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Berufsschule probt Ende der Kreidezeit

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Die Lehrerinnen Anja Seiler, Katharina Hahn, Manuela Stegmaier und Monika Schaumann und die angehenden Kaufleute für Büromanagement möchten die Tablets im Unterricht nicht mehr missen. Foto: Holm Wolschendorf
So manche technische Hürde haben sie in den vergangenen zwei Jahren gemeistert: Die angehenden Kaufleute für Büromanagement der Robert-Franck-Schule testen als eine Projektschule des Landes den Einsatz von Tablets im Unterricht. Die Lehrerinnen und ihre Klassen sind gut vernetzt – so die Bilanz nach zwei Jahren.

Ludwigsburg. Wer beim Berufsschulunterricht an weiße Kreide auf grüner Tafel denkt, erlebt in der Robert-Franck-Schule eine Überraschung – zumindest in den Tablet-Klassen. Von Papierstapeln und Kreidestaub ist im Unterricht von Monika Schaumann keine Spur zu sehen. Die angehenden Kaufleute für Büromanagement müssen im ersten Ausbildungsjahr ihren Betrieb vorstellen, gerade zeigen Schülerinnen ihre Präsentationen. Sie sind am Tablet entstanden, einige Schüler haben die Geräte genutzt, um in ihren Betrieben kleine Filme zu drehen und diese in die Präsentation integriert. Es ist nur ein Anwendungsbeispiel für den Unterricht mit dem Tablet.

Jede Menge Extraarbeit haben die vier Lehrerinnen Katharina Hahn, Anja Seiler, Monika Schaumann und Manuela Stegmaier in den vergangenen zwei Jahren in das Tablet-Projekt gesteckt und so manche neue Erkenntnis gewonnen. „Die Auszubildenden haben alle ein Smartphone und kennen sich super aus – das haben wir zu Beginn des Projekts gedacht“, erinnert sich Monika Schaumann. Doch da habe man sich getäuscht, Unterricht mit dem Tablet sei ganz anders als die private Smartphone-Nutzung. „Zu Beginn waren wir viel langsamer“, erinnert sich Ilenia Cava, die bereits im zweiten Ausbildungsjahr ist. Technische Probleme haben in den ersten Wochen Unterrichtszeit gefressen. Heute geht bei technischen Problemen eine E-Mail an Markus Weisser aus dem EDV-Team raus, der sich gezielt darum kümmert. „Inzwischen können wir uns auch gegenseitig viel weiterhelfen.“ Dass die Technik funktioniert, ist in der Tablet-Klasse das A und O. „Am Anfang ist das Internet abgesoffen“, erinnern sich die Auszubildenden. Der Landkreis als Schulträger hat schnell reagiert und im Arbeitsraum die technischen Voraussetzungen für ein stabiles WLAN geschaffen.

Die Auszubildenden und ihre Berufsschullehrerinnen aus dem Tablet-Projekt sind alle miteinander vernetzt, legen Arbeitsblätter im virtuellen Notizbuch ab. Die Lehrerinnen können den Schülerinnen und Schülern virtuell über die Schulter schauen. Das schafft neue Möglichkeiten der Gruppen- und Partnerarbeiten. „Wir haben auch viel mehr Möglichkeiten, miteinander zu kommunizieren“, berichtet Katharina Hahn. Allerdings erfordern die neuen Möglichkeiten auch neue Regeln. „Am Anfang habe ich mich unter Druck gesetzt gefühlt, immer auf das Tablet zu schauen“, erinnert sich Schülerin Marleen Falkenberger. Gemeinsam mit ihren Lehrerinnen haben die Tablet-Klassen dann Regeln definiert. Zum Beispiel müssen die Schüler nach 17 Uhr nicht mehr nach Nachrichten schauen. „Ohne Regeln funktioniert es nicht“, sagt Lehrerin Anja Seiler. Zu den Regeln gehört auch der Datenschutz. Klarnamen werden in der Cloud nicht verwendet, für jeden Schüler ist eine Zahlen- und Buchstabenkombination hinterlegt.

Ugur Ülkü bezeichnet sich selbst als Chaot. „Am Tablet fällt es mir leichter, Ordnung zu halten“, resümiert er. „Wie organisiere ich mich, wenn ich papierlos arbeite?“, diese Frage war für Auszubildende und Lehrerinnen eine Herausforderung gleichermaßen. Dabei ist es den Kolleginnen wichtig, die verschiedenen Lerntypen nicht auszugrenzen. Diejenigen, die gerne handschriftlich etwas ausarbeiten, können dies weiter tun und die Ergebnisse im virtuellen Notizbuch abspeichern. Auch Arbeitsblätter gibt es weiterhin, sie können mit einem speziellen Stift auf dem Tablet ausgefüllt werden. Die Lehrerinnen stellen die Arbeitsmaterialien in der Cloud zur Verfügung. Dort können die Tablet-Klassen jederzeit darauf zugreifen.

Rahel Fink hat in einer längeren Krankheitsphase viel Unterricht verpasst. Trotzdem konnte sie dank des Tablet-Projekts auf dem Laufenden bleiben. „Mit meinem Tablet habe ich zu Hause den Stoff nachgeholt, wenn es mir zwischendurch besserging“, erinnert sie sich. Weil sie über die Cloud jederzeit auf die Unterrichtsinhalte zugreifen konnte, war es kein Problem, die Klassenarbeiten mitzuschreiben. „Dafür gab es sogar zweimal die volle Punktzahl“, lobt Lehrerin Manuela Stegmaier. Auch Manuela Stegmaier hat schon vom heimischen Sofa aus per Skype-Verbindung unterrichtet, als sie aus gesundheitlichen Gründen nicht am Lehrerpult stehen durfte.

Alle Beteiligten loben das gute Miteinander. „Wir sind eine richtige Gemeinschaft geworden“, so Katharina Hahn. „Schüler und Lehrerinnen unterstützen sich gegenseitig“, freut sich Anja Seiler. Weil Schüler und Lehrerinnen jeweils andere Interessen haben und beispielsweise unterschiedliche Apps oder Programme ausprobieren, könne man jeweils viel voneinander lernen. „In den Tablet-Klassen ist die Denkweise breiter und der Unterricht handlungsorientierter“, findet Katharina Hahn. „Auch aus den Betrieben gab es bisher durchweg positive Rückmeldungen und neugierige Fragen“, so Stegmaier.

Die vier Lehrerinnen aus dem Tablet-Projekt unterrichten unter anderem in Textverarbeitung und Betriebswirtschaftslehre. Inzwischen setzen auch die Fachlehrer aus Englisch und Gemeinschaftskunde Tablets in ihrem Unterricht ein.

„Schön wäre es, wenn mehr Lehrbücher auf dem Tablet verfügbar wären“, wünscht sich Schülerin Ilenia Cava. Mit dem Tablet den Raum verlassen, um in kleinen Gruppen zu arbeiten, funktioniert auch noch nicht – der WLAN-Empfang in anderen Teilen des Schulgebäudes ist dafür nicht ausreichend.

Mit den Berufsschulen in Böblingen und Aalen, ebenfalls Projektschulen des Landes, die auch angehende Kaufleute für Büromanagement unterrichten, stehen die Tablet-Lehrerinnen in engem Austausch. „Unser Wissensvorsprung vor den Schülern ist nicht groß“, so Schaumann. Die Lehrerinnen arbeiten nun daran, neue Unterrichtsmethoden am Tablet zu entwickeln.

Wie es nach dem Ende der dreijährigen Projektphase weitergeht, ist bisher unklar. Die Entscheidung liegt beim Kultusministerium. „Wir hoffen, dass das Projekt auf die breite Masse ausgeweitet wird und möglichst viele Schüler möglichst permanent auf die Geräte zugreifen können“, wünscht sich Manuela Stegmaier.