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Basketball: Play-off-Viertelfinale
MHP-Riesen Ludwigsburg gewinnen ersten Play-off-Kracher gegen Ratiopharm Ulm

Nervemkrimi für Coach und Spieler: Die MHP-Riesen Ludwigsburg. Foto: Baumann
Nervemkrimi für Coach und Spieler: Die MHP-Riesen Ludwigsburg. Foto: Baumann
Welch ein Start in die Play-offs! Wenn die noch möglichen zwei bis vier Viertelfinals der MHP-Riesen gegen Ratiopharm Ulm ebenso atemberaubend enden wie die Premiere, dann dürfte sich Riesen-Coach John Patrick in den einstweiligen Ruhestand begeben. Der 104:99 (38:46)-Erfolg nach zweimaliger Verlängerung war ein Krimi, der in die Ludwigsburger Basketball-Annalen eingehen dürfte.

Ludwigsburg. „Es war ein absolut verrücktes Spiel, einfach crazy“, atmete der Riesen-Coach nach zweieinhalbstündigem Play-off-Marathon völlig ermattet auf und fügte hinzu: „Ich bin jetzt seit 22 Jahren Headcoach, aber so etwas Verrücktes habe ich noch nicht erlebt. Da denkt man, schon, dass irgendwann eine Ruhepause nötig wäre.“ Tatsächlich würde die Partie mit ihrer Dramatik in Worte gefasst wohl ein ganzes Geschichtsbuch füllen. So viele Wendepunkte, so viele kleine entscheidende Dinge, so viel Atemstillstand nach spektakulären Steals und Rebounds und ebenso dramatischen Fehlern in einen Text zu fassen, sprengt den Rahmen eines herkömmlichen Spielberichts. Deswegen die spielprägenden Protagonisten unter der Lupe:

Jordan Hulls: Der Fels in der Brandung. Mit knapp 43 Minuten Einsatz war der Spielmacher nahezu während der gesamten Partie der ruhende Pol und immer dann zur Stelle, wenn es in entscheidende Phasen ging. Auch wenn seine Wurfversuche nicht immer fruchteten (5 von 13), gab er dem Spiel wichtige Impulse und hielt die Riesen beim Stand von 45:57 (dem höchsten Rückstand) mit einem Steal und zwei wichtigen Dreiern zum 56:57 (25.) und später 79:73 (36.) im Spiel.

Tekele Cotton: Das Comeback des Rückkehrers ist nach einigen Spielen, in denen er unter dem Schirm lief, vollendet. Auch Cotton war mit über 40 Minuten Spielzeit bis an die Grenzen gefordert. Patrick hatte ihn schon nach wenigen Minuten auf Ulms Jaron Bloomsgame angesetzt, weil Justin Simon nach zwei frühen Fouls den unaufhaltsamen Topscorer (41 Punkte/16 Rebounds!) nicht in den Griff bekam. Gewohnt ruhig übernahm Cotton diese Aufgabe und brachte sich dennoch mit entscheidende Würfen ein. Ein Ausrufezeichen; Ende des dritten Viertels riss Cotton dank Buzzer Beater Fastbreak plus Korbleger das Momentum an sich und schloss zum 61:63 auf. Und doch wäre der 28-Jährige, der 2015 bei den Riesen als BBL-Rookie anheuerte, beinahe zur tragischen Figur geworden: Beim Stand von 90:90 in der Overtime schnappte sich Cotton nach einem verpassten Freiwurf von Sindarius Thornwell, der die Entscheidung zugunsten der Ulmer bedeutet hätte, den Ball und hätte selbst entscheidend treffen können. Dann aber verdribbelte er sich und die Chance das Spiel zu entscheiden, war ein zweites Mal vertagt.

Wahnsinn und Genie

Justin Simon: Wahnsinn und Genie lagen beim besten Verteidiger der Liga einmal mehr dicht beieinander. Schon früh aus dem Spiel genommen, hatte der Sunnyboy aus Kalifornien bis kurz vor Schluss der regulären Spielzeit nur 8:49 Minuten Einsatzzeit. Dann aber wurde er beim Stand von 80:83 eingewechselt, vereitelte den letzten Angriff der Ulmer und Jonah Radebaugh schickte mit einem perfekten Dreier zum 83:83-Ausgleich die Partie in die Verlängerung. Simon, nun gewohnt präsent, schraubte sein Punktekonto fortan auf elf und zählte in der Schlussphase zu den kreativsten Akteuren der Riesen. „Das ist Simon. Er kommt mit Elan zurück, ist voller Energie und macht wichtige Punkte“, lobte Patrick anschließend.

Jonah Radebaugh: Wieder einmal Erfolgsgarant und Matchwinner der Riesen: Mit ebenfalls knapp 40 Minuten musste der Topscorer (20 Punkte/9 Assists, 7 Rebounds) zwar nach der ersten Verlängerung aufgrund des 5. Fouls auf die Bank, doch zu diesem Zeitpunkt hatte er das verloren geglaubte Spiel schon mehrmals aus dem Feuer gerissen. Sein Dreier zur 90:88-Führung wäre beinahe spielentscheidend gewesen, doch dann endete der Abschnitt nach einer wilden Sequenz mit zwei Punkten von Thornwell und Cottons anschließendem Missgeschick.

Tremmell Darden, Jonas Wohlfarth-Bottermann und James Woodard: Die Routine des 40-jährigen Darden und des Kapitäns Wobo sowie die Unbekümmertheit von Woodard gaben der Partie die richtige Würze und die Gewissheit, auch in brenzligen Phasen immer eine Option zu haben. Während Woodard zu Beginn und in der Schlussphase stark auftrumpfte, ging Wobo in der Derbyschlacht stets vorneweg. Darden unterstrich mit einer Effektivität von 19 und einem Plus/Minus-Wert von 10 nach seiner langen Verletzung, dass er für die kommenden Play-offs unersetzlich ist.

Ulm-Coach Lakovic: Wir kommen zurück

Fazit: Die Ludwigsburger gewannen ein unfassbar intensives Eröffnungsspiel der Viertelfinalserie. Am Ende verloren sie zwar das Reboundduell und schickten Ulm zu häufig an die Freiwurflinie, hatten aber deutliche mehr Wurfversuche und weniger Ballverluste. „Mit 19 Turnovers bei uns haben sie einfache Punkte gemacht. Das war der Schlüssel für sie und zu viel, um zu gewinnen“, resümierte Ulms Coach Jaka Lakovic das wohl wildeste und zugleich beste Spiel der BBL-Geschichte und fügte hinzu: Wir kommen am Dienstag in Spiel zwei zurück.“