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Bodycams
Die Kamera als Auge des Gesetzes

Jasmin Rebmann mit ihrem Kollegen Bernhard Hocke auf Streife. An ihrer rechten Schulter trägt Jasmin Rebmann die kleine Kamera.Fotos: Holm Wolschendorf
Jasmin Rebmann mit ihrem Kollegen Bernhard Hocke auf Streife. An ihrer rechten Schulter trägt Jasmin Rebmann die kleine Kamera. Foto: Holm Wolschendorf
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Seit vier Monaten ist die Ludwigsburger Polizei mit Kameras unterwegs. Droht auf Streife Gefahr, können die Beamten blitzschnell reagieren und die Situation aufzeichnen. Ihre Feuertaufe haben die Geräte bereits mehrfach bestanden.

Ludwigsburg. Für einen Passanten ist der kleine Apparat im Schulterbereich von Jasmin Rebmann nur schwer zu erkennen. Zwischen all der Polizeiausrüstung fällt die Kamera kaum auf. Für die Hauptkommissarin und ihre Kollegen macht das kleine Gerät aber einen riesigen Unterschied.

Seit Mitte April ist das Polizeirevier Ludwigsburg in der Stuttgarter Straße mit 14..Bodycams (englisch für Körperkameras) ausgestattet. Innenminister Thomas Strobl (CDU) will damit seine Beamten besser schützen (Infobox). Zudem können die Aufnahmen auch als Beweis vor Gericht helfen.

Nur im öffentlichen Raum einsetzbar

Auf jeder Streife ist jetzt ein Polizist mit einer Kamera ausgerüstet, erklärt Jasmin Rebmann. Die Dienstgruppenleiterin hat die Einführung der Bodycams bei der Ludwigsburger Polizei betreut und alle 100 Beamten des Reviers mit den Apparaten vertraut gemacht. Ihr erstes Fazit lautet: „Das sind gute Geräte für uns. Die Technik funktioniert einwandfrei.“

Eingesetzt werden dürfen die Kameras nur im öffentlichen Raum und nur, wenn den Polizisten oder anderen Personen direkt Gefahr droht, sagt Rebmann. Außerdem müssen die Polizisten – soweit das möglich ist – ankündigen, wenn sie zu filmen beginnen. Dass die Kameras automatisch bei allen Einsätzen mitlaufen, ist nicht vorgesehen.

Laut Michael Neuweiler, dem stellvertretenden Leiter des Polizeireviers Ludwigsburg, sind im Stadtgebiet seit Mitte April etwa 15 Aufnahmen bei Einsätzen entstanden. Sie alle zeigen Widerstand gegen Polizeibeamte oder Beleidigungen.

Auch Jasmin Rebmann hat die Kamera schon eingesetzt. „Bei einer Fahrzeugkontrolle hatten wir es einmal mit vier betrunkenen Insassen zu tun, die plötzlich ausgestiegen sind und uns bedroht und beleidigt haben“, erzählt Rebmann. Von der Situation gibt es jetzt einen Film. Ebenso von einem unter Drogen stehenden Autofahrer, der nicht nur Rebmann und ihren Kollegen bedroht hat, sondern auch noch in der Notfallpraxis randalierte, um eine Blutprobe zu verhindern.

Bei einer Gruppe Jugendlicher, die ihre Musik nicht leiser stellen wollte, hat Jasmin Rebmann eine Drohung gereicht. „Entweder ihr hört auf oder ich filme“, warnte Rebmann, als die jungen Leute sich gegenüber der Polizei uneinsichtig, aufbrausend und aggressiv zeigten. Die Musik wurde daraufhin leise gestellt, die Situation war plötzlich viel entspannter. Diesen präventiven Charakter hat die Kamera aber leider nicht immer. „Haben die Leute zu viel Drogen, Alkohol oder Medikamente konsumiert, ist es ihnen egal, wenn die Kamera läuft“, so die Polizistin.

Neben den Filmaufnahmen halten die Geräte auch den Ton fest. „Das ist besonders dann wichtig, wenn die Kollegen in ein Gerangel verwickelt sind“, sagt Neuweiler. Die festgehaltenen Bilder bringen dann nämlich meist nicht mehr viel, aber die Tonaufzeichnungen.

Nicht nur bei Datenschützern und in der Öffentlichkeit gab und gibt es Vorbehalte gegenüber den Kameras. Auch innerhalb der Polizei musste Überzeugungsarbeit geleistet werden. „Einige Kollegen haben geglaubt, die Kamera soll die ganze Zeit laufen“, sagt Michael Neuweiler. Damit wären der komplette Streifendienst und auch die Polizisten überwacht worden. Dass die Beamten selbst entscheiden können, wann sie die Kamera starten und dass deren Einsatz auf Gefahrensituationen begrenzt bleibt, habe die Skeptiker aber überzeugt, so Neuweiler. „Hier geht es nicht um einen Orwell’schen Überwachungsstaat, sondern um Sicherheit.“

Filme landen auf Server der Polizei

Alle bei Einsätzen gemachten Aufnahmen sind zunächst nur auf der Kamera gespeichert und werden dann bei der Rückkehr ins Revier auf einen Server der Polizei überspielt. Filme, die keine Straftaten zeigen, müssen innerhalb von 28 Tagen gelöscht werden. Der Beamte, der die Aufnahme gemacht hat, kommt nicht mehr an den Film ran. Für die Weiterverarbeitung sind die Vorgesetzten zuständig.

Spätestens im nächsten Frühjahr wird die Polizei im Land eine erste Bilanz der Bodycams ziehen. Für Jasmin Rebmann ist diese technische Neuerung schon jetzt ein voller Erfolg: „Im Moment sehen wir keine Notwendigkeiten für Verbesserungen. Die Handhabung ist einfach, und die Kamera funktioniert sehr gut.“

Schutz für die Polizei – auch Stadt interessiert

Allein im vergangenen Jahr wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg 355 Gewalttaten gegen Polizisten registriert. 854 Polizisten waren davon betroffen. Mit der Einführung der Kameras hat das Innenministerium primär den Schutz der Beamten im Sinn. Gleichzeitig sollen die Geräte aber auch abschrecken. Für das gesamte Land wurden fast 1400 Geräte angeschafft, 100 davon gingen an das Polizeipräsidium Ludwigsburg. Auch die Stadt Ludwigsburg, die mit dem Kommunalen Ordnungsdienst eine eigene, städtische Polizeibehörde hat, interessiert sich für die Kameras. Mitarbeiter der Verwaltung haben sich die Bodycams bereits von der Ludwigsburger Polizei erklären lassen. „Wir wollen aber zunächst die weiteren Erfahrungen der Polizei abwarten“, so ein Pressesprecher der Stadt. Die Frage danach, ob die Verwaltung überhaupt berechtigt ist, solche Kameras einzusetzen, lässt die Stadt unbeantwortet. (wa)