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Gesellschaft
„Du, sag amol...“ - Landesseniorenrat setzt sich für Schwätzbänkle ein

Nora Jordan-Weinberg beim Gespräch mit unserer Zeitung. Fotos: Holm Wolschendorf/privat
Nora Jordan-Weinberg beim Gespräch mit unserer Zeitung. Foto: Holm Wolschendorf/privat
So könnte ein Schwätzbänkle aussehen.
So könnte ein Schwätzbänkle aussehen. Foto: Holm Wolschendorf/privat
Der Landesseniorenrat setzt sich für Schwätzbänkle ein – Auch in Stadt und Kreis Ludwigsburg soll die Aktion weiter gehen

Schwäbisch schwätza isch oifach, aber schreiba?! Wir überlassen es denen auf dem Bänkle, auf denen man reden darf, wie einem der Mund gewachsen ist. In Ludwigsburg gab es einst ein solches Schwätzbänkle an der Sternkreuzung, an das sich noch viele erinnern. Der Landesseniorenrat will nun zusammen mit den Seniorenräten in den Städten und Kreisen diese Tradition wieder aufleben lassen. Viel zu viele ältere Menschen sind einsam, leiden unter der Isolation. „Einsamkeit ist ein großes gesellschaftliches Probelm“, so die Feststellung. Am gestrigen Sonntag deshalb der Aktionstag, überall solche Treffpunkte einzurichten.

Was soll ma au schwätza? Normalerweise findet sich immer ein Thema, ist die Ludwigsburgerin Nora Jordan-Weinberg, Mitglied im Kreis- und Landesseniorenrat, überzeugt. Auf den Schwätzbänkle, von denen es auch im Kreis welche geben soll, kann man ins Gespräch kommen. Anfangs werden Leute vom Seniorenrat für ein Schwätzchen da sein, es soll aber zum Selbstläufer werden. „Um die Einsamkeit zu überwinden, muss man runter vom Sofa und rausgehen. Hier kann man sich einfach hinsetzen und mal abwarten, was passiert“, so Jordan-Weinberg, die auf einen Problemtag hinweist: „Gerade an Sonntagen sind alleinstehende Ältere oft ohne Ansprache.“

Wo soll ma au na? Genau da will der Seniorenrat ansetzen. Es sollen eine oder zwei Bänke sein, die als Schwätzbänkle zum Treffpunkt werden. Da können sich Mütter mit Kinderwagen hinsetzen, Leute in der Mittagspause, Ältere, die das Gespräch suchen. Zusammen mit dem Kreisseniorenrat Ludwigsburg (Jordan-Weinberg ist zusammen mit Renate Wendt im Vorstand) und dem Stadtseniorenrat soll ein Platz auch in der Barockstadt gesucht werden. Denkbar wäre der Arsenalgarten oder aber ein Platz auf dem Arsenalplatz, der im Rahmen der Pop-up-Innenstadt-Aktion verändert wird.

Wieso scho wieder was Nei’s? In Ludwigsburg, wo Nora Jordan-Weinberg wohnt, gibt es in der Innenstadt kaum Bänke. Die Stühle auf dem Marktplatz, sagt sie, eignen sich überhaupt nicht. Wer sich da als ältere Person auf einen Stuhl setzt, bleibt allein. Da rücke keiner einen zweiten Stuhl heran, außer man kenne sich bereits. „Es müssen schon Bänke sein“, sagt die Seniorenrätin. Schlimm genug sei es gewesen, dass sämtliche Stühle während dem Lockdown komplett entfernt worden sind. Die wenigen Bänke, etwa in der Asperger Straße oder im Arsenalgarten, seien ohne Lehne ungeeignet oder zu abgelegen oder von anderen Bevölkerungsgruppen besetzt.

Wia muas ma sich des ellas vorstella? Wichtig ist, so die Seniorenrätin, dass man etwas sehen kann. Wo die Bank steht, muss auch Leben sein. Am Arsenalplatz könnte man Leute beobachten, wie sie vorbeispazieren, könnte über dies und das lästern, könnte sich darüber belustigen, wenn jemand auf dem Parkplatz Schwierigkeiten hat, richtig einzuparken. „So eine Bank darf nicht abgelegen stehen, da fühlt man sich allein nicht wohl“, erklärt sie. Die Bank gibt die Möglichkeit, einfach da zu sein, Zeit verstreichen zu lassen. Ohne im Café etwas bestellen zu müssen. „Und wenn‘s kühler wird, zieht man einfach einen Mantel an.“

Was isch so schlimm dahoim? Nicht jeder, der allein ist, ist einsam. Doch wer sich einsam fühlt, so Nora Jordan-Weinberg, wird schnell krank. Da helfe jeder Meter Bewegung der Gesundheit. Einsamkeit und Isolation können, wie der Landesseniorenrat betont, zu gravierenden gesundheitlichen Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychische Erkrankungen und Demenz führen.

Was duet ma jetzt? Nach dem Auftakt der Aktion am gestrigen Sonntag in Stuttgart sollen auch im Kreis mehrere Aktionen folgen. Konkrete Pläne gibt es für Bietigheim-Bissingen, in den Gemeinden sind Gespräche mit den Bürgermeistern geplant. „Wir wollen das überall ins Gespräch bringen.“ Beteiligt sind natürlich alle Seniorenräte, die jeweils vor Ort aktiv werden können. In Ludwigsburg ist man mit dem Stadtseniorenrat im Gespräch, dem Erika Göller vorsteht. Im ganzen Land wird es Schwätzbänkle geben.

Was got des mi ah? Schwätzbänkle sind für jeden da, doch die Seniorenräte erheben auch Ansprüche auf eine andere Weise. Es werde oft zu wenig an ältere Menschen gedacht, sei es, dass an Bushaltestellen oder in der Innenstadt Bänke ohne Rückenlehne sind oder dass nicht für sichere Gehwege gesorgt werde. Gerade in der Innenstadt, so Nora Jordan-Weinberg, gebe es zunehmend Konflikte mit Radfahrern und Scootern. „Man sollte einfach mehr aufeinander Acht geben“, findet sie.

Woandersch isch‘s au net besser! Doch. Es gibt Städte, so Jordan-Weinberg, wo mehr Bänke für Senioren bereitgestellt werden. Ludwigsburg habe da wenig vorzuweisen, auch auf dem Rathaushof gibt es keine Sitzgelegenheit für Ältere. In Frankreich gibt es in jedem Städtchen einen Platz mit Bouleanlage, Bänken und Bäumen. Da können sich Fremde begegnen, kann einfach nur dasitzen, mitreden, vielleicht sogar mitmachen. Oder auch mitlachen, wenn ein Wurf beim Boulespiel voll daneben geht.