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Chansonnier im Glasperlenspiel
Sebastian Krämer kommt nach Asperg: „Ich reiße mir jeden Vers aus der Seele“

Der Chansonnier Sebastian Krämer. Foto: Christian Biadacz/p
Der Chansonnier Sebastian Krämer. Foto: Christian Biadacz/p
Er ist in Asperg mittlerweile schon ein Stammgast: Der Chansonnier und Kabarettist Sebastian Krämer spielt am Samstag, 17. September, um 20 Uhr im Glasperlenspiel sein Programm „Im Glanz der Vergeblichkeit“. Wir haben mit ihm über heldenhaftes Versagen, Catering-Wünsche und die Folgen der Pandemie gesprochen.

Berlin/Asperg. Herr Krämer, mit „Glanz der Vergeblichkeit“ kommen Sie zum ersten Mal nach Asperg – einmal wurde das Programm wegen Corona abgesagt. Wollten Sie das nicht auf sich sitzen lassen?

Sebastian Krämer: Genau, weder ich noch das Glasperlenspiel. Die Sache läuft in der Branche so: Jetzt holen wir endlich all die Termine nach, auf die wahrscheinlich ohnehin im selben Abstand am selben Ort ein neues Gastspiel gefolgt wäre ...

Was hat es mit diesem „Glanz…“ auf sich? Klingt philosophisch und melancholisch – erzählen Sie mal.

Der schönste Glanz dringt unter den Türritzen und aus den schmucken Gängsterkoffern hervor, die sich uns nie ganz öffnen werden. Und Glanz umgibt auch jene, die dennoch immer weiter nach dem Schlüssel suchen. Wer weiß, dass er nie zum Ziel kommen wird, hat seine Lebensaufgabe gefunden.

Was steht thematisch im Mittelpunkt?

Heldenhaftes Versagen in den kleinen und großen Schlachten des Lebens. Was ist nicht alles vergebliche Müh? Die Skulptur eines Lesenden, der niemals umblättern kann, die Pflege eines alten Jugendzimmers, dessen Bewohner verstorben ist, eifrige Voraussagen einer nahen Zukunft, die uns ohnehin gleich ereilt, und ein Lied, das sein eigener Wikipedia-Artikel ist ...

Sie waren schon öfter in Asperg. Gibt es irgendetwas, das Haus von anderen unterscheidet?

Das phänomenale Catering und die reizenden Gastgeber!

Ihr ungewöhnlichster Wunsch fürs kleine Backstage-Catering?

Da bleiben keine noch so verbotenen Wünsche offen.

Trotz Impfungen und weitgehender Normalisierung des Betriebs: Viele Zuschauer bleiben nach wie vor den Kulturveranstaltungen fern, wie vielerorts beklagt wird. Wie erleben Sie die Lage aktuell?

Auch schon vor Corona war das, was Leute wie ich auf der Bühne gemacht haben, der ständige verzweifelte Wiederbelebungsversuch einer verflossenen Kultur. Also wer weiß, ob wir heute nicht genauso lamentieren würden, wenn diese Krankheit nie gewesen wäre. Wir lamentieren ja immer. Davon abgesehen nervt die Frage schon, alle fragen mich das zur Zeit. Es muss das schlechte Gewissen angesichts eines leibhaftigen Bühnenkünstlers sein, der einen daran erinnert, dass man selbst auch schon ewig nicht mehr im Theater war. Steckt euch euer Mitgefühl sonstwohin und kommt halt vorbei, Leute, dann könnt Ihr euch selbst ein Bild machen! Und wenn Ihr das alle tut, sieht’s im Theater auch schon gar nicht mehr so leer aus!

Sind Sie beim Schreiben eigentlich eher der Typ Am-Schreibtisch-Sitzer mit Kerze oder einsamer Wanderer mit Notizblock?

Ich reiße mir jeden Vers mit Heftigkeit aus meiner blutenden Seele. Ein erbitterter Kampf. Wo man gerade sitzt oder steht und wie man was aufschreibt – das ändert sich ständig und ist völlig unerheblich.

Ihr nächstes Programm?

Vielleicht was über Tiere. Da habe ich schon so viele Lieder, brauche nur noch zwei, drei zu ergänzen, das wäre sehr praktisch.

Info: Sebastian Krämer, „Im Glanz der Vergeblichkeit“, Samstag, 17. September, um 20 Uhr, Glasperlenspiel in Asperg. Weitere Infos und Karten unter www.glasperlenspiel.de.