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Debatte
Debatte um Nussbäume am Gämsenberg

Fällarbeiten im Neubaugebiet am Gämsenberg. Foto: Oliver Bürkle
Fällarbeiten im Neubaugebiet am Gämsenberg. Foto: Oliver Bürkle
Anwohner beklagen Fällung der Bäume – Stadt und Immobilienfirma bei Planungen für Neubaugebiet noch vereint, jetzt Unstimmigkeiten

Es ist ein zunehmendes Potenzial für Konflikte. Einerseits macht die Politik Werbung für möglichst viel Grün und Bäume in der Stadt. Andererseits forciert sie den Wohnungsbau und Infrastrukturprojekte, denen dann regelmäßig Bäume zum Opfer fallen. Dieser Konflikt ist jetzt wieder einmal ausgebrochen, diesmal im Schlösslesfeld. Dort plant die Stadt zusammen mit zwei Bauherren, den Pflugfelder Immobilien und der städtischen Wohnungsbau-GmbH, ein Neubaugebiet am Gämsenberg. Auf dem Teil des Areals, das Pflugfelder gehört, sind am Montag drei große Walnussbäume und weiteres Grün gefällt worden.

„Das ist in dem Gebiet der letzte Grünstreifen, der mit den Bäumen gnadenlos plattgemacht wird.“ So brachte einer der Nachbarn des Neubaugebiets mit einem Anruf in unserer Redaktion seinen Ärger zum Ausdruck. „Die Firma Pflugfelder schafft frühzeitig traurige Fakten. Dies ein Jahr vor Baubeginn“, kritisiert ein weiterer Anwohner.

Unvorbereitet, so eine dritte Stimme, sei diese Aktion gewesen – und stehe im Gegensatz zum Versprechen der Stadt bei einer Bürgerversammlung im Sommer 2018, die Anwohner über die weiteren Pläne zu informieren. „Auf keinen Punkt aus der Bürgerversammlung wurde eingegangen“, kritisiert einer der Anrufer.

Dass am Gämsenberg Wohnungen gebaut werden sollen, hat der Gemeinderat im vergangenen Jahr entschieden. Danach wurde auf Wunsch der Stadt ein Architektenwettbewerb für den Bau von Mehrfamilienhäusern ausgeschrieben, die Entscheidung ist Ende Januar gefallen.

Die Stadtverwaltung erklärt auf Anfrage unserer Zeitung zu den Fällarbeiten: „Mit der Firma Pflugfelder war vereinbart, dass nach Vorliegen des Wettbewerbsergebnisses die Möglichkeiten eines Baumerhalts und einer Integration der bestehenden Bäume in das städtebauliche Konzept geprüft werden sollen.“ Die Firma Pflugfelder sieht das genau anders und verweist auf das, was zwischen Stadtverwaltung und dem Unternehmen besprochen worden sei. „Die Planungen für das Neubaugebiet wurden gemeinsam mit der städtischen Wohnungsbau in einer Arbeitsgruppe entwickelt. Und in einem städtischen Protokoll dieser Arbeitsgruppe vom Dezember ist klar festgehalten, dass die Stadt mit der Fällung der Bäume einverstanden ist, wenn der Siegerentwurf des Wettbewerbs den Erhalt der Bäume nicht vorsieht“, so Jürgen Pflugfelder auf Anfrage unserer Zeitung.

Den Gewinner des Wettbewerbs hatte das Preisgericht einstimmig ausgewählt, auch mit den Stimmen der Vertreter der beiden beteiligten Unternehmen und Vertretern der Stadtverwaltung. Dieser Siegerentwurf plant ohne den Baumbestand. „Wir wollten eigentlich schon im Dezember roden, die Stadt hat uns dann aber gebeten, bis zum Ergebnis des Wettbewerbs zu warten“, so Pflugfelder.

Der Verweis auf das Protokoll sei „im Prinzip richtig“, heißt es bei der Stadt. Die Entscheidung des Preisgerichts sei aber noch nicht verbindlich, begründet die Stadt Bedenken gegen die ihrer Ansicht nach verfrühten Fällungen. Es gab zwei dritte Preisträger, und die seien formal noch nicht aus dem Rennen.

Pflugfelder hält diese Bedenken für zu weitreichend. Das Preisgericht habe mit seiner Entscheidung, keinen zweiten Platz, sondern nur zwei dritte Plätze zu vergeben, eindeutig klar gemacht, dass man den Siegentwurf für die mit Abstand beste Lösung halte. Es sei nicht geboten gewesen, noch abzuwarten.

In der Stadtverwaltung verweist die Pressestelle auch auf eine Zusatzvereinbarung des Preisgerichts, wonach dem Sieger Empfehlungen für die Nachbearbeitung seiner Pläne auf den Weg gegeben worden seien, die eine „Überarbeitung und vertiefte Betrachtung des Grünkonzepts und der privaten Freibereiche“ enthielten. Die Stadtverwaltung sei davon ausgegangen, dass erst nach der Überarbeitung darüber Klarheit bestehe, ob und welche Bäume erhalten werden können.

Pflugfelder dagegen erklärt, über die drei Walnussbäume sei im Preisgericht gar nicht geredet worden, und die Empfehlungen hätten keine Veränderung des städtebaulichen Konzepts zum Inhalt, was Voraussetzung wäre für Veränderungen zum Erhalt der Bäume.

Die Stadt bedauert, dass Pflugfelder bei der Stadt die Fällarbeiten nicht angekündigt habe, man hätte dann die Lage klären können und gegebenenfalls die Anwohner vorher informieren können. Den Zeitpunkt der Fällungen begründet Pflugfelder damit, dass schon Ende Februar die Periode für naturschutzrechtlich zugelassene Fällarbeiten zu Ende geht.