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Gericht
Ist Ludwigsburg eine Stadt der Drogen?

Befindet sich Ludwigsburg und sein Kreis überdurchschnittlich stark im Fokus von professionellen Rauschgifthändlern? Zwei laufende große Verfahren gegen Dealer scheinen dies zu bestätigen. Jetzt kam ein dritter Prozess hinzu, in dem einem 31-Jährigen vorgeworfen wird, in 23 Fällen erneut große Mengen Drogen an Ludwigsburger Abhängige verkauft zu haben.

Ludwigsburg. Grundlage der derzeit laufenden Verfahren gegen mutmaßliche Ludwigsburger Rauschgifttäter sind polizeiliche Razzien vom September vergangenen Jahres und eine neue Aktion der Drogenfahnder im Februar 2017. Dabei geht es in erster Linie um das Handeltreiben mit Marihuana und Kokain sowie Amphetamin-Präparaten. Am 1. Februar hatten 230 Einsatzkräfte des Ludwigsburger Polizeipräsidiums in der Stadt und auch an anderen Orten wie Aalen und Schwäbisch-Hall 26 Haus- und Wohnungsobjekte durchsucht und dabei neben 13 Kilo Drogen auch eine erkleckliche Anzahl von Waffen sowie hohe Geldsummen sichergestellt. Die Aktion war aufgrund monatelanger, verdeckt geführter Maßnahme einer besonderen Ermittlungsgruppe durchgeführt worden, wie es in Polizeikreisen heißt.

Ein 26-Jähriger aus Pleidelsheim ist bereits wegen großer Drogengeschäfte abgeurteilt. Ein 31-Jähriger sitzt derzeit auf der Anklagebank einer Stuttgarter Strafkammer. Gegen zwei 41- und 51-Jährige aus den Niederlanden verhandelt eine andere Stuttgarter Strafkammer wegen Handeltreibens großer Drogenmengen in Ludwigsburg und Bietigheim (wir berichteten).

Und am gestrigen Mittwoch musste ein 31-jähriger Deutscher aus Ludwigsburg Platz auf der Anklagebank nehmen, weil er angeblich in 23 Fällen im Kreisgebiet mit Gewinn große Rauschgiftmengen verkauft haben soll.

Dem Einzelhandelskaufmann wirft der Staatsanwalt vor, ab Januar 2015 in der Ludwigsburger Drogenszene eifrig mitgemischt zu haben. Unter dem Strich sollen es mehrere Kilo Rauschgift gewesen sein, die durch seine Hände gingen. Eingekauft habe er die gefährlichen Stoffe teilweise von dem bereits zu viereinhalb Jahren Haft verurteilten Mann aus Pleidelsheim. Dessen Drogenaktivitäten waren Ende vergangenen Jahres durch einen polizeilichen Vertrauensmann aufgedeckt worden, wobei kurioserweise auch dieser Vertrauensmann letztlich wegen seiner Doppelrolle auf der Anklagebank landete.

Die Vorwürfe gegen den 31-Jährigen hingegen wiegen schon deshalb besonders schwer, weil die Fahnder im Februar anlässlich der erwähnten Razzia in seiner Ludwigsburger Bleibe nicht nur erhebliche Rauschgiftmengen, sondern auch dazugehörige Portionierungs- und Verpackungs-Utensilien sowie mehrere illegale Waffen sicherstellten. Eine Pistole, einige Kampf- und Springmesser, ein sogenanntes Einhandmesser waren teils im Kleiderschrank und teils unmittelbar neben seinem Bett griffbereit gelagert, wie es in der Anklage heißt. Mindestens einmal im Monat soll er von seinem Lieferanten um die 200 bis 500 Gramm Drogen bezogen haben. „18 Mal 200 Gramm“, ist sich der Staatsanwalt sicher, was bereits die Menge von 3,6 Kilo ausmacht. Dazu soll der 31-Jährige noch Handel mit verschiedenen Amphetamin-Stoffen betrieben haben.

Die Handschellen bei ihm klickten am frühen Vormittag des 13. Februar 2017. Seitdem sitzt der bislang nicht vorbestrafte 31-Jährige in Untersuchungshaft.

Am gestrigen ersten Verhandlungstag signalisierte der Verteidiger des 31-Jährigen gegenüber den Richtern der Stuttgarter Strafkammer, dass sein Mandant eine Art Teilgeständnis ablegen werde. In einer verlesenen Erklärung wird der Einkauf und Verkauf von Marihuana, was er vom Großdealer aus Pleidelsheim erhielt, zugegeben. Allerdings stimme es nicht, dass der monatliche Drogenumsatz bei bis zu 100 Gramm gelegen habe. Dass der 31-Jährige auch um die 20 Gramm Kokain besaß und damit Handel betrieb, sei richtig. Maximal jedoch habe er nur in 14 Fällen gegen das Rauschgiftgesetz verstoßen.

Der Angeklagte ist drogenabhängig, wie er selbst berichtet. In der Haft habe er sich um eine Suchtberatung und Therapie bemüht. Seit dem zwölften Lebensjahr nehme er weiche Drogen. Zudem leide er an einer Spielsucht.

Das Gericht wird dazu möglicherweise einen Gutachter einschalten, um auch festzustellen, ob der 31-Jährige seine Drogengeschäfte tätigte, nur um die eigene Sucht zu finanzieren. In diesem Fall winkt ihm Strafrabatt. Fünf Prozesstage sind angesetzt.

Ehemalige Ludwigsburger Dealer, teils bereits abgeurteilt und mit denen der Angeklagte offensichtlich Geschäfte betrieben haben soll, werden sich in diesem Fall wieder einmal in der Zeugenbank treffen. Am 29. August soll das Urteil verkündet werden.