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Friseurhandwerk
Friseursalon von Sebastian Beck erhält „Bildungs-Oscar“

Luise Lünswilken hatte den besten Notenschnitt in der diesjährigen Gesellenprüfung – und zeigt den „Bildungs-Oscar“, den sie dafür erhalten hat. Ihr Chef Sebastian Beck freut sich mit ihr. Foto: Ramona Theiss
Luise Lünswilken hatte den besten Notenschnitt in der diesjährigen Gesellenprüfung – und zeigt den „Bildungs-Oscar“, den sie dafür erhalten hat. Ihr Chef Sebastian Beck freut sich mit ihr. Foto: Ramona Theiss
Ludwigsburger Salon von Sebastian Beck bildet gut aus – „Genderneutrale Preise“ seit zwei Jahren

Ludwigsburg. Um das Jahr 2006 herum betritt ein junger Mann zum ersten Mal den Ludwigsburger Friseursalon von Helmut Hoffmann. Der Kunde, Sebastian Beck, lässt sich von Mitarbeiterin Katja Gutekunst die Haare richten – und verlässt danach, zufrieden mit dem Schnitt, den Salon.

Heute, etwa 15 Jahre später, ist Beck der Chef von Gutekunst, die noch immer in dem Friseurunternehmen arbeitet. Etwa zwei Jahre nach seinem Premierenbesuch hatte Beck eine Ausbildung bei Hoffmann begonnen, danach absolvierte er die Meisterschule in Stuttgart, 2013 begann er in seinem früheren Ausbildungsbetrieb als Angestellter. Im Jahr darauf stieg Beck als 50-prozentiger Gesellschafter ein, wieder ein Jahr später übernahm er den Salon komplett, mit damals 18 Mitarbeitern. Heute sind es 24, neben einem Beschäftigten ist Beck der einzige Mann im Haus.

„Ich bin gern Friseur, aber auch gern Unternehmer und Ausbilder“, sagt Beck, der seinen Salon im vergangenen Jahr umfirmierte – von „Helmut Hoffmann Haare“ auf „Sebastian Beck Friseure“. Der 34-Jährige mag es, kreativ zu sein, Wissen an Lehrlinge weiterzugeben, von Kunden direkt eine Rückmeldung zu bekommen, er findet aber auch Büroarbeit gut. Er sei, betont Beck, sowohl Handwerker als auch Dienstleister, beides mache ihm Spaß.

In diesem Jahr haben fünf Auszubildende in seinem Salon ausgelernt, zwei hat Beck übernommen, vier neue eingestellt. Luise Lünswilken hat sich dabei mit besonders guten Noten hervorgetan: An der Oscar-Walcker-Berufsschule (OWS) hatte sie mit 1,3 den besten Schnitt in der diesjährigen Gesellenprüfung. Dafür bekam ihr Ausbildungsbetrieb den vom OWS-Freundeskreis im Friseurhandwerk verliehenen „Bildungs-Oscar“ – es ist bereits Becks dritter.

Becks Mitarbeiter sind umsatzbeteiligt, und weil bis vor zwei Jahren auch in seinem Salon die Preise für Herren-Haarschnitte niedriger als die für Frauenschnitte waren, verdienten sie bei männlichen Kunden weniger. 2019 stellte der Chef die Preise um – Beck nennt sie „genderneutral“ und fügt eine rhetorisch gemeinte Frage an: „Warum sollten Männer beim Friseur weniger bezahlen als Frauen?“ Zumal „in einer Gesellschaft, in der Frauen leider immer noch weniger verdienen als Männer“ und auch Friseure „gut von ihrem Gehalt leben können sollen, wie in anderen Handwerksberufen auch“. Deshalb glich Beck die Preise an – die Herren zahlen seit zwei Jahren mehr und nun genauso viel wie weibliche Kunden. Das heißt: 65 bis 77 Euro oder, wenn der Chef selbst anlegt, 75 bis 89 Euro. Auch wenn Männer nun mehr berappen müssen – „wir nehmen uns auch für sie viel Zeit, für jeden Kunden eine Stunde“. Das bedeutet: Auch Herren bekommen im Beck’schen Salon eine Kopfmassage, eine heiße Kompresse und zwei Haarwäschen. Wer im Salon Beck statt eines normalen Scherenhaarschnitts die Methode „Calligraphy Cut“ wählt – bei der das Haar mit einem speziellen Werkzeug schräg angeschnitten wird und für die eine Zusatzausbildung vorzuweisen ist –, der zahlt noch etwas mehr, egal, ob Mann oder Frau.

Neben Gleichberechtigung ist Beck auch der Umweltschutz wichtig, wie er betont. Sein Salon sei seit Jahren klimaneutral, das heißt: Für das CO, das er und seine Mitarbeiter mit dem Salon produzieren, leiste er jährliche Ausgleichszahlungen. Das Geld helfe etwa bei der Aufforstung eines Regenwalds in Peru sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und Bau von Schulen in anderen Ländern. Auch vor Ort helfe er – etwa mit Spenden an das Frauenhaus, den Kinderschutzbund und das Ludwigsburger Schulfruchtprogramm.

Beck sagt, sein Betrieb sei glimpflich durch die Coronakrise gekommen, dank des Kurzarbeitergelds und trotz „viel zu niedriger Staatshilfen“. Umsätze, die es in den Lockdown-Phasen nicht gab, könnten in seiner Branche aber kaum nachgeholt werden; er habe, sagt Beck, phasenweise von Ersparnissen leben müssen. Und er habe niemandem gekündigt, auch den 450-Euro-Kräften nicht, betont der Friseurmeister.

In diesem Monat reist der 34-Jährige nach Paris – als Mitglied der Haute Coiffure Française (HCF), einer weltweiten Vereinigung von Friseuren. Beck ist einer von 13 Deutschen in dem exklusiven Club – und darf deshalb bald wieder an einer der HCF-Modenschauen im Louvre teilnehmen und von diesem Branchentreffen Trends mit nach Ludwigsburg nehmen.

Deshalb die Frage, welche Frisurentrends er derzeit in seinem Salon erkenne. Beck sieht die Renaissance eines jahrelang verschütteten Schnitts, vorne kurz, hinten lang: „Der Vokuhila, der heute Mullet heißt, kommt wieder.“