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Jugend
„Wir wissen gar nicht, wo wir hinsollen“

Bolz- und Skaterplätze, Orte für Kulturveranstaltungen, offene Jugendtreffs und Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement: Der neue Jugendstadtplan ist sehr ausführlich. Auch das Seeschloss Monrepos wird als Ausflugsziel erwähnt. Foto: Andreas Beck
Bolz- und Skaterplätze, Orte für Kulturveranstaltungen, offene Jugendtreffs und Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement: Der neue Jugendstadtplan ist sehr ausführlich. Auch das Seeschloss Monrepos wird als Ausflugsziel erwähnt. Foto: Andreas Becker
Auch für Jugendliche ist die Zeit der Kontaktbeschränkungen und Schließung vieler Einrichtungen nicht einfach. Sie können sich nicht mit Freunden treffen, studieren am Laptop oder verzichten auf Feste und ihre zum Teil neu gewonnene Freiheit.

Klassenausflüge, Abschlussfeiern, Ausbildungsbeginn, Semesterstart, Auslandsjahr, Freiwilligenarbeit oder Partys mit Freunden: Die Jugend ist eine Zeit, in der junge Menschen ihr Leben und die neu entdeckte Freiheit genießen, sich zumindest in Teilen von ihren Eltern lösen und sich zu jungen Erwachsenen entwickeln. Doch in diesem Jahr ist vieles davon nicht möglich. Wegen der Coronapandemie sind Veranstaltungen abgesagt, Clubs und Bars geschlossen und das Studium oder die Vernetzung mit anderen Auszubildenden oft nur digital möglich.

Währenddessen werden sie von Älteren darauf hingewiesen, dass die Coronakrise sie doch gar nicht so stark betreffe. Dazu kommt die oftmals pauschale Kritik, Jugendliche würden sich nicht an die vorgegebenen Regeln halten und damit Risikopersonen gefährden. Gegen diese Vorwürfe hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey beim Vorstellen des Kinder- und Jugendberichts in dieser Woche die Jugendlichen verteidigt. Sie verhielten sich „zum allergrößten Teil verantwortungsbewusst und rücksichtsvoll“.

Doch wie erleben junge Menschen die Coronapandemie? Wir haben bei einem Besuch im Jugendcafé in Grünbühl bei den Jugendlichen selbst nachgefragt. Das Gespräch fand vor den strengeren Maßnahmen, die aktuell gelten, statt.

Im Spätsommer und Herbst galt die Regel, dass sich maximal zwei Haushalte treffen dürfen, noch nicht. „Wir haben uns zu dieser Zeit schon mit Freunden getroffen“, sagt die 14-jährige Jessica. Allerdings hätten sie darauf geachtet, sich nur draußen zu sehen. Jessica war mit ihren Freunden viel im Garten, Sophie traf sich an Grillplätzen oder für Spaziergänge in den Weinbergen. Auch Cafés und die Bärenwiese seien ein beliebter Treffpunkt gewesen, als es noch möglich war, sich dort zu treffen. „Man merkt erst jetzt, wie gut man es vor Corona hatte, als man einfach so seine Freunde sehen durfte“, sagt die 16-jährige Sophie.

Jetzt gilt auch im öffentlichen Raum die Zwei-Haushalte-Regel. Aber was, wenn zwei Jugendliche zusammen auf einen Bolz- oder Skaterplatz wollen und dort bereits eine andere Zweiergruppe Sport macht? „Insbesondere bei den Skaterplätzen kommt es darauf an, wie groß der Platz ist und wie er gestaltet ist“, so eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Da Skaten ein Individualsport sei, könnten auch mehrere Zweiergruppen eine größere Anlage nutzen, wenn sie die Abstände untereinander einhalten.

Vor kurzem wurden nun auch die Jugendcafés wieder geschlossen. „Wir wissen gar nicht mehr, wo wir hinsollen“, sagt Jessica. Die Stadtverwaltung habe sich zu diesem Schritt „aus generalpräventiven Gründen“ entschieden, heißt es. Mindestens bis zum 30.November bleiben die Türen der Jugendcafés zu.

Die Mitarbeiter der Kinder- und Jugendförderung bieten jetzt wieder mehr Beschäftigungen im Internet an und bleiben für die Jugendlichen als Ansprechpartner erreichbar. Dass das jedoch nicht dasselbe ist, hat Arndt Jeremias, der Leiter der Kinder- und Jugendförderung, beim Gespräch im Jugendcafé Grünbühl deutlich gemacht. „Es tut mir echt weh, dass wir unsere Arbeit nicht so ausführen können wie normalerweise“, so Jeremias.

Auch schon in normalen Zeiten gebe es zu wenig Treffpunkte für Jugendliche. „Wenn sie dann mal einen Treffpunkt gefunden haben, stören sich oft die Anwohner daran“, sagt der Sozialarbeiter. Er merke, dass es vielen Jugendlichen in Zeiten von Kontaktbeschränkungen langweilig ist, weil unter anderem auch Clubs und Bars geschlossen sind.

„Ich gehe am Samstagabend eigentlich gerne mit Freunden weg“, sagt die 16-jährige Chiara. „Jetzt sitze ich halt mit meiner Familie auf dem Sofa.“ Da komme es vor allem mit den Geschwistern immer öfter zu Streitereien. Es sei gut, dass immerhin noch Busse und Bahnen fahren, fügt Sophie hinzu. So könne man wenigstens aus dem Stadtteil hinauskommen und ab und zu sogar nach Stuttgart fahren. Busse und Bahnen sind vor allem zu Schulzeiten sehr voll, doch auch auf dem Weg von Schule zum Bahnhof oder zur Haltestelle gilt die Zwei-Haushalte-Regel. „Für den Schulweg gibt es da keine Ausnahme“, so die Sprecherin der Stadtverwaltung.

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