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Naturschutz
„Kaputtpflege anstatt Bewahrung“

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Die Saison für Grünpflege und Baumfällarbeiten ist beendet, jetzt folgt die Kritik: Zum einen beklagt die Ludwigsburger Umweltstiftung NatureLife-International den massiven Eingriff in die Natur. Zum anderen bemängeln Besucher des Salonwalds den Zustand nach der Durchforstung. Und obwohl die Vegetationsperiode begonnen hat, gehen die Forstarbeiten weiter: Am Sonntag fallen 50 Bäume im Hörnlewald.

Ludwigsburg. An einer „Kehrwochenmentalität“ orientiere sich der Umgang mit Bäumen, Gehölz- und Grünflächen, kritisiert die Umweltstiftung NatureLife-International in einer Pressemitteilung. Wieder hätten zahlreiche von Straßenbauverwaltungen und Kommunen beauftragte Firmen und Bautrupps den Winter damit verbracht, im Kreis Ludwigsburg Bäume zu fällen und Gebüsche zu roden. „Gehölzpflege muss sein“, sagt Professor Dr. Friedhelm Göltenboth, Biologe und Mitglied des Kuratoriums der Umweltstiftung. „Aber was sich in den vergangenen Jahren bei der Grünpflege entlang von Straßen und Wegen eingeschlichen hat, ist katastrophal. Bald gibt es keine großen, starken Bäume mehr“, kritisiert Göltenboth.

Umfangreich hat Conrad Fink, Mitarbeiter von NatureLife-International, im Kreis Fällungen dokumentiert. „Die Problematik besteht in sehr vielen Kommunen“, sagt der Naturexperte. Die meisten der beauftragten Firmen würden oftmals mit angelernten Kräften arbeiten, und es zähle nur Masse statt Klasse, beanstandet die Umweltstiftung. Statt selektiv zu pflegen, würden die Arbeiter die zur Straße gehörenden Nebenflächen großzügig interpretieren und selbst noch viele Meter von der Straße entfernt, wo eigentlich Sicherheitsaspekte keine Rolle mehr spielen, mächtige Bäume fällen.

Die Auswirkungen: Viele Kleintiere, die im Holz, unter der Rinde oder in hohlen Stängeln leben und überwintern, verlieren ihren Lebensraum. Ebenso gehe es Moosen, Flechten und Baumpilzen, die auf oder in Gehölzen leben. Auch werden dadurch Wildpflanzenbestände vernichtet. In der Summe tragen diese Maßnahmen laut Umweltstiftung dazu bei, dass die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten immer länger wird. Das Aussterben der Arten bedeute in jedem Einzelfall einen schweren Schaden im Ökosystem. Darüber hinaus würden Zugvögel, die aus ihren Überwinterungsgebieten zurückkehrten, um hier Brutplätze zu beziehen und den Nachwuchs großzuziehen, kahle Flächen an Straßen und im öffentlichen Grün vorfinden.

Laut der Stiftung handele es sich um ein landes- und bundesweites Problem, das sich nicht festsetzen dürfe. Auch habe der Preis für Holzhackschnitzel angezogen, was sich in vermehrten Fällaktionen niederschlage. Weitere Ziele seien Einsparung und scheinbare Verkehrssicherung.

Es sei höchste Zeit, umzudenken, heißt es bei NatureLife-International. Conrad Fink empfiehlt daher, dass der Baumbestand erhalten bleiben und dessen lebenserhaltende Pflege priorisiert werden sollte. Dabei sollte die Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen. Weiterhin lautet eine Forderung der Stiftung, den Holzvorrat zu erhöhen, anstatt zu vermindern. Es sollte jährlich nur so viel Holz entnommen werden, wie im gleichen Zeitraum nachwächst. Dasselbe sollte für kommunale Waldflächen gelten.

Auch in Ludwigsburg kritisieren Umweltschützer das Vorgehen. Es würden zwar nur wenige Bäume fallen. „Einige Gefällte ergeben aber ein Viel“, sagt Elga Burkhardt, Vorsitzende des BUND-Ortsverbands und Stadträtin (Lubu). „Wir haben zu wenig Wald und sollten dringend eine Baumschutzsatzung erlassen“, fordert Burkhardt. Eine Nachhaltigkeit sei in Ludwigsburg nicht mehr gewährleistet. Es werde mehr gefällt als nachgepflanzt.

Eigentlich ist die Saison für Grünpflege und Baumfällarbeiten nun vorbei, denn am 1. März hat die Vegetationsperiode begonnen. Damit ist der Zeitraum gemeint, in dem Pflanzen wachsen, blühen und ihre Früchte entwickeln. Somit darf nach Bundesnaturschutzgesetz keine Grünpflege mehr stattfinden. Allerdings greife diese Vorschrift nicht bei Forstarbeiten, erklärt Gundula Gmelin, die den Fachbereich Forsten im Landratsamt leitet. Und bei Baumfällarbeiten, die der Verkehrssicherung dienen, ebenso wenig.

Demnach gehen die Forstarbeiten auch in der Stadt Ludwigsburg weiter: Im 80 Hektar großen Hörnlewald an der Landstraße zwischen Neckarweihingen und Marbach müssen 50 Bäume unterschiedlicher Größe weichen, darunter überwiegend Laubbäume wie Buche, Ahorn und Esche. Das Gutachten einer externen Firma habe ergeben, dass hier die Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben ist, teilt die Stadtverwaltung mit. Aus dem Bestand werden umsturzgefährdete Bäume genommen sowie Eschen, die am Eschentriebsterben erkrankt sind. Die betroffenen Bäume stehen laut Mitteilung der Stadt direkt an der Straße.