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Homeoffice
Wegen Papier noch oft vor Ort

Auch wenn Mitarbeiter mit Hardware ausgestattet sind, fehlt es oft an digitalisierten Akten. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Auch wenn Mitarbeiter mit Hardware ausgestattet sind, fehlt es oft an digitalisierten Akten. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Politiker fordern immer lauter, dass Unternehmen mehr Mitarbeiter ins Homeoffice schicken. Doch wie steht es darum bei Staat und Kommunen? Wir haben bei einigen Behörden gefragt.

Kreis Ludwigsburg. In Deutschland ist in jeder zweiten Kommune Homeoffice generell nicht möglich, in 20 Prozent der Kommunen nur für wenige Mitarbeiter. Zu dem Ergebnis kam im Dezember eine repräsentative Umfrage unter rund 600 Bürgermeistern und Digitalisierungsverantwortlichen, die der Digitalverband Bitkom und der Deutsche Städte- und Gemeindebund in Auftrag gegeben hatten. Zu den größten Hindernissen gehört eine mangelhafte IT. Einem LKZ-Leser ist passend dazu erst kürzlich aufgefallen, dass es in und um Behörden in der Ludwigsburger Oststadt noch sehr lebendig zugeht.

Von den über 2000 Mitarbeitern im Landratsamt können aktuell 1100 in Abstimmung mit den Vorgesetzten anteilig oder vollständig im Homeoffice arbeiten, wie Caren Sprinkart, Persönliche Referentin des Landrats, mitteilt. Die Kapazitäten seien massiv ausgeweitet worden. Neben Hardware würde auch die Serverleistung erweitert. „Die E-Akte ist nur in wenigen Bereichen eingeführt“, erklärt sie, warum dennoch Präsenz nötig sein kann. Zudem sei manchmal direkter Kundenkontakt erforderlich, etwa in der Kfz-Zulassungsstelle oder bei persönlichen Vorsprachen von Asylbewerbern.

Im Finanzamt ist die Anwesenheit der Mitarbeiter „auf das unabdingbare Maß reduziert“, heißt es aus der Oberfinanzdirektion Karlsruhe. „Die Bürgerbüros sind geschlossen und auch die Außendienste prüfen derzeit nicht vor Ort in den Betrieben.“ Die Möglichkeit zur Telearbeit habe es bereits vor der Coronapandemie gegeben, allerdings erforderten manche Tätigkeiten mit Papier noch die Arbeit im Amt.

„Mobiles Arbeiten ist bei uns von Beginn der Pandemie an ermöglicht worden und auch ausdrücklich erwünscht“, so Birgit Festag, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Ludwigsburg. Die technischen Voraussetzungen seien schnell geschaffen worden. So werde jedem Mitarbeiter ein Laptop oder ein VDI-Zugang von privater Hardware aus zur Verfügung gestellt. „Zum einen ermöglichen die Rahmenbedingungen der Mitarbeitenden zu Hause nicht bei jedem eine Tätigkeit im Homeoffice“, erklärt sie, warum noch Personal vor Ort ist, und nennt als Beispiel eine nicht hinreichende Internetverbindung. „Zum anderen erlauben nicht alle Tätigkeiten und Aufgaben in der Beratungs- und Vermittlungsagentur eine Umsetzung ausschließlich im Homeoffice.“

„Wir werden nie ganz im Homeoffice arbeiten können“, sagt auch Ulf Hiestermann, Richter am Ludwigsburger Amtsgericht, wo derzeit eingeschränkter Dienstbetrieb herrscht. Nahezu jeder Mitarbeiter sitze in einem separaten Raum. In der Coronazeit seien zwar eine Vielzahl von Laptops angeschafft und VPN-Tunnel für den Zugriff auf das Justiznetz eingerichtet worden. „Wir haben aber noch keine elektronische Akte“, so der Richter. Die Umstellung im Land laufe jedoch. Während sich ein Richter gut zu Hause auf eine Verhandlung vorbereiten könne, müsse der Aktenverkehr überwiegend vor Ort bewältigt werden.

In der Stadt Ludwigsburg haben etwa 40 Prozent der Mitarbeiter der Kernverwaltung die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, wie Susanne Jenne aus der Pressestelle mitteilt. Es seien vermehrt mobile Endgeräte beschafft worden, vor allem Notebooks. Technische Hindernisse könnten dennoch ein unsicherer Zugang zum System sowie eine nicht ausreichende Bandbreite oder Rechnerleistung sein.

In Bietigheim-Bissingen können laut Pressesprecherin Anette Hochmuth in der Verwaltung rund zehn Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten und nutzen dies in unterschiedlichem Umfang. „Da der Zugriff auf die heimischen Rechner nicht im gleichen Umfang geschützt ist wie bei der Stadt, muss hier bei sensiblen Tätigkeiten weiterhin im Büro gearbeitet werden“, nennt sie einen Grund für die Arbeit vor Ort. Außerdem seien viele Akten noch nicht digital vorhanden, der Posteingang erfolge oft analog, und Bürgersprechstunden könnten nicht nur telefonisch abgewickelt werden.

In Pleidelsheim arbeiten laut Bürgermeister Ralf Trettner 20 Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice. Grundsätzlich werde es allen ermöglicht, deren Tätigkeit dafür geeignet ist. Es gebe aber auch Mitarbeiter, die lieber vor Ort arbeiteten. „In etlichen Bereichen ist das gut möglich, da viele Einzelbüros vorhanden sind.“ Als weitere Gründe nennt auch er nötigen persönlichen Kundenkontakt sowie Akten, die noch nicht digitalisiert wurden.

Wir werden nie ganz im Homeoffice arbeiten können

Ulf Hiestermann
Richter