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VVS-Tickets
Ende eines teuren Rituals in Sicht

Der VVS erhöht alljährlich die Fahrpreise für Busse und Bahnen: 2022 wird es ab dem 1. April teurer. Foto: Holm Wolschendorf
Der VVS erhöht alljährlich die Fahrpreise für Busse und Bahnen: 2022 wird es ab dem 1. April teurer. Foto: Holm Wolschendorf
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Im Kreis gehen die Ansichten weit auseinander, ob die erneute Erhöhung der VVS-Fahrpreise angemessen ist oder nicht. Fest steht: Dieses alljährlich wiederkehrende Schauspiel soll sich bald ändern.

Kreis Ludwigsburg. Belastungs-EKGs haben es in sich, denn abgebrochen wird erst bei einem Puls von 200. Bis dahin müssen die Patienten auf einem Messgerät in die Pedale treten und kommen keinen Meter voran. Das Prozedere erinnert den Ludwigsburger CDU-Kreisrat Hans Schmid an die alljährlichen Erhöhungsrunden für Bus- und Bahntickets im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS). Zum 1. April langen die Verkehrsunternehmen in der Region wieder zu, flankiert von der Politik wartet eine Anhebung um 2,5 Prozent auf die Fahrgäste. Nur einmal, anlässlich der Tarifzonenreform 2019, gab es eine Nullrunde. „Fast flehentlich“ bat Schmid zu Wochenbeginn den VVS-Co-Geschäftsführer Horst Stammler im Ausschuss für Umwelt und Technik von diesem Ritual abzuweichen. Die Kreis-Grünen prophezeien, dass eine „ständige Erhöhung der Preise die Klimaziele in weite Ferne rücken lässt“.

2023 könnte es anders laufen

Die Chancen, dass sich etwas ändern wird, scheinen nun gestiegen zu sein. „Mir macht das Verfahren auch keinen Spaß“, sagte Stammler in Ludwigsburg – und stellte in Aussicht, dass die Abläufe ab 2023 anders aussehen könnten. Der Nahverkehrsexperte rechnet damit, dass die Preise dann für zwei oder drei Jahre gestaltet werden, die Grünen hatten auf fünf Jahre gehofft. „Ich wäre auch dafür, es so lange zu machen, wie es geht“, sagte Stammler. „Wir müssen aber zunächst Vertrauen bei den Verkehrsunternehmen aufbauen.“

Die haben nach Ansicht des VVS unter der Pandemie in besonderem Maße gelitten. Die Einnahmen seien von rund 550 Millionen Euro um 120 Millionen Euro gesunken. Allerdings spannten Bund und Land dafür einen Rettungsschirm auf und glichen den Fehlbetrag aus. Stammler gibt an, dass die ÖPNV-Nachfrage aktuell wieder bei 75 Prozent liegt. Ende des Jahres sollen es 80 bis 85 Prozent sein. „Wir werden aber noch ein oder zwei Jahre brauchen, bis wir auf dem Stand von 2019 sein werden“, prognostizierte er in Ludwigsburg.

Die Erhöhung der Ticketpreise um 2,5 Prozent bezeichnete Stammler als „guten Kompromiss“ und verwies auf die hohe Inflationsrate, steigende Kosten für Kraftstoffe und die Tarifkonflikte mit der GDL und privaten Busunternehmen.

Rückendeckung für die Preispolitik gab es im Ausschuss aus dem bürgerlichen Lager. Der Freie Wähler und ehemalige Remsecker Bürgermeister Karl-Heinz Balzer nannte sie „moderat und marktverträglich“. Er rief in Erinnerung, dass die Seuche den Kostendeckungsgrad bei den Fahrgeldeinnahmen von gut 56 Prozent auf weniger als 50 Prozent gedrückt habe. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Godel aus Ingersheim führte ins Feld, dass die Preissteigerungen bei Seniorentickets geringer ausfallen und der Landkreis die Zuschüsse für Schülerfahrkarten erhöht habe. Der Christdemokrat Schmid bewertete es positiv, dass der Rettungsschirm die Einnahmeausfälle zu 100 Prozent aufgefangen habe. Dass die Nachfrage des ÖPNV wieder bei 75 Prozent liege, sei ein „Erfolg des VVS“.

Die Grünen nahmen den Bericht des VVS-Co-Chefs „nicht freundlich zur Kenntnis“, wie der Asperger Kreisrat Jürgen Walter sagte. Er kritisierte, dass die Tickets für den ÖPNV in den vergangenen 20 Jahren stärker gestiegen seien als die Benzinpreise. Walter forderte zudem, ein höheres Tempo bei der Umsetzung der Stadtbahn anzuschlagen. „Die Mobilitätswende ist ein zentrales Element für Klimaschutz“, so Walter.

SPD will 365-Euro-Ticket

Die SPD bemängelte, dass Kreise wie Ludwigsburg bei der Einführung eines 365-Euro-Tickets „meilenweit hinterherhinken“. Der Marbacher Sozialdemokrat Ernst-Peter Morlock verwies auf die Landeshauptstadt, die so ein Angebot für Schüler und Azubis im Repertoire habe.

Die Linken träumen unterdessen weiter von einem möglichst gebührenfreien ÖPNV. Das freilich würde den Landkreis nach Angaben des VVS einen dreistelligen Millionenbetrag kosten.