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Umwelthilfe
Klimaschutz im Gerichtssaal

Jürgen Resch bei einer Veranstaltung 2018 in Berlin.Archivfoto: Michael Kappeler/dpa
Jürgen Resch bei einer Veranstaltung 2018 in Berlin. Foto: Michael Kappeler/dpa
Mit der Mobilitätswende in deutschen Städten beschäftigte sich am Donnerstagabend Jürgen Resch bei einer Stippvisite im Ludwigsburger Staatsarchiv. Für den Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe beginnt Klimaschutz im Gerichtssaal. In Ludwigsburg ist das bekannt, der Showdown könnte am 26. November steigen.

Dass Jürgen Resch gerne im Gerichtssaal für das Recht auf saubere Luft kämpft, hat sich herumgesprochen. Auf seinem Feldzug gegen Autoindustrie und Staatsbehörden hat sich der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe viele Feinde gemacht. Die CDU etwa beschloss Ende 2018 auf ihrem Bundesparteitag, die Gemeinnützigkeit seiner Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation prüfen zu lassen. Auch in der autolastigen Region Stuttgart löst Resch Tobsuchtsanfälle in Konzernzentralen und Amtsstuben aus, in Ludwigsburg steht ein Fahrverbot für alte Dieselfahrzeuge im Raum.

Dabei, so versicherte er seinem Publikum bei seinem Vortrag über die Mobilitätswende in deutschen Städten im Staatsarchiv, sei eine Klage für die Umwelthilfe nur das allerletzte Mittel zum Zweck. Er bevorzuge stattdessen das direkte Gespräch mit Entscheidungsträgern vor Ort. Die Umwelthilfe habe gar keine Ahnung, welche konkreten Maßnahmen in Städten mit erhöhter Schadstoffbelastung eingeleitet werden müssten. Es gehe lediglich darum, Prozesse anzustoßen oder zu beschleunigen, etwa in der Finanzierung.

Diese Notwendigkeit bestehe auch in der Barockstadt: „Ludwigsburg hat’s nötig“, verwies Resch auf Messungen der Luftbelastung, bei denen Ludwigsburg im bundesweiten Vergleich regelmäßig Spitzenpositionen einnimmt.

Allerdings sieht Resch die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung als völlig unzureichend an. Die Feinstaub und Stickstoffdioxid absorbierenden Filtersäulen von Mann.+.Hummel im Bereich Friedrichstraße etwa bezeichnete er als „absurde Luftstaubsauger“. Reschs Fazit: „Diese Maßnahme muss weg, und die kriegen wir auch weg.“ Eine Maßnahme in Ludwigsburg sei besonders peinlich – an einer Messstation im Stadtgebiet sei auf einer Fahrbahnlänge von 200 Metern ein Tempo-40-Limit eingeführt worden, um den Schadstoffausstoß zu senken. „Eine solche Dreistigkeit ist mir bislang nur in Kiel untergekommen.“

Einen konkreten Vorschlag für Ludwigsburg machte Resch dann doch: Eine durchgehende Tempo-30-Zone könne die Fahrt durchs Stadtgebiet bei Staus auf der Autobahn unattraktiver machen. Allerdings müsse ein solches Tempolimit auch durch mehrere Blitzsäulen und weitere Kontrollen durchgesetzt werden.

Er habe auch in Ludwigsburg das Gespräch gesucht, versicherte Resch, machte aber deutlich, dass er mit dem früheren Oberbürgermeister Werner Spec auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen sei. Zuletzt habe er sich mit dessen Nachfolger Matthias Knecht getroffen (Meldung links). Frischer Wind habe Einzug gehalten im Ludwigsburger Rathaus, lobte Resch nach dem ersten Kennenlernen. „Es besteht jetzt eine ganz andere Offenheit. Und die Hoffnung, dass Maßnahmen, die der alte OB für segensreich hielt, kritisch beurteilt werden.“

Sollte im Ludwigsburger Rathaus doch kein Interesse an einer außergerichtlichen Einigung bestehen, sieht man sich schon bald vor Gericht wieder: Am 26. November werde sich der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof mit dem Fall Ludwigsburg befassen, kündigte Resch an. Nach seinen bisherigen Erfahrungen – derzeit laufen Klagen der Umwelthilfe wegen erhöhter Schadstoffbelastung gegen 39 Kommunen im gesamten Bundesgebiet – sehe er dem Termin optimistisch entgegen. Denn trotz aller Betrügereien, Dieselaffären und Abgasskandale im wirtschaftlichen und politischen Sektor sei das deutsche Rechtswesen „noch weitgehend intakt“, so Resch. „Wir können das auch gegen den Widerstand aus Industrie und Politik vor Gericht ausfechten.“