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Württemberg
Fußballverband will Bezirke reformieren

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Fußball ist zwar weiterhin der Volkssport Nummer 1, doch die Mitgliederzahlen des Württembergischen Fußballverbandes sind rückläufig. Dieser Fakt und eine ungleiche Vereinsverteilung in den Bezirken sind der Anlass für eine mögliche Verbandsstrukturreform. Der WFV bezieht dabei die Vereine mit ein.

Ludwigsburg. Vor beinahe 20 Jahren scheiterte eine geplante Verbandsstruktur-Reform am Widerstand der Vereine. Daraus hat der Württembergische Fußballverband gelernt. Eine ergebnisoffene Diskussion, absolute Transparenz und maximale Beteiligung sollen dieses Mal zum Erfolg führen. Ein Überblick.

Warum diskutiert der Württembergische Fußballverband über eine Verbandsreform?

Der Verband hat sich selbst eine Überprüfung der eigenen Struktur auferlegt. Hintergrund sind sinkende Mannschaftszahlen und eine Ungleichverteilung innerhalb der Bezirke. Bei 1598 Vereinen in 16 Bezirken müssten für eine ausgeglichene Verteilung eigentlich in jedem Bezirk etwa 100 Vereine gemeldet sein. Stattdessen variiert das Spektrum von 60 aktiven Vereinen im Bezirk Riß bis 131 Vereine im Bezirk Neckar/Fils. Im Bezirk Enz/Murr spielen derzeit 122 Vereine aktiv Fußball. Durch die großen Unterschiede ist keine vergleichbare Wettbewerbsfähigkeit gegeben. Ein nach Einschätzung des Verbandes drohender Rückgang aktiver Mannschaft könnte dieses Ungleichgewicht weiter vergrößern. „Aus der Sicht des Bezirkes Enz/Murr ist der Handlungsdruck nicht allzu hoch“, sagt der Bezirksvorsitzende Hansjörg Arnold, der auch Mitglied der Kommission ist. „Aber man sollte nicht warten, bis gar nichts mehr geht, sondern vorausschauend nach vorne blicken und das vorantreiben.“

Woran macht der Verband einen drohenden Rückgang fest?

„Der Rückgang an Spielern und Mannschaftszahlen findet schon statt“, sagt Heiner Baumeister, Pressesprecher des WFV. Die Mitgliederzahl des Verbandes ist zwischen 2015 und 2018 zwar leicht um 4743 auf 533 089 Mitglieder angestiegen, das wird aber durch den Mitgliederzuwachs beim Zweitligisten VfB Stuttgart verzerrt.

Betrachtet man die Mitgliederzahlen der Amateurvereine, verzeichnet der WFV im selben Zeitraum einen Verlust von 12 283 aktiven und passiven Fußballern auf 470 264.

Wie läuft der Prozess ab?

„Eine tragfähige Verbandsstruktur können wir nur dann entwickeln, wenn wir das Ohr nah an der Basis haben und möglichst viele Informationen darüber bekommen, was unseren Vereinen wichtig ist“, sagt der Verbandsspielausschuss-Vorsitzende Harald Müller. Dabei hat eine Kommission aus Verbandsmitarbeitern und Bezirksvertretern verschiedene Lösungen entwickelt.

Anschließend wurden die Vorschläge in je zwei Diskussionsrunden an vier Orten im Verbandsgebiet mit Vereins- und Bezirksvertretern diskutiert. Dabei stimmten nach Angaben des WFV durchschnittlich 69 Prozent der Anwesenden für eine Überarbeitung der Verbandsstruktur.

Welche Modelle stehen zur Diskussion?

Aktuell besteht die Spielklassenstruktur auf Verbandsebene aus einer Verbandsliga, vier Landesligen und 16 Bezirksligen, also 1-4-16. Für die Zukunft liegen drei Modelle vor. Zwei geografisch geringfügig unterschiedliche 1-4-12-Systeme – dabei geht es darum, ob die Schiedsrichtergruppe Schorndorf dem Bezirk Rems/Murr oder Ostwürttemberg zugeordnet wird – und ein 1-3-9-Spielsystem. Bei allen Modellen würden also bestimmte Bezirke verändert und teilweise zusammen gefasst werden. „Favorisiert wurde das Modell 1-4-12. Es gab aber auch eine überraschend hohe Zahl an Stimmen für 1-3-9. Das ist das ausgeglichenste Modell hinsichtlich der Mannschaftszahlen pro Bezirk“, berichtet WFV-Sprecher Baumeister.

Was würde sich für die Vereine im Bezirk Enz/Murr verändern?

Die beiden 1-4-12-Modelle beträfen den Bezirk Enz/Murr nicht. Nach dem 1-3-9-Modell würde sich der Bezirk vergrößern. Etwa die Hälfte des Bezirkes Rems/Murr käme hinzu, weshalb die Kreisliga C wiedereingeführt werden müsste. Es gebe zwar eine Landesliga weniger, die Landesliga 1 bliebe aber in ihrem Einzugsgebiet nahezu unverändert. Lediglich der Bezirk Stuttgart käme hinzu, ein Teil des Bezirks Rems/Murr fiele weg. Auf andere Regionen des Verbandsgebietes kämen je nach Modell teilweise erhebliche Veränderungen und deutlich längere Auswärtsfahrten zu.

Wie geht es nun weiter?

Im Frühjahr wird die Kommission für zwei Sitzungen zusammenkommen, um die Ergebnisse der Regionalkonferenzen zusammenzufassen. Anschließend wird dem Verbandsbeirat aus Vorstand und Bezirksvorsitzenden ein Abschlussbericht mit einer Handlungsempfehlung vorgelegt.

Daraus werden Beschlussvorlagen für den Verbandstag 2021 formuliert. Sollte auf diesem Verbandstag für eine entsprechende Reform gestimmt werden, könnte die Saison 2021/22 möglicherweise als Qualifikationsrunde für die neue Spielklassenstruktur sein. Die Veränderungen würden dann frühestens ab der Saison 2022/23 greifen.

Wie haben die Vereine das Vorgehen aufgefasst?

„Vor allem was die Transparenz angeht, waren viele angenehm überrascht. Auch die Regionalkonferenzen hatten eine ganz gute Resonanz“, berichtet WFV-Sprecher Baumeister. Auch Arnold ist mit dem Arbeitsablauf zufrieden: „Es war eine sehr offene Diskussion und für mich war positiv, dass man die Vereine mitgenommen hat.“

Nur von der Beteiligung der Vereine aus dem Bezirk Enz/Murr ist Arnold enttäuscht: „Die Resonanz war sehr, sehr schwach“, sagt er und warnt: „Ich hätte mehr erwartet. Wenn etwas anderes kommt, als gewünscht, ist es zu spät.“ Auf der Internetseite zukunft.wfv.de ist der komplette Projektablauf dokumentiert. Dort kann man sich auch an Diskussionen beteiligen. Zudem betont Arnold: „Auch ich stehe jederzeit für Fragen zur Verfügung.“