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Vortrag
Über einen frankophilen Netzwerker

Frank Baasner spricht beim Historischen Verein über die Gründung des Deutsch-Französischen Instituts. Foto: Andreas Becker
Frank Baasner spricht beim Historischen Verein über die Gründung des Deutsch-Französischen Instituts. Foto: Andreas Becker
Frank Baasner berichtet über den ersten Direktor des Deutsch-Französischen Instituts – Aussöhnung als Grundgedanke

Manchmal sind es ganz profane Ereignisse, die Geschichte schreiben. Beim Deutsch-Französischen Institut (DFI) in Ludwigsburg war es ein starker Regen, der den Keller und damit das Archiv unter Wasser setzte. Es galt schließlich, die Bestände zu sichten und zu sortieren, um sie vor dem Untergang zu bewahren. „Da habe ich mich dann dran festgebissen“, berichtete DFI-Direktor Professor Dr. Frank Baasner bei einem Vortrag des Historischen Vereins im Staatsarchiv.

Baasner näherte sich da vor allem einem Menschen, der in der Reihe der politischen Persönlichkeiten, die das DFI von Beginn an im Jahre 1948 geprägt haben, eher im Schatten stand, aber der Initiator, Netzwerker und Impulsgeber war: Fritz Schenk, der das DFI bis 1972 leitete. Etliche Zeitzeugen, darunter viele, die Fritz Schenk kannten, waren bei dem gut besuchten Vortrag anwesend, darunter auch seine frühere Sekretärin.

„Er hat das DFI als Ein-Mann-Show gegründet und geleitet“, so Baasner. Und die Recherchen des Direktors ergaben, dass er keiner war, der mit Veröffentlichungen glänzte, sondern strategisch wirkte. Und das begann gerade mal zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg und zwei Jahre vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Die Militärregierung hatte noch das Sagen und der frankophile Fritz Schenk, der an der Grenze zu Lothringen aufgewachsen und nach dem Krieg zufällig in Ludwigsburg gelandet war, hielt sich dort mit Sprachkursen über Wasser.

Fritz Schenk, der Romanistik und Geschichte studiert hatte, trieb dabei schon 1947 die Idee der Gründung des DFI um, und so wurde er beim damaligen Oberbürgermeister Elmar Doch wegen eines Budgets vorstellig, das der Gemeinderat denn auch genehmigte. So sei es gekommen, dass die Stadt seit 71 Jahren das DFI unterstütze. „Das war noch zu einer Zeit, als in der französischen Politik alles andere als klar war“, berichtete Baasner. Wie sollte man mit Deutschland nach Nazizeit und Krieg umgehen? Bestrafen oder die Hand reichen? Das DFI bezog zwei Räume in der Villa Ulmer in der Kurfürstenstraße und Fritz Schenk machte sich an die Arbeit. Er kontaktierte Unternehmen, Medien und Politik, es entstand laut Baasner ein beeindruckendes Netzwerk.

Fritz Schenk sei da stets der Antreiber gewesen. Den renommierten SPD-Politiker Carlo Schmid habe er schon überzeugen müssen, die Präsidentschaft zu übernehmen. Er hatte bald eine schlagkräftige Truppe beisammen, darunter auch der spätere Bundespräsident Theodor Heuss, den Schenk ebenfalls überredete, dem Beirat beizutreten. Auch in Frankreich fand er in dem Publizisten Alfred Grosser und dem Dramatiker Jean-Paul Sartre Unterstützer für seine Idee, die in Deutschland zunächst einmalig war.

Wie Baasner herausfand, gelang es Schenk mit viel Geschick, das DFI als Mutter aller späteren Institute in Deutschland zu positionieren. Wie Schenks Netzwerkarbeit aussah, verriet sein Fahrtenbuch, das Baasner ebenfalls gesichtet hat. „Er war eigentlich keinen Tag im Büro und fuhr im ersten Jahr mit seinem Auto 24.000 Kilometer.“ Zweimal im Jahr sei er nach Paris gereist und habe dort Erstaunliches geleistet: 27 Einladungen und 65 Termine in zehn Tagen.

Den Erfolg des DFI machte laut Baasner vor allem eine Grundüberzeugung Schenks aus: Die deutsch-französische Aussöhnung muss in der Bevölkerung verankert sein. „Schenk sagte immer, wir müssen die Menschen zusammenbringen“, so Baasner. Das sei etwa mit der Vermittlung von Werkstudenten und Praktikanten geschehen. Dass das DFI für Schenk Leidenschaft und Herzenssache war, machte Baasner an einer weiteren Begebenheit fest: Der DFI-Gründer erhielt einst das Angebot, Kulturattaché in Paris zu werden. Das hätte ihm ein sicheres Einkommen beschert. Schenk sagte ab und blieb in Ludwigsburg.