1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Ludwigsburg
Logo

Starkregen
Im Landkreis Ludwigsburg fließt viel Geld in den Schutz vor Fluten

Ditzingen war vor mehr als elf Jahren besonders von Regenfällen betroffen – und unternahm danach einiges zum Schutz. Archivfoto: privat
Ditzingen war vor mehr als elf Jahren besonders von Regenfällen betroffen – und unternahm danach einiges zum Schutz. Foto: privat
Das Regierungspräsidium zieht im Jahr der großen Flutkatastrophe Bilanz zu Gegenmaßnahmen. Im Kreis hat über die Hälfte aller Kommunen Starkregenkonzepte beauftragt. Für manche sind die Kosten aber trotz Förderung zu hoch.

Kreis Ludwigsburg. Der Traum von weißer Weihnacht’ hat sich mal wieder nicht erfüllt – stattdessen kam es mancherorts kräftig nass vom Himmel herab. So warnte der Deutsche Wetterdienst am Dienstag vor „ergiebigem Dauerregen und Sturmböen“. Im Nordschwarzwald und Teilen des Südschwarzwalds, wo ohnehin durch die Schmelze früherer Schneefälle Flüsse und Bäche mehr Wasser führen, sollten demnach bis zu 70 Liter pro Quadratmeter fallen – kein seltenes Ereignis, wie unlängst das Regierungspräsidium mitteilte und auf die Folgen des Klimawandels mit vermehrten Schäden in Ortslagen durch Starkregen und wild abfließendes Wasser verwies.

Und das hat auch politische Folgen: Denn immer mehr Kommunen folgen gerade nach den jüngsten Flutkatastrophen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen dem Beispiel jener Glems-Anrainer im Strohgäu, die als fast schon nationales Vorbild ein Starkregenmanagement initiiert haben, gefördert auch vom Land. Wurden im Regierungsbezirk Stuttgart von 2017 bis einschließlich 2020 rund drei Millionen Euro für entsprechende Untersuchungen und Konzepte bewilligt, so kamen bis Ende 2021 weitere rund zwei Millionen Euro hinzu. In den Kreis Ludwigsburg sind insgesamt 665000 Euro geflossen, geht aus einer Aufstellung des Landratsamts auf LKZ-Anfrage hervor.

Die Katastrophe im Ahrtal als Mahnung

Unter den Kommunen, die aktuell von der 70-prozentigen Förderung profitieren wollen, ist Löchgau. Im Dezember beschloss der Gemeinderat, eine Starkregengefahrenkarte und Maßnahmenvorschläge erarbeiten zu lassen. „Die Hochwasserkatastrophe im Landkreis Ahrweiler führte uns vor Augen, was ein solches Ereignis an Leid und Schaden anrichten kann“, hatte Bürgermeister Robert Feil die Investition von rund 45000 Euro begründet. Rund ein Jahr soll die Erstellung dauern. Weiter ist man da in Bietigheim-Bissingen, wo seit kurzem erste Ergebnisse der Untersuchung vorliegen, die man vor zwei Jahren mit Tamm beauftragte. Hintergrund war die Annahme, dass das Wasser, das unter anderem über den Saubach in Richtung Enz schießt, von dort kommt – tatsächlich aber stammt es von Bissinger Feldern. Und auch sonst weiß man nun genauer, welche Bereiche betroffen sind, wichtig auch mit Blick auf ein geplantes Gewerbegebiet im Anschluss an das Gebiet Laiern.

Pilotprojekt im Strohgäu

Insgesamt wurden laut RP seit 2017 rund 100 Konzepte gefördert, von denen 34 bereits abgeschlossen sind. Im Kreis Ludwigsburg haben in beiden Zeitabschnitten jeweils zehn Städte und Gemeinden profitiert, der Schwerpunkt lag hier aber bereits in den Jahren 2017 bis 2020 (415000 Euro), und im Strohgäu. So gab es Gelder für Hemmingen, Schwieberdingen, Korntal-Münchingen, Markgröningen, Gerlingen sowie Ditzingen, das in dem Pilotprojekt auch die Federführung übernommen hatte. Hintergrund waren die gewaltigen Regenfälle, die am 4. Juli 2010 die Innenstadt unter Wasser gesetzt hatten und unter anderem eine Kita zerstörten. Acht Anrainerkommunen der Glems (OB Michael Makurath: „Sie gehört nicht zu den Gewässern, wo schon zwei Wochen vorher zu sehen ist, was passieren wird“) haben deshalb unter anderem Starkregengefahrenkarten erstellt – wie sie zum Zeitpunkt der jüngsten Flut nicht einmal die Hälfte der Kommunen im Land hatte, obwohl das als eine der wichtigsten Vorbeugemaßnahmen gilt. Die Karten zeigen, wo Überflutungen zu erwarten sind und über welche Wege Starkregen mit welcher Geschwindigkeit abfließt. Zudem betrachten Risikoanalysen gefährdete Gebäude und Einrichtungen. Komplettiert wird das Paket durch ein Handlungskonzept, in dem Maßnahmen zur Verminderung des Risikos aufgezeigt werden.

Eine solche Starkregengefahrenkarte hat auch die Stadt Steinheim 2019 für ihren Ortsteil Höpfigheim erstellen lassen, entsprechende Untersuchungen für Kleinbottwar und die Kernstadt Steinheim folgten. In Höpfigheim gilt vor allem wegen der Topographie eine höhere Gefährdung. Das zeigte sich 1997, als bei einem Wolkenbruch 90 Liter Wasser pro Quadratmeter in 15 Minuten herunterkamen. An der Kreuzung Talstraße/Obere Seewiesen stand das Wasser kniehoch, der Schlosshof war überflutet. Besonders gefährdet sind außerdem die Meisen- und Endwiesenstraße sowie die Oberen Seewiesen, hat das Gutachten ergeben. Als Reaktion auf die Analyse und Teil des Maßnahmenpakets wurden in Höpfigheim verstärkt sogenannte Retentionsflächen geschaffen, die nicht bebaut werden und auf denen das Wasser relativ schnell versickern kann.

Zu viel Geld für zu wenig Hilfe

Doch so manche Tipps, wie sie nun auch das RP mitteilte, sind aus Sicht der Kritiker Binsenweisheiten. So hieß es etwa in Hemmingen, dass die Ummauerung von Kellerlichtschächten oder andere Standorte für wichtige Hausinstallation wie der übliche Keller eigentlich logisch seien und man dafür kein lange und teuer erstelltes „Konzept“ brauche. Oder, wie man das im Gemeinderat Mundelsheim formulierte, der unlängst die Erstellung trotz Förderung ablehnte: 37000 Euro seien kein Pappenstiel, so Andreas Link (Freie Bürgerliche Wählervereinigung). „Dafür erfahren wir lediglich, dass bei starkem Regen Wasser in den Ort kommt.“

Aus Sicht des Landes aber eine Ausnahme. Denn, so der scheidende Regierungspräsident Wolfgang Reimer: „Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren weitere Städte und Gemeinden solche Konzepte in Auftrag geben – ich ermutige die Kommunen hierzu ausdrücklich. Die Fördermittel stehen bereit.“ Und auch private Eigentümer sollten Vorsorge treffen. Denn die Klimakrise gehöre „zu den größten Herausforderungen unserer Zeit und ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“.