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Natur
Bäume dürfen nicht mehr gefällt werden

Solche prächtigen Laubbäume wie in diesem Ludwigsburger Garten können künftig nicht mehr einfach gefällt werden. Foto: Holm Wolschendorf
Solche prächtigen Laubbäume wie in diesem Ludwigsburger Garten können künftig nicht mehr einfach gefällt werden. Foto: Holm Wolschendorf
Sie bauen CO2 ab, sorgen für schattige Plätze, sind Lebensraum für Tiere und schützen vor Lärm: Die Bäume in der Stadt haben viele wichtige Funktionen. Der Gemeinderat hat jetzt eine Baumschutzsatzung beschlossen, die auch in den Privatgärten der Ludwigsburger gilt. Große Laubbäume kann man künftig nicht mehr einfach fällen.

Ludwigsburg. Welches Ziel wird mit der Satzung verfolgt? Die Satzung soll für ein ausgewogenes Stadtklima sorgen und zum Erhalt der Lebensräume für Tiere und Pflanzen beitragen. Außerdem soll durch die Bäume das Orts- und Landschaftsbild belebt und gegliedert bleiben. Das heißt: Die Baumschutzsatzung soll verhindern, dass es zu eintönig und kahl wird. Durch die vielen Bauprojekte der jüngeren Vergangenheit sind immer wieder große und alte Bäume von öffentlichen oder privaten Grundstücken verschwunden.

Wo und für welche Bäume gilt die Satzung? Sie gilt für alle Gärten und Grundstücke, die innerhalb der bebauten Flächen Ludwigsburgs liegen. Auch alle Grundstücke, für die ein Bebauungsplan existiert, sind mit der Satzung erfasst. Nicht betroffen sind Wälder, Kleingartenanlagen, Baumschulen sowie grundsätzlich Pappeln und Nadelbäume – mit Ausnahme von Eiben. Auch Obstbäume sind nicht von der Baumschutzsatzung betroffen. Doch auch hier gibt es zwei Ausnahmen: Walnussbäume und Esskastanien.

Was genau besagt die Satzung? In ihrem Geltungsbereich ist es – mit den oben genannten Ausnahmen – verboten, Bäume, die einen Stammumfang von mehr als einem Meter haben (gemessen ein Meter über dem Boden, bei Eiben und Hainbuchen gelten 80 Zentimeter Umfang), zu fällen oder ihr Wachstum oder ihre Existenz zu gefährden.

Gibt es Ausnahmen von diesem Fällverbot? Ja. Nämlich dann, wenn der geschützte Baum auf einem Areal steht, dass bebaut werden soll. Auch wenn der Baum auf ein Haus zu viel Schatten wirft, kann er gefällt werden. Allerdings muss in beiden Fällen eine Genehmigung bei der Stadt eingeholt werden.

Sind Ersatzpflanzungen oder Ausgleichszahlungen vorgesehen? Ja. Wer in Zukunft einen von der Schutzsatzung erfassten Baum fällt, muss einen Ersatzbaum mit einem Stammumfang von mindestens 20 Zentimetern nachpflanzen. Hat der gefällte Baum sogar einen Stammumfang von mehr als 1,20 Meter oder mehr, müssen mehrere junge Bäume nachgepflanzt werden. Jungbäume, die eingehen, müssen nachgepflanzt werden.

Was passiert, wenn der Grundstückseigentümer keinen Platz für eine Nachpflanzung hat? Wer keinen Baum nachpflanzen kann oder will, muss der Stadt 1500 Euro als Ausgleich bezahlen. Die Stadt darf dieses Geld nur für die Pflege und die Neuanpflanzung von Bäumen verwenden.

Welche Befugnisse erhält die Stadtverwaltung im Rahmen der Baumschutzsatzung? Neben dem Nachpflanzgebot und den Ausgleichszahlungen darf die Stadt auch Privatgrundstücke betreten, um in Streitfällen die Einhaltung der Baumschutzsatzung zu überwachen. Im Normallfall muss sich die Stadt ankündigen, sollte es für den Baum allerdings um „Leben und Tod“ gehen, „kann auf eine Vorankündigung verzichtet werden“, heißt es dazu in der Satzung.

Was passiert, wenn man gegen die Satzung verstößt? Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Satzung verstößt, indem er etwa einen großen Baum ohne Berechtigung fällt, muss bis zu 50000 Euro Strafe bezahlen.

Wie bekommt man eine Genehmigung dafür, einen Baum zu fällen? Die Antragstellung soll voll elektronisch über die Homepage der Stadt erfolgen. Die Grundstückseigentümer müssen dabei nachweisen, dass Gründe vorliegen, den Baum zu entfernen – etwa übermäßige Verschattung oder ein Bauvorhaben. Keine Genehmigung erhält man, wenn man den Baum einfach fällen will, weil er einem nicht mehr gefällt oder weil er zu viel Arbeit macht.

Gibt es eine Unterstützung für Baumbesitzer, zum Beispiel, wenn diese sich nicht um die Pflege kümmern können? Ja. Pro Baum können Eigentümer eine maximale Fördersumme von 1000 Euro beantragen. Die wird über einen Zeitraum von fünf Jahren als Pflegezuschuss für die Rechnungen von professionellen Baumpflege-Firmen ausgezahlt. Pro Grundstück werden maximal vier Bäume gefördert. Die Bäume dürfen in diesem Zeitraum nicht gefällt werden. Das Förderprogramm soll auf lange Sicht über die Ausgleichszahlungen der Personen finanziert werden, die einen Baum fällen, ohne für Ersatz zu sorgen. Die in das Förderprogramm aufgenommenen Bäume werden zudem jedes Jahr von der Stadt auf ihre Verkehrssicherheit hin untersucht.

Wann kann die Satzung frühestens in Kraft treten? Bisher wurde nur der Entwurfsbeschluss verabschiedet. Bis Ende des Sommers könnte aber die Endfassung der Baumschutzsatzung stehen, zum Oktober würde sie dann in Kraft treten. Das Förderprogramm für die Baumpflege startet frühestens im Januar 2022.

Wie steht die Kommunalpolitik zu der Baumschutzsatzung? Über dieses Instrument wurde viele Jahre kontrovers diskutiert. Im Umweltausschuss gab es Anfang Juli zunächst nur eine knappe Mehrheit für die Baumschutzsatzung. Kurz darauf, im Gemeinderat, fiel die Sache schon deutlicher aus. 24 Stadträte waren für die Baumschutzsatzung, 15 dagegen. Zwei enthielten sich bei der Abstimmung. Aus den Reihen von CDU, Freien Wählern und FDP war der Verwaltung vorgeworfen worden, zu weit in die Eigentumsrechte der Bürger einzugreifen. Außerdem sei die Baumschutzsatzung zu bürokratisch und fördere die Denunziation von Nachbarn untereinander. Die Grünen und die SPD sind dagegen von dem neuen Instrument überzeugt. Da es im bürgerlichen Lager Abweichler gab, wurde die Satzung am Ende mit einer deutlichen Mehrheit verabschiedet.