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Mit 160 Sachen querfeldein gerast
Verfolgungsjagd in Asperg: Fahrer kommt mit Bewährung davon

Der Prozess vor dem Heilbronner Landgericht ist auf zehn Tage terminiert. Symbolbild: Daniel Reinhardt/dpa
Der Prozess vor dem Heilbronner Landgericht ist auf zehn Tage terminiert. Symbolbild: Daniel Reinhardt/dpa
Das Ludwigsburger Amtsgericht verurteilt einen jungen Mann, der sich im März 2022 ein Rennen mit der Polizei geliefert hat und sperrt seinen Führerschein.

Asperg/Ludwigsburg. Die Geräuschkulisse im Saal G des Ludwigsburger Amtsgericht hätte einem amerikanischen Actionthriller Ehre gemacht: Signalhörner, Hupen, quietschende Bremsen, „wir haben ihn verloren!“-Rufe und dazwischen Flüche, die in amerikanischen Filmen überpiepst worden wären. Dabei hatte die wilde Verfolgungsjagd zwischen der Polizei und einem knapp 24-Jährigen in Asperg stattgefunden. Jetzt stand der junge Mann vor Gericht und kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Und die Sache mit dem Führerschein hat sich für die nächsten zwei Jahre auch erledigt: Sperre!

Ein völliger Wahnsinn sei diese Fahrt gewesen, resümierte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung, und massiv gefährlich dazu. Der Staatsanwalt hatte die Aktion im März vergangenen Jahres „ein Stück aus dem Tollhaus“ und „hochkriminell“ genannt; er hätte den Delinquenten deshalb auch lieber für ein Jahr und drei Monate hinter Gittern gesehen.

Eine an sich harmlose Situation eskaliert

Das bleibt dem gelernten und in Lohn und Brot stehenden Stuckateur nun erspart. Warum eine an sich harmlose Situation derart eskaliert war, konnten oder wollten weder der Angeklagte noch sein Anwalt so recht erklären: Eine Kurzschlussreaktion sei das gewesen, sagte der Verteidiger in einer Erklärung; sein Mandant habe halt – weil ohne Führerschein unterwegs – Reißaus genommen.

Angefangen hatte alles damit, dass einer Streifenwagenbesatzung am 28. März vergangenen Jahres eine halbe Stunde nach Mitternacht in Asperg ein silberner Opel Vectra aufgefallen war, der deutlich zu schnell fuhr. Die Polizisten beschlossen, den Fahrer zu kontrollieren.

Der gab daraufhin erst richtig Gas, worauf die beiden Polizeibeamten – ein Mann und eine Frau – Blaulicht und Martinshorn einschalteten: Die rund 15-minütige Jagd begann, gefilmt von der Polizistin auf dem Beifahrersitz. Der Opel beschleunigte, bog in verschiedene Seitenstraßen ab, brauste mit 110 Stundenkilometern durch eine 30er-Zone, fuhr entgegen der Fahrtrichtung durch eine Einbahnstraße und rammte einen geparkten Transporter.

Der Polizist holt aus seiner E-Klasse alles heraus

„Ich dachte, jetzt ist es vorbei, jetzt steigt er aus“, sagte der Polizist, der bisher aus seiner E-Klasse alles herausgeholt hatte, um folgen zu können, als Zeuge vor Gericht. Aber nein: Die Fahrt durch ganz Asperg ging weiter, nun mit ausgeschaltetem Licht und querfeldein über staubige Äcker Richtung Markgröningen. Zweimal rammte der silberne Opel das Polizeifahrzeug, einmal mit Vollgas im Rückwärtsgang – wobei der Polizist leicht verletzt wurde („ich hatte zwei Tage Kopfschmerzen“). Zwischendurch verlor das Polizeifahrzeug den Opel aus den Augen, spürte ihn in einem Wohngebiet wieder auf und die Fahrt ging weiter, mit Spitzengeschwindigkeiten von 160 Stundenkilometern. Ein Poller stoppte das Auto schließlich, hundert Meter weiter nahmen Polizeibeamten den Flüchtigen fest.

„Sie haben mehr Glück als Verstand gehabt“, sagte die Richterin, „wenn Sie das Steuer verrissen hätten, hätte jemand tot sein können.“ Und das alles, um zu vertuschen, dass er ohne Führerschein unterwegs war – allerdings nicht zum ersten mal. Mehrfach war der junge Mann bereits wegen Fahrens ohne Führerschein vor Gericht gestanden, mal war er auf einem Moped gesessen, mal in einem geliehenen Auto. Er habe wohl „ziemlich Mist gebaut“ soll er einem Kollegen nach der nächtlichen Verfolgungsjagd anvertraut haben. Sein Verteidiger hielt maximal ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung für angemessen. Dem folgte das Gericht, legte aber noch eine Geldstrafe von 2400 Euro an die Verkehrswacht obendrauf.