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Schulsport
Nur Kämpfe auf der Matte sind tabu

Der Rektor als Kampfsporttrainer: Schulleiter Boris Rupnow und seine Schüler im Karate-Unterricht. Foto: Holm Wolschendorf
Der Rektor als Kampfsporttrainer: Schulleiter Boris Rupnow und seine Schüler im Karate-Unterricht. Foto: Holm Wolschendorf
Schüler als Karate-Kids: Realschulrektor Boris Rupnow lehrt die Kampfsportart im Regelunterricht

Kornwestheim. Boris Rupnow ist Leiter der Theodor-Heuss-Realschule und begeistert sich seit seinem Jugendalter für Karate. Die Begeisterung für diese Sportart, die viel Konzentration, Beweglichkeit und Schnelligkeit erfordert, will er auch seinen Schülern vermitteln. Und so bietet er im Rahmen des Sportunterrichts der zehnten Klassen eine Einführung in diese Sportart an, die aus zehn Unterrichtseinheiten besteht. Die Schüler konnten zwischen verschiedenen Sportarten wählen.

Der Junge, der mit ausgestrecktem Arm einen Ball vor seinen Körper hält, verzieht keine Miene, als Boris Rupnow, sich ihm nähert, stehen bleibt und seinen rechten Arm mit der geballten Faust nach vorne stößt. Wenige Zentimeter vor dem Ball stoppt er seine kraftvoll ausgeführte Bewegung. „Das ist wie beim Kugelstoßen“, erklärt der 49-Jährige, der einen weißen Karateanzug trägt. „Das sieht gefährlicher aus, als es ist,“ wendet er sich beruhigend an die Zuschauer.

Neben den 15 Mädchen und Jungen der Jahrgangsstufe zehn ist an diesem Nachmittag auch Ralf Brünig in der Halle. Er ist Schulsportreferent des Karateverbandes in Baden-Württemberg. Der Lehrer hat nicht nur 18 Jahre lang unter anderem Karate an der Tobias-Mayer-Schule in Marbach unterrichtet, sondern maßgeblich an der Einführung des DKV-Sound-Karateprogramms mitgearbeitet. Dabei handelt es sich um ein auf Kinder und Jugendliche abgestimmtes Trainingsprogramm, bei dem unter anderem bestimmte Karatetechniken zu fetziger Musik geübt werden. So ertönt später am Nachmittag „I Love Rock’n’Roll von Joan Jett aus dem Lautsprecher. Das Üben der Schritte und Bewegungen gleicht eher einer ausgefeilten Choreographie.

Karate ist ein Kampfsport und mit einem gewissen Verletzungsrisiko verbunden. Deshalb durfte diese Sportart viele Jahre nicht im Rahmen des Schulsports unterrichtet werden. Das hat sich inzwischen geändert – allerdings nur, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden, wie Ralf Brünig erklärt. Dazu gehören vorherige Absprachen über die Bewegungsabläufe, die eingeübt werden. Außerdem werden die Schläge vor allem auf Bälle gerichtet, die die Trainingspartner in gebührenden Abstand zu ihrem Körper in die Höhe halten. Wer zum Beispiel nicht still hält, wenn das Gegenüber zum gezielten Schlag auf den Ball ausholt, geht das Risiko ein, selbst getroffen zu werden.

Das freie Kämpfen auf der Matte ist nach wie vor nicht im Schulunterricht erlaubt, so der Brünig. Der 75-Jährige ist Inhaber des sechsten Dans und gilt deshalb als Karate-Großmeister. Doch auch die sportliche Bilanz von Boris Rupnow kann sich sehen lassen. Er trägt den dritten Dan und hat bei baden-württembergischen Meisterschaften mehrfach einen dritten Platz belegt. Außerdem ist er als Trainer bei seinem Heimatverein beim SV Leonberg tätig. Ihm geht es nicht nur darum, den Schülern die Grundtechnik des Karate zu vermitteln. „Es geht auch darum, Spaß zu haben“, erzählt er. Und quasi nebenbei werden die Teamfähigkeit und der faire Umgang miteinander geübt. Deshalb zieht der Schulleiter, der neben Sport auch Technik und Geografie unterrichtet, in Erwägung, an der Realschule demnächst eine Karate-AG ins Leben zu rufen.

So etwas hört Ralf Brünig nur zu gerne: Für ihn verfügt Karate über einen hohen pädagogischen Wert, weil die Gewaltbereitschaft seiner Meinung nach dadurch deutlich sinkt. Viele Kinder, so bedauert er, hätten heute niemanden mehr, mit dem sie raufen und sich auf spielerische Weise messen können. Schon der kleinste, meistens unbeabsichtigte Rempler auf dem Schulhof oder auf der Straße werde deshalb missverstanden und löse Aggressionen aus, erzählt er, während die Zehntklässler bei einem Schattentanz die Auseinandersetzung mit einem imaginären Gegner suchen.

„Man lernt mit seiner Kraft umzugehen“, hat der 16-jährige Lasse festgestellt. Dass man durch Karate auch Verteidigungstechniken lernt, gibt der gleichaltrige Tom zu bedenken. Beide spielen begeistert Handball, doch auch Karate macht ihnen Spaß.