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Kundgebung
Bereit, Menschen aus Moria aufzunehmen

Stadtverwaltung und Verbände bekennen sich gemeinsam zu konkreter Hilfe – Ludwigsburg bietet Plätze an – Kritik an Zuständen in den Lagern

Der Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos hat aufgerüttelt, bei einer kurzfristig angesagten Kundgebung haben sich spontan gut hundert Menschen auf dem Marktplatz versammelt. Aufgerufen dazu hatten mehrere Asyl-Verbände, der Arbeitskreis Synagogenplatz, Fridays for Future und die Grünen. Der Tenor: Deutschland muss mehr Flüchtlinge aufnehmen. Auch die Stadt Ludwigsburg bekennt sich dazu. Seit kurzem im Netzwerk „Sichere Häfen“, ist die Stadt bereit, Menschen aus Moria zu helfen.

174 Städte gibt es in dem Netzwerk. Würden alle 13000 Flüchtlinge aus dem Lager, das jetzt abgebrannt ist, auf diese Städte verteilt, wären es jeweils gerade mal 75. Nach bisherigem Verteilungsschlüssel wären es nur 15. „Ich sage das auch deutlich für Ludwigsburg: Wir sind bereit und in der Lage, Menschen in dieser Not aufzunehmen und zu versorgen“, so Erster Bürgermeister Konrad Seigfried. Ein Statement, das für viel Beifall auf dem Marktplatz sorgte.

Es sei an der Zeit, die seit Jahren bekannten und unerträglichen Verhältnisse in diesem und in anderen Flüchtlingslagern in Europa zu beenden, so Seigfried weiter. Seiner Ansicht nach könnte auch Deutschland, wenn die anderen Staaten zögern, sich anbieten und dem EU-Partner Griechenland helfen. „Wann, wenn nicht jetzt ist die Zeit dafür gekommen, dass kein Mensch mehr unter diesen Bedingungen in den Lagern hausen muss.“

Auch wenn manche befürchten, dass die Aufnahme einen Sog nach sich ziehen könnte, hält er es jetzt für angebracht, zu helfen. Ludwigsburg hat bisher schon als Stadt viel für geflüchtete Kinder und Jugendliche getan. Doch dabei soll es nicht bleiben. Laut Seigfried leben derzeit 1002 geflüchtete Menschen in Ludwigsburg, die Stadt könne auch mehr aufnehmen.

Martha Albinger von der Ökumenischen Fachstelle Asyl beklagte den Zustand in den Lagern, der Brand sei letztlich das Ergebnis der Abschottungspolitik der EU. „Das war eine Katastrophe mit Ankündigung“, zitierte sie ein Statement der Caritas International. Die Caritas habe sofort Hilfe organisiert, auch wenn die Helfer vor Ort, wie andere Redner darlegten, oft ausgebremst werden.

Alle Redner kritisierten das jahrelange Hinschauen auf die Missstände auf den griechischen Inseln, ohne dass eine humane Lösung gefunden wurde. Inzwischen habe man den Glauben verloren, dass auf europäischer Ebene für diese Menschen etwas bewegt werden kann. „Das Drama konnte jeder vorhersehen“, so Martin Strecker vom Kreisdiakonieverband. Es müsse jetzt Schluss sein mit dem Taktieren. Auch die Aufnahme von 400 Minderjährigen, wie jetzt von der Bundesregierung verkündet, reiche nicht. „Es geht um weitaus mehr“, sagte er, der ebenfalls auf das Städte-Netzwerk setzt, das bereit stehe, um Menschen aus den Lagern aufzunehmen.

Sehr konkret schilderte Maja Wahl von der Grünen- Jugend, dass seit 2015 schon mehrfach im Lager kleinere Brände ausgebrochen sind, auch Menschen zu Tode gekommen sind. Die Problematik sei allen bekannt gewesen, doch man habe nichts daran geändert. Auch sie forderte dazu auf, die Menschen aufzunehmen und nicht weiter zu zögern.

Kurzzeitig schien es Ärger zu geben, als eine Stuttgarter Antikriegs-Gruppe, die im Hintergrund mit roten Fahnen auftauchte, die Moderation von Grünen-Vorstand und Stadträtin Silke Gericke lautstark mit einem Sprechchor unterbrach. Sie wurden aufgefordert, ans Mikrofon zu kommen und ihre Sicht darzustellen. Dabei sprachen sie sich für eine solidarische Welt aus, attackierten aber die Grünen und warfen ihnen vor, die Abschottungspolitik zu unterstützen.

Martha Albinger von der Fachstelle Asyl fing den Auftritt geschickt ein und bedankte sich für das Engagement der jungen Leute, die sich ebenfalls für die Flüchtlinge einsetzten. Eine Vertreterin des Arbeitskreises Synagogenplatz erinnerte daran, dass Deutschland eine besondere Verantwortung habe, in der NS-Zeit hätten viele in anderen Ländern Zuflucht gesucht.