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Studium
Tests an Hochschulen sorgen für Not bei Ungeimpften

Im kommenden Sommersemester füllen sich die Hörsäle wieder. Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Im kommenden Sommersemester füllen sich die Hörsäle wieder. Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Der Studienbetrieb findet im Wintersemester 2021/2022 überwiegend in Präsenz statt, die Studierenden sind somit zurück auf dem Campus. Nach zahlreichen Monaten der reinen Online-Lehre eigentlich ein Grund zur Freude. Doch nicht für alle, wie eine Gruppe von ungeimpften Studierenden der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg erzählt.

Ludwigsburg. „Studieren an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg (PH) muss man sich leisten können. Zumindest, wenn man sich als junger Mensch aus persönlichen Gründen (noch) nicht gegen Corona impfen lassen möchte.“ So beginnt die Nachricht, die eine Gruppe von Studierenden der PH Ludwigsburg an unsere Zeitung adressiert hat. Im darauffolgenden Gespräch mit einer Studentin dieser Gruppe fällt auf: Das Problem ist nicht die 3G-Regelung, die in der Coronaverordnung des Landes Baden-Württemberg für den Studienbetrieb festgelegt wurde. „Das Problem ist, dass sich ungeimpfte Studierende ihr Recht auf Bildung erkaufen müssen.“

Wer nicht geimpft oder genesen ist, der muss sich vor dem Besuch eines Seminars oder einer Lehrveranstaltung testen lassen. Es gilt die 3G-Regel. Während die Tests in den offiziellen Teststellen mittlerweile um die 15 Euro kosten, bietet die Pädagogische Hochschule ihren Studierenden ein vergünstigtes Angebot von fünf Euro pro Test. Das bedeutet: Wenn ein weder geimpfter noch genesener Studierender an vier Tagen in der Woche an Präsenzveranstaltungen teilnehmen möchte, muss er 20 Euro bezahlen. Hochgerechnet auf einen Monat sind das 80 Euro. „Das ist Geld, das viele von uns einfach nicht haben. Es tut jedem Einzelnen von uns weh“, sagt die junge Studentin. Zu allem Überfluss seien diese Tests auch noch lediglich auf dem PH-Campus gültig.

Was die Gruppe von rund 150 Studierenden der PH bemängelt, ist, dass ein Antigen-Schnelltest nicht zu Hause vollzogen oder zumindest selbst mitgebracht und unter Beaufsichtigung in der Hochschule durchgeführt werden darf. „Stattdessen verlangt die Hochschule täglich einen offiziellen Testnachweis einer Teststelle, alternativ bietet sie Selbsttests in der Hochschule für fünf Euro an.“ Kontrolliert wird die 3G-Regel an der PH durch eigens dafür angestelltes Sicherheitspersonal und hin und wieder auch durch die Dozierenden der jeweiligen Lehrveranstaltung. Die Hochschule ist laut Coronaverordnung Studienbetrieb zur Überprüfung der Impf-, Genesenen- oder Testnachweise verpflichtet. Wie die PH mitteilt, habe man die interne Teststelle als zuvorkommendes Angebot gedacht. „Wir sind die einzige Pädagogische Hochschule, die so etwas anbietet“, sagt Anne Nörthemann von der Hochschulkommunikation.

Eine anonymisierte Umfrage unter den Studierenden vor Semesterbeginn habe ergeben, dass über 90 Prozent geimpft seien. „Wir haben dann erst einmal probeweise das Testangebot an der PH aufgebaut, da wir die Sicherheit auf dem Campus so gut es geht erhalten wollen“, so Nörthemann. „Wir haben auch nur begrenzte Mittel und Ressourcen, diese Teststation aufzubauen. Im Vorfeld wurde abgefragt, wie viele Studierende Interesse an dieser Teststation haben. Der Anteil war gering.“ Eine Nachfrage bei der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen zeigt: Hier besteht kein Testangebot direkt an der Hochschule, die Studierenden müssen den Weg über die offiziellen Teststellen gehen. „Beschwerden sind uns darüber bisher nicht bekannt“, sagt Pressesprecher Andreas Ziegele. „Vielleicht liegt es aber auch daran, dass unsere Studierenden bereits Geld verdienen und der Test somit nicht so stark ins Gewicht fällt.“

Wie die Gruppe der ungeimpften Studierenden der PH sagt, sei man in Kontakt mit anderen Universitäten und Hochschulen. „Einige bieten für ihre Studierenden kostenlose Tests an“, so die PH-Studentin. Des Weiteren frage man sich, warum die Gültigkeit der internen Tests nicht zumindest auf 48 Stunden erhöht wird, wie es beispielsweise an Schulen praktiziert werde. Die PH selbst beruft sich auf die aktuelle Coronaverordnung und die Coronaverordnung Studienbetrieb und sagt: „Wir befolgen diese Verordnungen, um die Sicherheit auf dem Campus hochzuhalten und die vulnerablen Gruppen zu schützen.“

Um nicht so oft an die PH nach Ludwigsburg zu müssen – und so Geld zu sparen –, habe die Gruppe der ungeimpften Studierenden gezielt Seminare gewählt, die noch online stattfinden. „Da haben wir aber nicht mehr viele Möglichkeiten“, sagt die junge Frau. „Der Weg zur Hochschule ist für viele von uns grausam geworden. Nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch, weil wir Ungeimpften Diskriminierung und öffentliche Bloßstellung vor der gesamten Seminargruppe erfahren.“ Diesen Vorwurf weist die PH zurück, doch die Gruppe der ungeimpften Studierenden sagt: „Ungeimpfte aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens und nun auch von der Bildung auszuschließen, ist absolut unverhältnismäßig.“

Im Gespräch mit unserer Zeitung betont die junge Frau, dass die Gruppe keinen Ärger hervorrufen möchte und auch „nicht gegen die PH schießen“ will. „Aber wir wissen aktuell einfach nicht mehr weiter, an der PH finden wir kein Gehör.“ Auch die Studierendenvertretung, auch AStA genannt, scheint sich nach Aussagen der Gruppe nicht für die Belange der ungeimpften Kommilitonen zu interessieren. „Dabei sollten alle, unabhängig ihres Impf- oder Genesenenstatus, die gleiche Chance auf Bildung haben“, sagt die Studentin. Ob sich die mehr als hundert betroffenen angehenden Pädagogen ihr Studium künftig noch leisten oder überhaupt fortsetzen können, sei momentan nicht sicher. „Mal gucken, wie lange wir alle noch durchhalten“, so die Studentin. „Wir kommen zunehmend an unsere Grenzen.“