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Analyse
Verschwörungstheorien: Eine andere Infektionsgefahr

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Das Coronavirus wurde in China entwickelt, um den Westen zu schwächen. Covid-19 ist kein neuer Erreger und nicht gefährlicher als ein normales Influenza-Virus. Es wird nur von Virologen gehypt, um sich wichtig zu machen – oder Tests und Schutzmasken zu verkaufen. Bill Gates hat ein Patent auf den Coronaerreger angemeldet. Microsoft will damit die Digitalisierung vorantreiben. Die Epidemie ist wie die Klimahysterie ein riesiger Schwindel, Israel und der jüdische US-Milliardär George Soros stecken dahinter…

Solche und ähnliche Meldungen sind meistens kompletter Unfug, mindestens aber unbewiesen. Trotzdem werden sie geglaubt – und in „sozialen Netzwerken“ und „alternativen Medien“ tausendfach geteilt. Über „Verschwörungstheorien in Corona-Zeiten“ debattierte daher jetzt das „digitale Kaffeekränzchen“ der Grünen-Kreisvorsitzenden Swantje Sperling. Das Impulsreferat hielt Alexander Maier, Landtagsabgeordneter aus Göppingen und Fraktionssprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus.

Die Ansteckungsgefahr durch das Verschwörungsvirus ist, das wurde bei dem politischen Gedankenaustausch am frühen Abend schnell klar, derzeit besonders groß: Zum einen bieten Verschwörungstheorien scheinbar schlüssige, weil geschlossene Erklärungen in unübersichtlichen Lagen. Dass sie nicht bewiesen – und meist schon von ihren Voraussetzungen her auch nicht beweisbar – sind, gilt ihren Anhängern als Beleg ihrer Wahrheit. „Die Medien“ verschweigen sie? Na klar! Schließlich sind Verschwörungen geheim, sie sind Machenschaften finsterer und notabene Mächte, die Medien – „Mainstream“, „Journaille“,“Lügenpresse“ – entweder naiv oder selbst Teil des Komplotts.

Zum anderen „streuen“ Falschmeldungen im Internet besonders schnell, und sie haben in Netzwerken wie Facebook, Twitter & Co. eine besonders große Reichweite. Ein Problem, das von den derzeitigen Kontaktverboten verschärft wird – „analoge“ Foren der öffentlichen Debatte fallen ihretwegen weitgehend aus. Hier lauern Gefahren für die Demokratie – nicht nur diejenige, vor denen der Verfassungsschutz warnt: etwa dass sich Rechtsextremisten eine Verunsicherung von Teilen der Bevölkerung durch die Coronakrise zunutze machen könnten. Rechtsradikale „Prepper“ erträumen sich etwaige Versorgungsengpässe geradezu, um „losschlagen“ zu können.

Trotzdem lasse sich die Verbreitung von Falschmeldungen kaum verbieten, ohne die Meinungsfreiheit zu beschädigen, meint der „gelernte“ Journalist Maier. Er rät aber dringend: „Prüft eine Behauptung, bevor ihr sie teilt“ – auch wenn sie von scheinbaren Autoritäten kommt. Und weiter: „Widersprecht falschen Behauptungen. Aber teilt auch diesen Widerspruch nicht. Denn wer seinen Widerspruch teilt, verbreitet ungewollt auch die Falschmeldung.“

Und wann muss man Verdacht schöpfen, dass man ideologischen Hokuspokus vor sich haben könnte? Verschwörungstheorien fielen durch drei Merkmale auf, zitiert der Grünen-Politiker den Tübinger Amerikanisten Michael Butter: „Nichts ist Zufall. Alles hängt miteinander zusammen. Und nichts ist, wie es scheint.“

Es geht derzeit nicht nur um unsere Gesundheit. Es geht auch darum, die politische Debatte nicht ganz an Talkshows zu delegieren und sonst sterben zu lassen. Swantje Sperlings „digitales Kaffeekränzchen“, das landespolitisches Spitzenpersonal der Grünen und unabhängige Fachleute im Gespräch mit der Basis hält, ist dafür ein hilfreiches Format.

Info: Wer im „Kaffeekränzchen“mitdiskutieren will, kann sich per E-Mail an Swantje.Sperling@gmx.de dazu anmelden. Zu den nächsten Impulsgebern gehören der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb, der Antisemitismus-Beauftragte des Landes, Michael Blume, und der Insektenkundler Lars Krogmann.