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Krieg in der Ukraine: Bauern sollen wegen drohender Ernteausfälle auch Ökoflächen nutzen

Weizen wächst auf einem Getreidefeld. Durch den Krieg in der Ukraine drohen Ernteausfälle. Dadurch werden Folgen für die Ernährung von vielen Menschen auf der ganzen Welt erwartet. Archivfoto: Arne Dedert/dpa
Weizen wächst auf einem Getreidefeld. Durch den Krieg in der Ukraine drohen Ernteausfälle. Dadurch werden Folgen für die Ernährung von vielen Menschen auf der ganzen Welt erwartet. Foto: Arne Dedert/dpa
Vier Prozent ihrer Ackerflächen müssen Landwirte für den Umweltschutz vorsehen und statt mit Getreide oder Mais beispielsweise mit Blühmischungen bepflanzen. Angesichts drohender Ernteausfälle in der Ukraine sollen europäische Landwirte laut EU-Kommission jetzt auch diese Ökoflächen nutzen. Die hiesige Landwirtschaft befürwortet den Vorschlag. Doch Agrarminister Cem Özdemir möchte ihn nur auf den Futteranbau beschränken.

Kreis Ludwigsburg. Die Ukraine ist eines der wichtigsten Länder für die Produktion von Getreide. 64Millionen Tonnen hat das Land im Jahr 2020 produziert. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 43 Millionen Tonnen. Wegen des Kriegs in der Ukraine ist davon auszugehen, dass große Mengen an Getreide aus dem osteuropäischen Land für den Weltmarkt wegfallen. Deshalb wird damit gerechnet, dass es außerhalb Europas – insbesondere in afrikanischen Ländern – zu Versorgungsengpässen kommt. Dass Landwirte in der EU künftig für den Umweltschutz vorgesehene Ackerflächen nutzen dürfen, um dort Nahrungs- und Futtermittel anzubauen, stößt auch bei Eberhard Zucker, Vorsitzender des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg, auf Gegenliebe. „Da muss man in die Bresche springen, deshalb finde ich den Vorschlag gut“, sagt er.

Landwirt Eberhard Zucker findet Özdemirs Lösung „ein Unding“

Der Vaihinger Landwirt hoffte darauf, dass Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) die Flächen auch für die Produktion von Nahrungsmitteln freigibt. Doch Fehlanzeige: Die sogenannten ökologischen Vorrangflächen sollen laut Özdemir in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern nur zur Futterproduktion genutzt werden. So soll es am 8. April im Bundesrat beschlossen werden. „Das halte ich für ein Unding“, sagt Zucker. Und weiter: „Wir haben eine Verantwortung gegenüber der Weltbevölkerung und sollen die Ware aus den Flächen an Viehhalter verkaufen – das ist völliger Quatsch.“ Unterstützung erhält er vom baden-württembergischen Agrarminister Peter Hauk (CDU). „Wir fordern den Bund auf, dies auch auf Bundesebene umzusetzen“, sagte er am Donnerstag in Stuttgart im Vorfeld der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz. Die Ukraine-Krise erfordere es, dass die Frage der Ernährungssicherung noch stärker in den Fokus genommen wird. Es sei besonders wichtig, die europäische gemeinsame Agrarpolitik in Deutschland so umzusetzen, dass die Ernährungs- und Umweltziele erreicht werden und gleichzeitig ein Beitrag zur Ernährungssicherheit und zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Betriebe geleistet wird.

Özdemir für mehr Klima- und Umweltschutz

Doch Bundesagrarminister Özdemir möchte einen Umbau der Landwirtschaft hin zu mehr Klima- und Umweltschutz. In der Konferenz der Agrarminister von Bund und Ländern am Donnerstag verwies er darauf, dass in diesem Jahr ausnahmsweise Gras und Pflanzen von bestimmten ökologischen Vorrangflächen als Futter genutzt werden dürfen. Er wandte sich aber gegen weitergehende Forderungen, dort etwa auch Pflanzenschutzmittel einzusetzen oder Getreide anzubauen. Die Böden seien teils nicht dafür geeignet. Bedeutendere Flächen für die Nahrungsproduktion seien derzeit etwa für die Produktion von Agrosprit belegt oder würden versiegelt.

Laut dem Fachbereich Landwirtschaft im Landratsamt Ludwigsburg ist es in der aktuellen Situation in Deutschland nicht angebracht, von Hungersnöten zu sprechen. Auch wenn das eine oder andere aktuell stark nachgefragte Lebensmittel temporär nicht mehr verfügbar ist, gebe es keine Versorgungskrise. „Die hiesige Bevölkerung müsste lediglich von sogenannten Hamsterkäufen absehen und gegebenenfalls auf Alternativprodukte ausweichen“, stellt das Landratsamt fest. Problematischer wäre ein Rückgang der Getreideproduktion in der Ukraine allerdings für die ärmeren Länder der Welt. „Der Effekt der zusätzlichen Futternutzung dürfte zumindest im Landkreis Ludwigsburg von untergeordneter Bedeutung sein, da es sich bei den aus der Erzeugung genommenen Flächen (Brachen) überwiegend um Grenzertragsstandorte handelt, deren Ertragspotenzial ohnehin eher gering sein dürfte“, teilt das Landratsamt mit. Zudem sei die Nutztierdichte im Landkreis eher gering. Es gebe nur wenige Schaf- und Ziegenbetriebe, die erfahrungsgemäß am meisten von diesen zusätzlichen Futterflächen profitieren würden.