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Corona und Nahverkehr
„15 Minuten später würde helfen“

Zu bestimmten Zeiten sind die Busse überfüllt, vor allem Schüler und Pendler sind betroffen. Foto: Holm Wolschendorf
Zu bestimmten Zeiten sind die Busse überfüllt, vor allem Schüler und Pendler sind betroffen. Foto: Holm Wolschendorf
Wegen überfüllter Busse hofft das Busunternehmen, dass der Schulbeginn etwas entzerrt wird – Beispiel Römerhügel

Ludwigsburg. Nach wie vor melden sich Eltern, weil die Schulbusse überfüllt sind. In vielen Fällen, so auch in Ludwigsburg oder Marbach, hilft nur, die Anfangszeiten in den Schulen zu staffeln. Busse, die zusätzlich eingesetzt werden können, gibt es nicht. „Alle Busse, die wir haben, sind eingetaktet und unterwegs“, stellt Frank Metzger, Betriebsleiter der Ludwigsburger Verkehrslinien (LVL), noch einmal klar. Zusätzliche Busse als Verstärkerbusse sind im Schülerverkehr bereits im Einsatz. Weitere Busse gebe es schlichtweg nicht mehr. „Es ist nicht so, dass wir nicht wollen – wir können mangels Busse nicht.“

Die Förderung des Landes – Verkehrsminister Winfried Herrmann hat jetzt nochmals nachgelegt und die Förderung weiter vereinfacht und von 80 auf 95 Prozent erhöht – hilft in Ludwigsburg und Marbach nur, wenn die Schulanfangszeiten entzerrt werden. Erst dann können die Busse, die die erste Schulstunde fahren, auch in der zweiten Schulstunde eingesetzt werden. „Der gleiche Bus kann dann die Runde nochmals fahren“, so Metzger. Diese zusätzlichen Fahrten könnte das Busunternehmen LVL dann auch mit Land und Landkreis, der die Verstärkerbusse ergänzend finanziert, abrechnen. Der LVL-Betriebsleiter ist überzeugt: „Eine Entzerrung der Schulanfangszeiten bringt die meiste Wirkung.“ Schon 15 Minuten würden weiterhelfen.

In Stuttgart beginnt der Unterricht zu unterschiedlichen Zeiten. Die Coronaverfügung der Landeshauptstadt sieht vor, dass der Schultag für Schüler ab der achten Klasse frühestens zur zweiten Stunde beginnt, um den öffentlichen Nahverkehr zu entlasten. Ein Beispiel aus Ludwigsburg, wie es funktionieren kann, ist das Schulzentrum am Römerhügel. Dort konnte die Situation entschärft werden, weil der Unterricht inzwischen für einen Teil der Schüler erst zur zweiten Schulstunde beginnt.

Wie der Pressesprecher des Landkreises mitteilt, wird seit September zusätzlich um 7.55 Uhr eine Fahrt mit dem Busanhängerzug angeboten und um 8.15Uhr statt mit einem Solobus mit dem Busanhängerzug gefahren. Seit dem 15.Oktober wird die Fahrt um 8.15 Uhr jetzt mit einem weiteren Bus verstärkt. „Beides hat zu einer Entlastung geführt“, so Andreas Fritz.

Auch das Ministerium fordert die Schulen auf, die Anfangszeiten flexibler zu handhaben. Herrmann: „Angesichts der angespannten Lage mit der Pandemie ist hier deutlich mehr Kreativität und Flexibilität bei der Planung des Schulunterrichts notwendig.“ Landkreistag und Städtetag schließen sich dem Anliegen im Grundsatz an. Weil es nicht genügend Fahrzeuge und Busfahrer gebe, sollte „vor Ort an den Schulen auch verstärkt auf gestaffelten Unterrichtsbeginn gesetzt werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Prof. Dr. Alexis von Komorowski. Die Kommunen hatten bislang keine Möglichkeit, so Gudrun Heute-Bluhm vom Städtetag, „über die Schulkonferenz hinweg gestaffelte Schulanfangszeiten festzulegen. Die verschärfte Pandemielage legt es jetzt aber nahe, dass vor Ort Schulanfangszeiten und Schülerverkehre besser aufeinander abgestimmt werden“.

In Ludwigsburg und Marbach halten sich Gymnasien und Realschulen bislang zurück. Aktuell befindet sich die Stadt im Abstimmungsprozess mit den Schulleitungen der weiterführenden Schulen, ob und wie die Schulanfangszeiten entzerrt werden könnten, teilt die Pressestelle auf Anfrage mit. Insbesondere der Innenstadtcampus ist hierbei im Fokus. „Es werden verschiedene Optionen und die unterschiedlichen Facetten und Konsequenzen beleuchtet“, heißt es. Die möglichen Szenarien sollen dann eng mit den LVL abgestimmt werden.

Würde der Unterricht gestaffelt beginnen, „führt das zum Unterrichtsausfall“, stellt Mathias Hilbert, geschäftsführender Rektor der Ludwigsburger Gymnasien, fest. „Das wäre wohl der Preis dafür“, ist er der Ansicht. Alles eine Viertelstunde zu verschieben, sei nicht möglich, dafür sei der Stundenplan zu komplex. Eine Alternative, die erste Schulstunde zu verkürzen, steht noch nicht zur Debatte.

Bis zu den Herbstferien will man klarer sehen, es laufen aktuell Gespräche mit der Stadt und den Rektoren der Innenstadtschulen. Wenn, dann könnte es frühestens nach den Herbstferien Änderungen geben, so Hilbert. An seiner Schule, dem Otto-Hahn-Gymnasium am Bildungszentrum West, sieht er bislang keine Notwendigkeit für eine Staffelung, auch Eltern hätten sich dagegen ausgesprochen. An den Schulen am Innenstadtcampus gibt es beide Meinungen, so Hilbert. Je nachdem, woher die Schüler kommen. Bei ihm wie auch am Goethe-Gymnasien bewältigen viele mit dem Fahrrad den Schulweg.

Bei der Beförderung der Schüler zu den Innenstadtschulen und dem Bildungszentrum West werde, so der Landkreis, durch den 10-Minuten-Takt auf den Hauptlinien und die zusätzlich eingesetzten Schulbusse der Bedarf abgedeckt. Auch, weil auf andere Busse und Linien ausgewichen werden kann. Schüler berichten indes von Gedränge und übervollen Bussen, gerade in den Zeiten zur ersten Schulstunde und am Schulende nach 13Uhr (wir berichteten). Das Verkehrsministerium hat indes den Druck erhöht und drängt darauf, dass die Busse nicht bis auf den letzten Platz besetzt werden. „Ich möchte, dass deutlich weniger Schüler pro Bus transportiert werden als bisher“, so der Verkehrsminister, der dies durch die Entzerrung der Schulzeiten als machbar ansieht.

Andere Strecken im Kreis werden derzeit genauer angeschaut. So wird überlegt, ob im Linienbündel 5 (Bietigheim) für den Bereich Sachsenheim-Bietigheim die Verstärkung der Linien 551/551A und der Linie 554/554A möglich ist. Bei der Linie 402 Pattonville Realschule nach Hochdorf wird umgekehrt geprüft, ob die zusätzliche Fahrt montags um 15.09 Uhr wieder eingestellt wird.

Dass entzerrte Schulanfangszeiten auch Fragen bei den Eltern aufwerfen, liegt auf der Hand. Der Städtetag spricht von möglicherweise eingeschränkten Betreuungszeiten, die berufstätige Eltern vor ein Problem stellen.

Hintergrund

Wann wird gefördert?

Fahrzeuge: Nach Angaben des Busunternehmens LVL sind alle Busse im Einsatz. Busse, die später fahren, seien nicht verfügbar, weil sie bereits auf einer Linie eingetaktet sind, auch morgens. Neue Busse anzuschaffen würde mindestens ein Jahr dauern.

Geänderte Förderung: Die Förderung des Landes hat sich verändert, sie wurde von 80 auf 95 Prozent erhöht. Liegt der Bedarf vor, wird auch der Landkreis die restliche Finanzierung übernehmen. Die Bedingungen für einen Zuschuss sind zudem gelockert worden. Anfangs hieß es, dass Verstärkerbusse nur dann zum Einsatz kommen, wenn alle Sitzplätze belegt sind und mehr als 40 Prozent der Stehplätze. Seit dieser Woche gilt: Förderung erhält man, wenn in Linienbussen die Sitzplätze regelmäßig nicht ausreichen. Bei Niederflurbussen mit geringer Sitzplatzzahl, wie sie häufig in Stadtverkehren zum Einsatz kommen, werden Zusatzbusse gefördert, wenn mehr als 20 Prozent der Stehplätze regelmäßig belegt sind.

Alternativen: Eine Förderung ist nicht vorgesehen, wenn es zumutbare Alternativverbindungen gibt, wie etwa einen dichten Takt im Nahverkehr oder alternative Linien, die genutzt werden können. Eine genauere Bestimmung dafür fehlt. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass Busse morgens oft Verspätung haben oder teils ganz ausfallen. (hpj)