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Über Caritas und Diakonie
So helfen Kirchen auch im Kreis Ludwigsburg Menschen mit zu hohen Energiekosten

Die gestiegenen Energiekosten lassen auch Menschen verzweifeln, die keine staatlichen Hilfen beziehen. Symbolfoto: Maria Fuchs/stock.adobe.com
Die gestiegenen Energiekosten lassen auch Menschen verzweifeln, die keine staatlichen Hilfen beziehen. Symbol Foto: Maria Fuchs/stock.adobe.com
Um Belastungen durch steigende Energiekosten abzufedern, hat der Bund 2022 eine einmalige Energiepreispauschale von bis zu 300 Euro beschlossen. Davon müssen Steuern gezahlt werden, was den Kirchen ungewollte Mehreinnahmen verschafft. Wie sie die an Menschen in Notlagen weitergeben, haben nun Caritas und Diakonie erklärt.

Kreis Ludwigsburg. „Die Kirchen in Baden-Württemberg haben beschlossen, die Mehreinnahmen an Kirchensteuer nicht für ihre Haushalte zu vereinnahmen, sondern sie den Menschen zugutekommen zu lassen, die durch die Energiekrise besonders gebeutelt sind“, sagt Hendrik Rook, Regionalleiter der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz. Die Beratungsstellen von Caritas und Diakonie übernehmen ab sofort auch im Kreis Ludwigsburg die Auszahlung dieser Hilfen. Wer davon profitieren kann und was er dafür tun muss, haben Vertreter der beiden Wohlfahrtsverbände bei einem Pressegespräch beantwortet.

Vor allem „Schwellenhaushalte“ sind dabei laut Martin Strecker, dem Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands Ludwigsburg, im Fokus. Damit sind Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen gemeint, die keine staatlichen Leistungen wie das Bürgergeld beziehen, nun aber von den gestiegenen Preisen getroffen werden. Caritas und Diakonie denken vor allem an Rentner, Alleinerziehende, Familien mit mehreren Kindern und Teilzeitbeschäftigte. „Das ist ein Thema in Haushalten, in denen es sich gerade so ausgeht“, sagt Caritas-Fachbereichsleiterin Petra Tolksdorf. Sollte sich weiterer Bedarf ergeben, werde man nachsteuern. Ein Antrag steht allen Menschen offen, sie müssen nicht Mitglied einer Kirche sein.

Programm läuft ab jetzt zwei Jahre lang

Um etwa eine Nachzahlung beim Gas oder beim Strom zu begleichen, erhöhte Abschlagszahlungen abzufangen oder die Mehrkosten bei der Lieferung von Öl oder Pellets zu stemmen, können Haushalte eine Energiebeihilfe beantragen. Der Zuschuss soll unabhängig vom Energieträger erfolgen. „Wir übernehmen nicht den kompletten Betrag, sondern nur die Kostenexplosion“, stellt Martin Strecker klar. „In der gleichen Höhe wie bisher muss das der Haushalt schon leisten können.“ Bereits jetzt sei deutlich zu spüren, dass Bedarf besteht. Auf der anderen Seite seien aber auch erste Spenden von Menschen eingegangen, die ihre Energiepreispauschale nicht benötigten.

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Grundsätzlich funktioniert die Auszahlung in ganz Baden-Württemberg gleich, wer aber im Kreis Ludwigsburg lebt, sollte seinen Antrag auch hier stellen. Das Programm ist auf zwei Jahre ausgelegt. Ein Haushalt kann 2023 und 2024 jeweils einen Antrag stellen, darunter auch einen rückwirkenden für eine Rechnung aus 2022. „Man muss nicht direkt am nächsten Tag vor der Tür stehen“, so Hendrik Rook. Wenn jemand erst später von dieser Möglichkeit erfahre, könne er zum Beispiel im Sommer noch eine Rechnung vom Jahresanfang einreichen. Sollten die Preise auch über 2024 hinaus hoch bleiben, müssten staatliche Mechanismen einspringen.

Nachweis von Einkommen und Energiekosten nötig

„Wir müssen dann den Einzelfall anschauen“, so Martin Strecker weiter. Kriterien seien dabei Bedürftigkeit und Gerechtigkeit. Das werde alles andere als einfach, weshalb der Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands froh über die Erfahrungen aus der bisherigen Beratung ist. Die Verbände versprechen – auch aus personellen Gründen – einen unkomplizierten Ablauf mit möglichst wenig Bürokratie. Antragsteller müssen mit dem Formular nur einen Nachweis über das Einkommen des Haushalts und die Rechnung mit den Energiekosten einreichen. Außerdem sollen sie angeben, wie viele Menschen in ihrem Haushalt leben. Das Vermögen wird nicht geprüft, da zum Beispiel auch jemand betroffen sein könnte, der gerade ein Haus gebaut hat.

Die Höhe der Energiebeihilfe richtet sich nach dem konkreten Fall, allerdings sind die möglichen Beträge gedeckelt. Der Caritas stehen für ihre Region, die die Kreise Ludwigsburg und Rems-Murr sowie einen Teil des Enzkreises umfasst, 750 000 Euro zur Verfügung. Wenn man von rund 1000 Euro pro Fall ausgeht, könnten davon 750 Haushalte profitieren. Es sollen aber Zahlungen von bis zu 3000 Euro möglich sein. Die Diakonie hat die Zahlung pro Fall auf 2000 Euro begrenzt, kann dafür aber aus dem großen Topf des Verbands schöpfen, solange Geld da ist. Die beiden Organisationen wollen eng zusammenarbeiten und sich abstimmen, um bei Bedarf untereinander Summen auszugleichen – und auszuschließen, dass jemand am Ende bei beiden einen Zuschuss beantragt und erhält.

Beratung und Antrag bei sieben Stellen möglich

„Altersarmut ist nichts Neues“, so Diakonie-Fachbereichsleiterin Carola Benker über eine der Zielgruppen der Energiebeihilfen. Ein großer Anteil davon bleibe allerdings verdeckt, da viele ältere Menschen keine staatlichen Leistungen beantragten, obwohl sie dazu berechtigt seien. „Auch bei den Alleinerziehenden ist eine Steigerung da“, berichtet sie aus dem Beratungsalltag. Die Lage habe sich zuletzt auch in den Tafelläden verschärft. Laut Caritas-Regionalleiter Hendrik Rook machen den Menschen neben den gestiegenen Energiekosten auch allgemein die höheren Lebenshaltungskosten sowie die Inflation zu schaffen. Das Programm richte sich daher an eine breite Zielgruppe, etwa auch an Menschen, die in den Bereichen Pflege, Gastronomie und Handel arbeiten.

Wer einen Antrag stellen oder sich beraten lassen möchte, kann sich an den Kreisdiakonieverband Ludwigsburg, die Diakonische Bezirksstelle Ditzingen, Bietigheim-Bissingen, Marbach oder Vaihingen, das Caritas-Zentrum Ludwigsburg oder das Caritas-Familienzentrum Bietigheim Bissingen wenden.

20 Millionen Euro Mehreinnahmen an Kirchensteuer

erwartet man in Baden-Württemberg durch die einkommensteuerpflichtige Energiepreispauschale, die die Bundesregierung 2022 einmalig für Erwerbstätige und Studierende sowie viele Rentner beschlossen hat. Laut Hendrik Rook, Regionalleiter der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz, stammen davon jeweils rund 5,3 Millionen Euro von den evangelischen und katholischen Steuerzahlern in Württemberg.