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„Bei uns stehen immer die Schüler im Fokus“

Die Zahl der Schüler, die Unterstützung brauchen, hat zugenommen. Symbolfoto: vejaa/stock.adobe.com
Die Zahl der Schüler, die Unterstützung brauchen, hat zugenommen. Symbol Foto: vejaa/stock.adobe.com
Streitschlichten und Klassenrat: Als Schulsozialarbeiter auf dem Innenstadtcampus hat Patrick Fritz viel zu tun

Ludwigsburg. Die Arbeit geht Patrick Fritz nie aus. Er ist als Schulsozialarbeiter an den drei Gymnasien des Innenstadtcampus für rund 2700 Schüler zuständig. „Da passiert wirklich alles“, sagt der 28-Jährige. Der Großteil der Zeit verbringen er und seine Kollegen mit der Einzelfallhilfe. Oft sind es Konflikte, die im Schulalltag passieren, deren Lösung aber die Kompetenz oder die Zeit des Lehrers überschreitet. Häufig sind es Lehrer oder Eltern, die auf den Schulsozialarbeiter zukommen, weil sich die Noten eines Jugendlichen verschlechtern. „Schlechte Leistungen in der Schule sind oft ein Symptom für andere Probleme“, weiß Patrick Fritz. Die Bannbreite reiche von einem Konflikt mit einem Freund oder Elternteil über den Tod eines Haustiers bis hin zur häuslichen Gewalt.

Wenn ein Schüler zum Sozialarbeiter kommt, gelte es immer zuerst die Frage zu klären, um was es eigentlich geht. Denn oftmals verstecke sich unter der Oberfläche ein anderes Problem als das ursprüngliche. Dabei nimmt ein Thema einen immer größeren Stellenwert in der Arbeit der Schulsozialarbeiter ein: Selbstwert. „Der gefühlte Druck steigt immer mehr“, beobachtet Patrick Fritz. Immer mehr Schüler machen sich Gedanken darüber, was sie selbst wert sind und ob sie den Erwartungen von Lehrern und Eltern – ob real oder gefühlt – gerecht werden können. „Das nimmt immer heftigere Züge an, auch schon bei den Fünfern“, so der Schulsozialarbeiter.

Im Gespräch versuchen er und seine Kollegen, das Problem zu lösen – doch das ist ihnen nicht immer möglich. „Es ist auch eine Aufgabe von uns, ein Katalog zu sein“, sagt der 28-Jährige. Das heißt: ein Netzwerk zu haben mit Adressen, die im Ernstfall weiterhelfen können. Zum Beispiel das Jugendamt. „Viel können wir selbst tun“, sagt Patrick Fritz. „Aber manchmal müssen wir eben auch weitervermitteln.“

Seiner Meinung nach wäre es am besten, wenn die Schüler von sich aus mit ihren Problemen zu den Sozialarbeitern kommen. Das ist bisher noch nicht so oft der Fall, wie Lehrer und Eltern auf Konflikte der Jugendlichen aufmerksam machen. Das hängt laut Patrick Fritz auch damit zusammen, dass die Sozialearbeiter zu wenig in den Schulen, vor allem an den Gymnasien, sind. An den drei Gymnasien des Innenstadtcampus sind es jeweils 50 Prozent. Das sind zweieinhalb Vormittage pro Schule, an denen er oder seine Kollegin vor Ort sind. Patrick Fritz hofft, dass die Stellen auf 100 Prozent für jedes Gymnasium erhöht werden. „Wenn die Schüler merken, dass jeden Vormittag jemand verlässlich da ist, kommt die Arbeit von alleine“, vermutet der 28-Jährige.

Außerdem würden sich Termine nicht so lange hinziehen, wenn die Stellen der Sozialarbeiter aufgestockt werden. „Wenn mal eine Besprechung ausfällt wegen Krankheit, dauert es oft mindestens eine Woche, bis ein neuer Termin steht“, so Fritz. Und ein drittes Thema wollen er und seine Kollegen gerne angehen, wenn sie Unterstützung bekommen: regelmäßige Sitzungen im Klassenrat. In der Elly-Heuss-Knapp-Realschule – Patrick Fritz ist zu 50 Prozent für die drei Gymnasien und zu 40 Prozent für die Realschule zuständig – stehen Klassenräte in den fünften Klassen auf der Tagesordnung. Einmal in der Woche setzt sich der Schulsozialarbeiter mit der Klasse und dem Lehrer zusammen und versucht, Lösungen für Konflikte von Einzelnen oder der ganzen Klasse zu finden. Einen Klassenrat auch für die Fünfer an Gymnasien einzuführen, wäre etwas, was Patrick Fritz gerne umsetzen würde.

Bisher arbeiten die Schulsozialarbeiter an den Gymnasien nur mit Klassen, wenn es besonders große Probleme in der Klassengemeinschaft gibt, wie zum Beispiel Mobbing. Neben der vormittäglichen Arbeit an den Schulen ist der Sozialarbeiter auch mit verschiedenen Gremien beschäftigt. Er berät sich mit Lehrern und Schulleitern, fachintern mit den anderen Sozialarbeitern, mit dem Jugendamt und anderen Institutionen der Jugendhilfe und nimmt an Elternabenden und Lehrerkonferenzen teil. „Die Arbeit geht nie aus“, sagt er. Doch das Wichtigste und das, für was sich der Schulsozialarbeiter immer Zeit nimmt, sind die Schüler. „Die stehen bei uns immer im Fokus.“

Schulalltag unter Druck

Stadträte sehen Notwendigkeit für Ausbau

bei der Schulsozialarbeit

Das ist ein klares Zeichen: Einstimmig hat sich der Sozialausschuss des Gemeinderats über alle Parteigrenzen hinweg dafür ausgesprochen, den Einsatz von Sozialarbeitern an den Ludwigsburger Schulen weiter auszubauen. Das Gremium folgte dem Vorschlag der Stadtverwaltung, die bestehende 15,5 Personalstellen in den kommenden Jahren um vier Stellen aufzustocken.

Von allen Seiten wurde anerkannt, dass angesichts gesellschaftlicher Veränderung der Schulalltag weiter unter Druck geraten ist und deshalb Lehrer, Schüler wie Eltern auf professionelle Unterstützung angewiesen sind (siehe auch Text unten).

Stadtrat Claus-Dieter Meyer (CDU) wollte von der Stadtverwaltung dennoch wissen, ob und woran sich ein Erfolg der Schulsozialarbeit messen lasse. Könne der Blick auf die Zahl der Schulabbrecher einen Hinweis geben? „Wir können nicht genau sagen, was da wie wirkt“, antwortete der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried. Immerhin konnte er auf eine derzeit positive Entwicklung bei den Schulabbrechern hinweisen. Die Quote lag Ende des letzten Schuljahrs bei 1,1 Prozent. Im vergangenen Jahrzehnt schwankte die Zahl zwischen Werten von 3,4 Prozent (2010) und 0,7 Prozent (2012), lag 2016 bei 2,1 Prozent und sinkt seither.

Der jetzt beschlossene Ausbau bedeutet für die vier allgemeinbildenden Gymnasien, bisher mit jeweils einer halben Stelle ausgestattet, dass sie dieses Jahr auf jeweils eine volle Stelle erhöhen. Überhaupt, so eine Art Grundsatzbeschluss der Stadträte, sollen alle weiterführenden Schulen mit mindestens einer Personalstelle für die Schulsozialarbeit ausgestattet sein.

Das bedeutet bei den Realschulen ebenfalls die Erweiterung von einer halben auf eine ganze Stelle an der Gottlieb-Daimler-Schule. Die Elly-Heuss-Knapp-Schule ist bereits mit einer ganzen Stelle ausgestattet, ebenso die Werkrealschule in Eglosheim. Eine Ausnahme bilden die Gemeinschaftsschulen, denen bereits 1,5 Stellen zugestanden sind.

Anstelle bisher einer halben sollen die großen Grundschulen mit fünf und mehr Klassenzügen ebenfalls eine volle Stelle erhalten: die Schlösslesfeldschule und die noch zu bauende Fuchshofschule (Oststadt). Ansonsten gilt an allen Grundschulen eine halbe Stelle als Standard.