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Oldtimer
Stelldichein der hübschen Alten

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Mit einem Teilnehmer-Rekord begann die Oldtimer-Saison in Ludwigsburg. Fotos: Holm Wolschendorf
Traumstart in die Oldtimersaison: Parallel zum verkaufsoffenen Sonntag im Breuningerland strahlten Lack und Chrom mit der Sonne um die Wette. Und auch Karl-Ulrich Herrmann, Chef des Veranstalters Retro Promotion strahlte. Es wurde ein neuer Teilnehmer-Rekord aufgestellt.

Ludwigsburg. Exakt 999 Startnummern wurden in diesem Jahr verschickt. Doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren. „Es hätten auch locker 300 mehr sein können“, meint Herrmann, aber das gebe der Parkplatz nicht her. Bei dem gestrigen Kaiserwetter ging er davon aus, dass sich noch einige Oldie-Besitzer spontan dazugesellten und ihr Fahrzeug jenseits der offiziellen Absperrbänder abstellten. 1500 dürften es am Nachmittag mindestens werden, so seine Prognose am gestrigen Mittag. Werbung für den Saisonauftakt müsse keine mehr gemacht werden. „Es ist mittlerweile Kult, sich hier sehen zu lassen und gesehen zu werden.“ Schaulaufen auf zwei und vier Rädern.

Der weiße Jaguar von Jürgen Binder nebelt alle ein. „Irgendwie verbrennt er Öl“, sagt er, ohne die genaue Ursache zu kennen. „Ist gerade auf der Herfahrt passiert“, erklärt er. Früher, da war dieses Auto Jahrgang 1954 der pure Luxus. Die Ledersitze weich wie ein Wasserbett, Wurzelholzeinlagen soweit das Auge reicht. Servobremse und Schiebedach waren Serie. Das hatte seinen Preis: Für das Geld hätten damals vier Otto Normalverbraucher für vier VW-Käfer schuften müssen. Über drei Jahre lang hat er an dem Wagen, den er blind aus Estland importierte, restauriert. Jetzt steht er wieder da wie eine Eins.

Daneben steht ein Fiat 128 aus dem Jahr 1973. Von dem wurden über Jahre drei Millionen Stück in vielen Variationen produziert. Heute sind beim Kraftfahrtbundesamt nur noch 411 gemeldet. Allein Bernd Kirchert aus dem Landkreis Heilbronn hat zwölf Stück davon. Es war sein erstes Auto gleich nach bestandener Führerscheinprüfung 1991. Vom Vater übernommen. Und beim Italiener ist er hängen geblieben. Bis heute fährt er damit in den Urlaub. 3500 Kilometer mit Wohnwagen. „Noch nie hat mich einer von ihnen im Stich gelassen.“ Die Technik sei außerdem so einfach, dass bei so gut wie jede Panne mit dem Bordwerkzeug repariert werden könne.

Vom Kleinstwagen wie dem Fiat 500 aus dem Jahr 1969, den seine Besitzer liebevoll Don Peppone (also groß und stark) nennen, bis zum getunten Musclecar mit 7,2 Liter Hubraum gibt sich auf dem Parkplatz des Breuningerlandes alles was, Rang und Namen hat, ein Stelldichein. Der Fotospeicher im Smartphone glüht.

„Der Oldtimermarkt ist allerdings gerade in einem starken Umbruch“, meint der Experte für klassische Fahrzeuge Herrmann. Vorkriegsfahrzeuge würden stehen wie Blei. Wer sich darauf spezialisiert habe, dessen Sammlung sei komplett. Außerdem seien sie wegen ihrer antiquierten Technik kaum noch straßentauglich und fristeten in Hallen oder Museen ein weitgehend unbewegtes Dasein. Der Preisverfall betrage in den letzten fünf Jahren 50 Prozent.

Gefragt seien dagegen pflegeleichte Youngtimer, sagt Herrmann. Cabrios und Coupés. Wer sich so ein Sahneschnittchen aus Kleinserien der Manufakturen zwischen 15 und 20 Jahren gönne, der wolle puren Spaß und keine schmutzigen Fingernägel. Die Schraubergeneration werde weniger. Die Käufer von Hobbyfahrzeugen wollten sich mit dem Auto identifizieren, suchten oft nach Fahrzeugen aus demselben Jahrgang wie sie selbst. Es gebe aber auch welche mit zeitlosem Charisma, wie dem VW-Bulli.

Ein Oldie als Wertanlage? „Wer darauf spekuliert, setzt besser auf Aktien“, sagt Herrmann. Die Zeiten seien vorbei. Obwohl er in BMW Potenzial sieht. Immer gefragt seien Porsche, Mercedes AMG oder Aston Martin zum Beispiel. Der Einsteiger gehe bis etwa 30 000, 40 000 Euro. Dann gebe es eine schwer verkäufliche Lücke. Erst über 100 000 Euro ziehe das Interesse wieder an.

„Abwrack- und Umweltprämie haben dem Kulturgut Auto katastrophal geschadet“, sagt Detlef Krehl, der mit Wilfried Steer, über vier Stunden lang etwa 200 Autos vorstellte. Die beiden sind automobile Lexika auf zwei Beinen. Es gebe Modelle, die seien in Deutschland deshalb so gut wie ausgerottet. Wer kenne noch einen Micra oder einen alten Panda?