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Kriminalität
Spritdiebe kommen meist nachts – Betroffene gibt es auch im Kreis Ludwigsburg

Andreas Kummer auf dem Betriebsgelände seines Asperger Transportunternehmens an einem Lkw-Tank Foto: Ramona Theiss
Andreas Kummer auf dem Betriebsgelände seines Asperger Transportunternehmens an einem Lkw-Tank Foto: Ramona Theiss
Diesel- und Ladungsklau trifft auch Fahrer und Unternehmen im Kreis Ludwigsburg. Die Tätersuche ist schwierig. Verband und Polizei geben Tipps, wie Fahrer sich verhalten sollten.

Kreis Ludwigsburg. An einem Winternachmittag vor einigen Wochen stellt der Fahrer des Asperger Transportunternehmens Kummer seinen Lkw auf einem Parkplatz bei Nürnberg ab. Über Nacht schläft er in der Fahrerkabine. Als er am frühen Morgen weiterfahren will, merkt er, dass Kriminelle sich an seinem Fahrzeug zu schaffen gemacht haben. Mehr als 500 Liter Diesel waren im Tank, als er sich schlafen legte. Etwa 200 sind übrig, als er aufwacht. In der Nacht hat jemand den Tank geöffnet und mehrere Hundert Liter Diesel aus dem Lkw gestohlen, abgesaugt mit einem Schlauch. Der Rest reicht gerade noch für die Heimfahrt nach Asperg.

Für Geschäftsführer Andreas Kummer war die Tat ein Déjà-vu-Erlebnis: Das Unternehmen, das der 46-Jährige zusammen mit Vater Hermann und Onkel Paul leitet, war bereits mehrmals von Dieselklau betroffen. Zweimal stahlen Täter Sprit aus Lkw, die vor dem Asperger Firmengebäude geparkt waren. Jetzt hängt dort eine Überwachungskamera. „Es tut jedes Mal weh“, sagt Andreas Kummer über die Diebstähle, „jeder Euro, den wir verlieren, schmerzt.“ Kummer schickt seine Fahrer deshalb nicht mehr mit vollgetankten Lkw auf Ferntouren. So wird das Risiko eines Dieseldiebstahls minimiert – auch wenn die Fahrer dafür öfter unterwegs tanken müssen.

Auch Dennis Juhrich ist schon Diesel aus einem Lkw gestohlen worden. Vor Jahren, als er noch für die Nordheimer Spedition Kleemann fuhr, stellte er seine Sattelzugmaschine ohne Auflieger im Möglinger Industriegebiet ab, direkt vor der Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft. So war das üblich, bevor Fahrer in den Urlaub gingen. Als Juhrich eine Woche später wieder am Steuer seines Lkw saß, sah er auf die Tankanzeige und bemerkte den Diebstahl: „Es sind bestimmt 400 Liter gestohlen worden“, sagt der gebürtige Tammer, der heute für die Felsengartenkellerei Besigheim eG fährt.

„Der Schaden ist dann noch höher“

Täter gingen beim Dieselklau teils „sehr brachial“ vor, antwortet Timo Didier vom Verband des württembergischen Verkehrsgewerbes auf Nachfrage. „Werden am Tank zusätzliche Sicherungsmaßnahmen verbaut, kann dies dazu führen, dass Täter den Fahrzeugtank sehr stark beschädigen, um die Sicherungen zu überwinden. Der Schaden ist dann noch höher.“ Laut Unternehmer Andreas Kummer werde Diesel mitunter auch durch ein Loch gestohlen, das Täter unter dem Tank bohren.

In diesem Frühjahr, in dem die Dieselpreise stark gestiegen sind, sei von mehr Spritdiebstählen auszugehen, teilt Fachmann Martin Bulheller mit. „Wir bekommen aber nicht jeden Fall mitgeteilt, und die Fälle werden auch nicht immer zur Anzeige gebracht.“ Warum nicht? „Die Aufklärungsquote ist gering, und keine Versicherung zahlt für den gestohlenen Treibstoff.“ Bulheller ist Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), dem Spitzenverband für Straßengüterverkehr, Logistik und Entsorgung in Deutschland mit Sitz in Frankfurt/Main. Der BGL vertritt seit 1947 die Interessen von derzeit rund 7000 in seinen Landesverbänden organisierten Unternehmen.

Spritdiebe sind laut Bulheller etwa „Gelegenheitstäter“. Es sind aber auch „straff organisierte Banden aus dem Ausland, die auch vor Gewaltanwendung nicht zurückschrecken“. Trotz geringer Aufklärungsquote gelängen Ermittlern „aber immer wieder spektakuläre Erfolge, weswegen wir unbedingt zur Anzeige jedes einzelnen Vorfalles bei der Polizei raten. Je mehr Infos dort vorhanden sind, desto eher lässt sich so eine Bande lokalisieren und schlussendlich auch dingfest machen“, sagt Bulheller.

Verband: Dieseldiebstähle lassen sich nicht versichern

Für Täter seien bei Diebstählen dieser Art große Dieselmengen vergleichsweise einfach zu erbeuten. „Lkw-Tanks sind zudem offen zugänglich außen am Fahrzeug angebracht, im Gegensatz zum verdeckt verbauten Pkw-Tank.“ Lkw-Fahrer und -fahrerinnen sollten, wenn sie einen Spritdiebstahl bemerken, nicht aussteigen und eingreifen, „das ist viel zu gefährlich“, so Bulheller. Besser sei, sofort die Polizei anzurufen. „Bedauerlicherweise lassen sich Dieseldiebstähle nicht versichern.“

Bulheller rät, das Fahrzeug, „wenn möglich, nicht abends irgendwo vollgetankt abzustellen, sondern mit dem Volltanken bis zur Abfahrt zu warten.“ Und: „Möglichst auf gut einsehbaren, nachts gut beleuchteten, idealerweise eingezäunten Parkplätzen parken, auch wenn man angesichts des eklatanten Lkw-Stellplatzmangels froh sein muss, überhaupt einen freien Parkplatz zu finden.“ Bundesweit fehlten etwa 40000 Lkw-Stellplätze.

Bulheller weiter: „Wo es geht, sollte man seinen Lkw so abstellen, dass sich nachts nicht ein Kleintransporter nahe neben den Lkw stellen kann, um den Diesel unbemerkt vom Lkw-Tank direkt in die Tanks oder in große Treibstoffbehälter im Inneren des Transporters umzupumpen.“

Meist werden die Deckel aufgebrochen

Auch das Polizeipräsidium Ludwigsburg rät: „Ein Diebstahl sollte immer bei der Polizei angezeigt werden.“ Damit es schnell geht, solle dies über den Notruf 110 geschehen, teilt Sprecherin Yvonne Schächtele mit. Diebstähle von Diesel, Kraftstoff oder von Ladung seien keine gesonderten Tatbestände, sondern würden grundsätzlich als Diebstähle oder besonders schwere Fälle des Diebstahls erfasst. Deshalb sei es schwierig, zu ermitteln, wie häufig Diesel- oder Ladungsdiebstahl etwa im Kreis Ludwigsburg vorkomme. Die Polizei ermittelt in solchen Fällen gegen unbekannt. „Gewöhnlich werden die Tankdeckel aufgebrochen, um den Kraftstoff anschließend abzupumpen oder abzuschlauchen“, sagt Polizeisprecherin Schächtele. „Täterhinweise ergeben sich meist keine.“ Die Diebe schlügen oft nachts zu.

Ähnlich sei das laut BGL, wenn Ladung gestohlen werde – durch Täter, die Lkw-Planen aufschlitzen. Die würden immer professioneller, die Löcher in den Planen immer kleiner, weil zunehmend Endoskope eingesetzt würden, so Sprecher Bulheller. Der Verband fordert von der Politik „eine bessere personelle Ausstattung der Kontrollorgane, denn auf Autobahnrastplätzen wie in der Fußgängerzone gilt: Polizeipräsenz verhindert Straftaten“.

Infobox zur Kummer-Firmengeschichte: Vom Bäckerbetrieb zum Transportunternehmen

In den 1950er Jahren war es üblich, dass Bäcker auch mit Kohle handelten. Paul Kummer war solch ein Bäcker, der sich später ausschließlich auf den Kohlehandel konzentrierte. In den 60er Jahren kam der Heizölhandel hinzu – in diesem Bereich ist das Transportunternehmen Kummer bis heute tätig. Der Asperger Betrieb, hervorgegangen aus Paul Kummers Firma, wurde 1979 zur GmbH. Heute wird er von Pauls Söhnen Hermann und Paul und von Enkel Andreas Kummer geleitet. Der 46-jährige Geschäftsführer sagt: „Wir fahren viele Massengüter, vor allem für Stahlhändler.“ Der Diebstahl von Diesel aus Lkw auf Parkplätzen werde „zu einem immer größer werdenden Problem“, sagt Andreas Kummer. Sein Vater Hermann ergänzt, Lkw-Übernachtungen auf Parkplätzen seien gefährlich, weil häufig Dieselkraftstoff und, nach dem Aufschlitzen von Planen, Transportgüter aus Lastwagen gestohlen würden. (wd)