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Stadtreinigung
Pandemie sorgt für noch mehr Müll

Thomas Metzger und Günther Blank (mit Mütze) entsorgen in der Innenstadt den Müll, den andere achtlos weggeworfen haben.Foto: Ramona Theiss
Thomas Metzger und Günther Blank (mit Mütze) entsorgen in der Innenstadt den Müll, den andere achtlos weggeworfen haben. Foto: Ramona Theiss
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Der Kornwestheimer Bahnhofsvorplatz erinnert an ein Schlachtfeld. Abfalleimer sind aus der Verankerung gerissen. Ihren Inhalt hat der Sturm am Wochenende großflächig verteilt. Zwei Männer in neongelben Anzügen machen sauber.

Kornwestheim. Knapp über dem Gefrierpunkt kann sich das Wetter nicht entscheiden, ob es regnen oder schneien soll. Der Wind pfeift eisig um die Ohren. Günther Blank und Thomas Metzger sind das gewöhnt. Täglich sind sie ab 7Uhr unterwegs und kümmern sich um den Dreck anderer Leute. Zwei Stunden später haben sie auf ihrer Tour durch die Innenstadt ihr Auto bereits dreimal am Bauhof entladen. Es fasst 1500 Liter, was etwa 13 Badewannenfüllungen entspricht.

Mit Besen, Schaufel und Zange

Ihre Waffen gegen den achtlos weggeworfenen Abfall sind Besen, Schaufel und Greifzange. Ihre Schutzschilde Arbeitshandschuhe und Müllsack. Blank und Metzger machen die städtische Kehrwoche von Montag bis Samstag. Seit 20 Jahren fechten sie einen nicht enden wollenden Kampf gegen Windmühlenflügel aus. Die beiden sind eines von vier Zweierteams, die in Kornwestheim unterwegs sind. „Vor ihnen allen habe ich einen riesigen Respekt“, sagt Bauhofleiterin Martina Kurz. Die Mitarbeiter hätten eine undankbare und gesellschaftlich wenig anerkannte Aufgabe. Aber wenn der ganze Dreck überall liegen würde oder die Abfalleimer überquellen, sei das Geschrei groß. Schon um 8 Uhr würde das Telefon klingeln, weil sich beispielsweise eine Mutter beschwert, dass im Sandkasten auf dem Spielplatz eine leere Flasche liegt, anstatt diese einfach selbst zu entsorgen.

Metzger und Blank haben bereits um 9 Uhr Hunderte „Coffee-to-go-Becher“ aufgeklaubt, Pizzaschachteln und sonstige Verpackungen eingesammelt. Stockenten wissen das zu schätzen, sie fliegen und watscheln vom Stadtsee rüber, sie haben gelernt, dass es am Bahnhof immer irgendwas zu futtern gibt. Schnapsflaschen, Servietten, Papiertaschentücher, S-Bahn-Tickets: Am lästigsten sind die Zigarettenkippen in den Ritzen des Straßenbelags. Hier wird der Besen zum stumpfen Schwert. Jeder einzelne Stummel wird von Hand aufgelesen. Die zwei machen ihren Job klaglos, wie ihre Kollegen auch. Täglich leeren sie 200 Mülleimer und machen deren Umfeld sauber.

„Für einen Montag schaut es eigentlich ganz manierlich aus“, urteilt Frank Burchhardt. Er ist Schlimmeres gewohnt. Das Wetter am Wochenende war wohl zu schlecht für Party rund um den Bahnhof, so der stellvertretende Bauhofleiter. Dabei macht einen die sich bietende Müllorgie auch so schon fassungslos. Entweder haben die Menschen verlernt zu zielen und werfen den Abfall genau fünf Zentimeter neben die Öffnung des Abfalleimers, oder sie lassen ihn einfach fallen, wo sie gerade stehen. Dazu gesellt sich der wilde Hausmüll derer, die sich die AVL-Gebühren auf Kosten der Allgemeinheit sparen wollen. „In Pandemie-Zeiten ist das Abfallaufkommen größer geworden“, meint Kurz. Sie schätzt den Anstieg auf 30 Prozent. Es werde viel günstiges Essen zum Mitnehmen bestellt. Bei passendem Wetter treffen sich die Leute im Freien, bevorzugt rund um den Bahnhof, im Freizeitpark, im Salamanderpark, auf den Spielplätzen und Schulhöfen. Das sind die Hotspots.

Kosten von 57000 Euro

Insgesamt kommt alleine mit dem Straßenmüll ganz schön was zusammen: 34 Container mit einem Volumen von 40 Kubikmetern im Jahr. Das würde sämtliche Becken des Alfred-Kercher-Bads füllen. Die Entsorgung kostet rund 57000 Euro. Dabei ist Sperrmüll nicht mitgerechnet, etwa Matratzen, Möbel, Reifen, Bauschutt sowie Waschmaschinen, die einfach in der freien Landschaft illegal entsorgt werden. Auch davon ist in Coronazeiten deutlich mehr zu finden. Obwohl es die Umwelt belastet und Tiere gefährdet.

Günther Blank und Thomas Metzger sind wie ihre sechs anderen Kollegen in den vier Kornwestheimer Stadtbezirken Saubermänner im besten Sinne. Deren Arbeit wird oft erst geschätzt, wenn sie vermisst wird und die Stadt zusehends vermüllt. Aber so weit lassen sie es erst gar nicht kommen, obwohl sie mit ihrem Verdienst bestimmt keine Reichtümer scheffeln.