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Besuch am Schillergymnasium
Kultusministerin Theresa Schopper in Ludwigsburg: Islamischer Religionsunterricht soll fortgesetzt werden

„Der Sonderweg mit der Stiftung ist richtig“, sagt Kultusministerin Theresa Schopper in Ludwigsburg. Foto: Ramona Theiss
„Der Sonderweg mit der Stiftung ist richtig“, sagt Kultusministerin Theresa Schopper in Ludwigsburg. Foto: Ramona Theiss
Lehrer Bünyamin Avci unterrichtet die Zehntklässler in islamischer Religion sunnitischer Prägung. Foto: Ramona Theiss
Lehrer Bünyamin Avci unterrichtet die Zehntklässler in islamischer Religion sunnitischer Prägung. Foto: Ramona Theiss
Immer wieder wird darüber diskutiert, ob es an deutschen Schulen islamischen Religionsunterricht geben sollte. Ja, sagt Kultusministerin Theresa Schopper beim Besuch einer Unterrichtsstunde am Ludwigsburger Schiller-Gymnasium.

Ludwigsburg. Wie jede Woche steht Bünyamin Avci vor der kleinen Gruppe Zehntklässler, die den islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung gewählt haben. „Gefährdet der Klimawandel auch die Glaubenspraxis der Menschen?“, fragt der 28-jährige Lehrer. Die Schüler machen sich kurz Gedanken, tauschen sich mit ihrem Sitznachbarn aus. Dann sammeln sie ihre Ergebnisse an der Tafel. Sie hangeln sich an den fünf Säulen des Islams entlang, kommen auf die Pilgerfahrt, das Almosengeben und das Fasten zu sprechen.

Von den vielen Menschen, die mit ihnen im Klassenzimmer am Ludwigsburger Schiller-Gymnasium sitzen, lassen sie sich scheinbar nicht ablenken. Sie wurden auf die besondere Unterrichtsstunde vorbereitet. Kultusministerin Theresa Schopper sitzt in der letzten Reihe, zusammen mit Vertretern aus Regierungspräsidium, Landtag und Stadt. Außerdem sind mehrere Kameras und Mikrofone aufgebaut. Die Ministerin besucht am Montag das Schiller-Gymnasium, um einen Einblick in den islamischen Religionsunterricht zu bekommen.

Modellprojekt hat in Baden-Württemberg 2006 gestartet

„Für uns ist es wichtig, dass es auch islamischen Religionsunterricht an den Schulen gibt“, sagt Theresa Schopper. Bereits 2006 hatte das Land mit einem Modellprojekt an Grundschulen gestartet, seit 2019 ist die Stiftung Sunnitischer Schulrat für die Organisation des islamischen Religionsunterrichts in Baden-Württemberg zuständig.

Doch nicht alle sehen die Entwicklung hin zu islamischem Religionsunterricht positiv. „Wir haben zu dem Thema zum Teil schon heftige Debatten geführt“, so Schopper. Der Verdacht steht im Raum, dass damit Organisationen des politischen Islam Zugriff auf Kinder und Jugendliche in staatlichen Schulen ermöglicht werde.

Die Ministerin steht hinter dem Religionsunterricht

In der Stiftung arbeiten der Landesverband der islamischen Kulturzentren in Baden-Württemberg und die Islamische Glaubensgemeinschaft der Bosniaken mit. Grundsätzlich liegt der Anteil der Sunniten unter den Muslimen bei geschätzten 85 Prozent. Kritiker sagen jedoch, durch die beiden Verbände im Schulrat der Stiftung würden konkret nur sieben Prozent der Muslime repräsentiert.

Die Ministerin steht jedoch hinter dem Religionsunterricht. „Die Alternative wäre, dass wir keinen islamischen Religionsunterricht hätten“, sagt sie in Ludwigsburg. Denn: Der Staat könne ja laut Grundgesetz selbst keinen Religionsunterricht anbieten, das müsse man den anerkannten Religionsgemeinschaften überlassen. Bei der katholischen Kirche oder der jüdischen Gemeinde sei das einfach, einen zentralen Ansprechpartner zu finden. Beim Islam sei das ungleich komplizierter. Es gebe weiterhin keine anerkannte Religionsgemeinschaft, der man die Trägerschaft für den Islam-Unterricht übertragen könne.

Seit 2019 landesweit 170 Lehrer eingestellt

Deshalb ist es die Stiftung Sunnitischer Schulrat, die Lehraufträge verteilt und den Lehrplan erstellt. „Die Rückmeldung von den Schulen ist sehr positiv“, so der Geschäftsführer Amin Rochdi. Bisher würden allerdings nur etwa fünf Prozent der sunnitischen Schüler in Baden-Württemberg erreicht werden – auch, weil es gar nicht genug Lehrkräfte für den Unterricht gibt. „Der Personalbedarf ist weiter sehr hoch“, so Rochdi. Seit 2019 wurde 170 Lehrern die Lehrbefugnis erteilt, sagt er.

Am Schiller-Gymnasium ist man froh, dass es Bünyamin Avci gibt. Er hat am Ludwigsburger Goethe-Gymnasium Abitur gemacht. Inzwischen unterrichtet er am Ferdinand-Porsche-Gymnasium in Zuffenhausen Englisch und Islamische Religion und ist für ein paar Stunden die Woche auch am Schiller-Gymnasium. „Für uns ist das ein wichtiger Teil als Weltethos-Schule“, so Schulleiter Ulrich von Sanden. Das Schiller-Gymnasium ist vor vier Jahren mit dem Titel Weltethos-Schule ausgezeichnet worden, weil dort Werte gelebt werden, die alle Religionen vereinen.

70 muslimische Schüler am Schillergymnasium

Im vergangenen Schuljahr hat das Schiller-Gymnasium den islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung in den Klassen 5, 6, 8 und 9 eingeführt. „Rund 70 unserer 800 Schüler fühlen sich dem Islam zugehörig“, erläutert von Sanden. Aber nicht alle würden den Religionsunterricht auch besuchen. Manche zählen sich nicht zu den Sunniten, andere fühlen sich in Ethik wohl, so der Schulleiter.

Im Unterricht wird nicht alles aus islamischer Sicht, sondern auch aus ethischer Sicht betrachtet, loben die Schüler. Sie sprechen über den Koran, übertragen das Gelernte aber auch auf das Heute. Bünyamin Avci gibt einen Ausblick auf die nächste Stunde: Es soll diskutiert werden, ob es in Zeiten des Klimawandels noch vertretbar ist, dass Muslime nach Mekka pilgern, obwohl schon für die Anreise viel CO ausgestoßen wird. Für sie sei der Kurs wichtig, um anderen die eigene Religion besser erklären und gegen Vorurteile vorgehen zu können, so eine Schülerin.