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Projekte
Hilfe für Kinder psychisch kranker Eltern

Kinder, deren Eltern psychisch erkrankt sind, haben ein deutlich höheres Risiko, ebenfalls zu erkranken. Deshalb bieten die Projekte Ausblick und Kim betroffenen Familien im Landkreis Ludwigsburg Hilfe an.Foto: Nicolas Armer/dpa
Kinder, deren Eltern psychisch erkrankt sind, haben ein deutlich höheres Risiko, ebenfalls zu erkranken. Deshalb bieten die Projekte Ausblick und Kim betroffenen Familien im Landkreis Ludwigsburg Hilfe an. Foto: Nicolas Armer/dpa
Die beiden Projekte Ausblick und Kim (Kinder im Mittelpunkt) bieten einer Zielgruppe Unterstützung, die im öffentlichen Bewusstsein leicht untergeht: die Kinder von psychisch erkrankten Müttern oder Vätern. Seit fünf Jahren bieten die Evangelische Jugendhilfe Hochdorf und der Ludwigsburger Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes die aufeinander abgestimmten Projekte an.

„Das Thema psychische Erkrankung ist immer noch ein Tabu. Für viele Familien ist es deshalb schwierig, offen mit diesem Thema umzugehen und sich Hilfe zu holen“, schilderte Claudia Obele, Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Jugendhilfe Hochdorf, bei einem Pressegespräch eine wichtige Erkenntnis. Hinzu komme die Angst, dass das Jugendamt ihnen die Kinder wegnehmen könne. Das alles führte vor fünf Jahren dazu, das Projekt „Ausblick ins Leben“ zu rufen. Das Angebot besteht aus mehreren Bausteinen. Dazu gehören die Teilnahme an einer Eltern- und Kindergruppe sowie Beratungsgespräche.

Ähnliche Gründe haben auch zur Entstehung des Projektes Kim“ geführt, das beim Ludwigsburger Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes angesiedelt ist. Das bietet unter anderem ambulant betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen an. „Viele betreute Personen haben einen Elternteil, der psychisch krank ist“, schilderte Brigitte Funk, pädagogische Mitarbeiterin beim Projekt Kim, ihre Erfahrung. Kinder, deren Eltern psychisch krank sind, haben ein deutlich höheres Risiko, ebenfalls zu erkranken. „Deshalb sind wir vor fünf Jahren damit gestartet, Kinder in den Fokus zu nehmen“, blickte Funk zurück. Das war der Beginn von Kim. Das Projekt richtet sich schwerpunktmäßig an Jugendliche ab zwölf Jahren.

Partner sind in erster Linie die Schulen im Landkreis: Im Rahmen von Workshops mit dem etwas provokanten Titel „Verrückt? Na und!“ dreht es sich um das Thema psychische Erkrankungen. Alleine in diesem Jahr sind an 14 Schulen im Landkreis Veranstaltungen durchgeführt worden. Ein wichtiges Element ist die Teilnahme von Experten, die von ihrem Leben mit einer psychischen Erkrankung erzählen. „So etwas hätte ich mir auch in meiner Schulzeit gewünscht“, so eine 37-Jährige, die an einer bipolaren Erkrankung mit psychotischen Ansätzen leidet. „Ich will die Jugendlichen nicht überfordern, aber ein realistisches Bild aufzeigen“, erzählte sie. Vor allem aber will sie ihren Zuhörern Mut machen, sich rechtzeitig Hilfe zu holen, wenn sie das Gefühl haben, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Offen über ihre Erkrankung sprechen zu können, sei auch für sie eine neue, durchaus befreiende Erfahrung: „Man neigt doch eher dazu, seine Krankheit zu kaschieren.“ Schon ihr erster Einsatz bei einem Workshop zeigte Wirkung: Ein Mädchen mit psychischen Problemen wandte sich im Anschluss an den Workshop an seine Lehrerin. „Selbst die wildeste Klasse wird bei dem Gespräch mit den Experten ruhig“, hat Kim-Mitarbeiterin Claudia Gurr beobachtet. Alle drei Schüler, die sich im Anschluss gemeldet hätten, seien erfolgreich in Therapie vermittelt worden. Auch Einzelberatungen werden im Rahmen von Kim angeboten.

Einen anderen Ansatz verfolgt die Evangelische Jugendhilfe Hochdorf mit dem Projekt Aussicht, das sich an Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren richtet. Zunehmend würden die Mitarbeiter in Familien zur Hilfe gerufen, in denen ein Elternteil psychisch erkrankt sei, so Claudia Obele. Das Projekt Ausblick soll dabei helfen, dass es nicht so weit kommt. Kernstück sind die Kindergruppen in Kooperation mit der Psychologischen Lebens- und Familienberatungsstelle der Caritas: Bei den zwölf Treffen im Edith-Stein-Haus in Hoheneck erfahren die Kinder auf altersgerechte Weise, dass ihre Eltern sonnige und traurige Tage haben. Sie lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen und dass es anderen Kindern ähnlich geht wie ihnen. Die Mütter und Väter erhalten bei drei Elternabenden fachliche Unterstützung, können sich austauschen und erarbeiten unter anderem einen Notfallplan. Darin ist festgeschrieben, was zu tun ist, wenn es ihnen schlechtgeht.

Weiterer Pfeiler von Ausblick ist die Sensibilisierung von Lehrern und Erziehern, die Betroffene im Idealfall auf das Hilfsangebot aufmerksam machen. 60..Familien haben seit dem Jahr 2013 an dem Projekt teilgenommen, zehn Kindergruppen hat es in dieser Zeit gegeben. „Die Eltern sind froh, Unterstützung zu bekommen“, so Dorothee Kocher, die bei der Evangelischen Jugendhilfe Hochdorf für das Projekt Ausblick verantwortlich ist.

Das zeigt sich beim Abschluss der Kindergruppe, die im Herbst gestartet ist. „Meine Tochter kommt entspannt nach Hause. Sie hat sich jedes Mal auf die Gruppe gefreut“, hat eine Mutter festgestellt. „Für meinen Sohn war es wichtig zu erfahren, dass es andere Kinder gibt, die ähnliche Probleme haben“, so eine andere Frau. Sie sei davon überzeugt, dass er eine Strategie gelernt habe, eine Grenze zwischen sich und der belastenden Situation zu ziehen. „Es hat ihr Spaß gemacht“, berichtete ein Vater, dass seine Tochter ausgeglichener, redegewandter und auch selbstbewusster geworden sei.

„Wir müssen dieses Feld auch weiterhin beackern, da es für diese Familien nicht genügend Angebote im Landkreis gibt“, steht für Jürgen Mayer-Kalmbach fest. Er ist Leiter der Sozialarbeit beim DRK-Kreisverband. Wurden die beiden Projekte anfangs von der Aktion Mensch gefördert, ist in diesem Jahr der Landkreis in die Finanzierung eingestiegen, Mittel sind für drei Jahre zugesagt. Auch die AOK beteiligt sich mit 5000 Euro pro Jahr an den Kosten. Das Projekt war beiden Beteiligten so wichtig, dass sie im Jahr 2017 allein für die Kosten aufgekommen sind.

Info: Wer sich für die Projekte interessiert, kann per Mail Kontakt aufnehmen unter ausblick@jugendhilfe-hochdorf.de oder telefonisch unter (0.71.47).2.76.79.22 (Dorothee Kocher) und kim@drk-ludwigsburg.de, Telefon (0.71.41).12.12.62.