ausstellung dauert bis 18. April und ist dienstags, mittwochs, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 11 bis 21 Uhr zu sehen.