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Champions League
«Kämpfer» Kovac widerspricht Bayern-Präsident Hoeneß nicht

Niko Kovac versucht, sich vor dem Spiel gegen Benfica Lissabon kämpferisch zu zeigen und Stärke zu demonstrieren. «Aufgeben» oder «Fahne hissen», das gebe es in seinem Leben nicht. Ein Punkt würde fürs Champions-League Achtelfinale reichen - und wäre doch zu wenig.

München (dpa) - Im dunkelblauen Anzug saß Niko Kovac auf dem Pressepodium der Münchner Fußball-Arena und eröffnete schon 30 Stunden vor dem Anpfiff gegen Benfica Lissabon den Kampf um seinen Job.

«Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich ein Kämpfer bin. Mein ganzes Leben bestand darin, mich durchzusetzen», erklärte der 47-Jährige. Die Worte «Zurückstecken», «Aufgeben», «Die weiße Fahne hissen», existierten in seinem Wortschatz nicht: «Und sie werden nie existieren», sagte der Kroate.

Am Ende der Pressekonferenz behauptete er sogar, keine Angst davor zu haben, dass das Gruppenspiel in der Champions League am Dienstagabend (21.00 Uhr) sein letztes als Chef auf der Münchner Bank sein könnte. «Nein», antwortete Kovac erst und fügte dann hinzu: «Was soll mich negativ stimmen?»

Die Frage muss wohl eher lauten: Kann er die Münchner Bosse noch positiv stimmen? Und wie beherzt werden sich die Spieler gegen Benfica auch für ihn ins Zeug legen? Kann ein überzeugender Sieg die Stimmung kippen? Kovac mag nicht an der Unterstützung der Spieler zweifeln. «Es wird viel erzählt über das Verhältnis. Ich habe einige Gespräche geführt mit meinen Spielern. Das Verhältnis ist außerordentlich gut», erklärte er.

Die Chefetage um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge wird oben auf der Tribüne während der 90 Spielminuten jedenfalls sehr genau hinschauen, welche Reaktion sie nach dem alarmierenden 3:3 gegen Düsseldorf auf dem Spielfeld erleben. Und es war erstaunlich, wie wenig kämpferisch sich der selbsternannte Kämpfer Kovac in der Ankündigung von Konsequenzen zeigte - ob personell oder taktisch.

«Alles über den Haufen schmeißen, geht gar nicht», sagte er mit dem Verweis darauf, dass ihm aktuell nur 14 Feldspieler zur Verfügung stünden. Kingsley Coman und Thiago sind noch nicht für ein Comeback bereit, James Rodríguez und Corentin Tolisso fallen ohnehin verletzt aus. «Und ich denke, auch bei Serge Gnabry wird es nicht reichen», sagte Kovac vor dem Abschlusstraining. Er hofft darauf, dass die Champions League wie gewöhnlich ein spezieller Ansporn für seine Stars sein wird: «Ich bin überzeugt, dass sie an die Leistungsgrenze gehen.»

Die Ausgangslage ist einfach zu skizzieren. «Wir brauchen nur einen Punkt», sagte Kovac. Schon ein Unentschieden würde dem Tabellenführer der Gruppe E (10 Punkte) gegen Benfica (4) genügen, um zum elften Mal nacheinander ins Achtelfinale einzuziehen. «Aber wir wollen gewinnen», schob Kovac sicherheitshalber schnell hinterher.

Ein Weiterkommen mit einem Unentschieden würde niemand in München bejubeln. Kovac muss mehr liefern, nachdem Hoeneß am Wochenende ein verheerendes Bild des aktuellen Team-Zustandes gezeichnet hatte. Nach Lissabon wird abgerechnet. «Dann müssen wir uns schon nochmal zusammensetzen, wie es weitergehen soll», hatte Hoeneß angekündigt.

Kovac stimmte dem Präsidenten erstaunlicherweise in dessen Fundamentalkritik umfassend zu. «Letzten Endes ist es ja die Wahrheit. Es ist genau das, was ich auch sage, dass wir Gegentreffer kassieren, die eigentlich nicht passieren dürfen», sagte Kovac: «Wir tun uns alle irgendwo leid. Aber am meisten tut mir in dem Fall Manuel Neuer leid, der gefühlt 20 Schüsse in dieser Saison aufs Tor bekommen hat und 17 Mal hinter sich greifen musste.»

Der Coach geißelt die Gegentore als Kardinalproblem, auch wenn Hoeneß insgesamt «schlechten Fußball» anprangerte. «Das Angreifen ist das Schwierige im Fußball, das Verteidigen ist relativ einfach in Anführungsstrichen.» Warum gelingt es ihm dann aber seit Wochen nicht, taktisch und personell für defensive Stabilität zu sorgen?

Keine 150 Tage nach dem Amtsantritt wird in München jedenfalls schon mehr über eine Zukunft ohne Kovac als die Gegenwart mit ihm diskutiert. Nachfolger werden gehandelt, von der großen Lösung Zinedine Zidane (dreimal mit Real Madrid Champions-League-Gewinner) über den ehemaligen Leipziger Ralph Hasenhüttl bis hin zu Arsène Wenger. Der Elsässer war bis zum Sommer 22 Jahre lang Trainer des FC Arsenal. Inzwischen fühlt sich der 69-Jährige bereit für eine neue Aufgabe.

Die Bayern wollten Wenger schon einmal verpflichten, Anfang der 1990er-Jahre, als er beim AS Monaco tätig war. «Es ist leider nicht zustande gekommen damals, weil er sich anders entschieden hat», berichtete Rummenigge im Frühjahr 2017 vor einem Spiel in London gegen Arsenal. Rummenigge sagte damals aber auch: «Ich habe persönlich ein sehr gutes Verhältnis zu Arsène Wenger, den ich sehr schätze seit langer, langer Zeit.»

Es wäre die klassische Münchner Pendelbewegung auf dem Chefposten. Das Experiment mit einem jüngeren, aufstrebenden Trainer scheitert - als Reaktion kommt eine Respektsperson. Ein Typ wie Jupp Heynckes, international erfahren, den Umgang mit Stars und Diven gewohnt. Einer eben, der ins überalterte Bayern-Starensemble nochmal Zug bringt. Neben Kovac sind auch die Münchner Profis gegen Benfica am Zug.

«Es zählt nur eines - gewinnen. Wir brauchen Erfolge», sagte Arjen Robben. «Man muss jetzt nicht weglaufen, sondern aufstehen und weitermachen. Es geht weiter im Fußballgeschäft.» Und dieses ist so gestrickt, dass es bei Misserfolg als erstes den Trainer erwischt.

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