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Die Zukunft der Region steht im Zentrum

Stellen sich bei der Online-Podiumsdiskussion des Ludwigsburger CDU-Wirtschaftsrates den Fragen: Andrea Wechsler (CDU, oben link), Silke Gericke (Grüne, oben rechts), Stefanie Knecht (FDP, unten links) und Colin Sauerzapf (SPD, unten rechts).Fotos: W
Stellen sich bei der Online-Podiumsdiskussion des Ludwigsburger CDU-Wirtschaftsrates den Fragen: Andrea Wechsler (CDU, oben link), Silke Gericke (Grüne, oben rechts), Stefanie Knecht (FDP, unten links) und Colin Sauerzapf (SPD, unten rechts).
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Kandidaten von den Grünen, CDU, SPD und FDP diskutieren beim Wirtschaftsrat vor der Landtagswahl über Ziele für die nächste Legislaturperiode

Ludwigsburg. Der Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg tritt in seine Endphase ein. Vier Kandidaten aus dem Wahlkreis Ludwigsburg – von den Grünen, der CDU, SPD und der FDP – haben bei einer Online-Podiumsdiskussion des CDU-Wirtschaftsrates darüber debattiert, welche Weichen für die Zukunft des Landes in der kommenden Legislaturperiode gestellt werden müssen. Silke Gericke (Bündnis 90/Die Grünen), Professor Dr. Andrea Wechsler (CDU), Colin Sauerzapf (SPD) und Stefanie Knecht (FDP) stellten sich den Fragen von Moderator Dr. Peter Wende, dem Sprecher der Wirtschaftsrat-Sektion Ludwigsburg, und präsentierten die Schwerpunkte ihrer Wahlprogramme.

Neben dem Umgang mit der Covid-19-Pandemie, in der die Länder eine große Rolle spielen, ging es auch um Herausforderungen etwa in Bezug auf Transformation in der Wirtschaft, Digitalisierung, Infrastruktur und den Klimawandel. Auch in den Landkreisen müssten Themen wie die Mobilität, die Ausweitung der Verkehrsanbindung und die digitale Infrastruktur vorangetrieben werden, so der Tenor. Die Zukunft der wirtschaftsstarken Region bildeten in der Diskussion den einen Schwerpunkt, die Themen Wohnen und Wohnraum den anderen.

Wirtschaft und Unternehmen:

„Es gibt gerade drei große Herausforderungen“, sagt Andrea Wechsler. „Wie kriegen wir die Innenstadt, die Einzelhändler durch die Coronakrise? Wie schaffen wir es, etablierte mittelständische Familienunternehmen in der Transformation hin zur Klimaneutralität zu unterstützen? Die Dritte: Wie schaffen wir es, neue Geschäfts- und Innovationsfelder mit zu unterstützen und die Technologieintensität in Baden-Württemberg zu erhalten?“ „Wir müssen im Bereich der Datenwirtschaft, der Künstlichen Intelligenz und Plattformen nachziehen“, sagt Wechsler. „Wir haben im Wahlprogramm ein Innovationsprogramm von 500 Millionen Euro aufgelegt. Wir unterstützen den Mittelstand und wollen die Achse zwischen Wissenschaften und Wirtschaft stärken und Informationsabflüsse aus der Wissenschaft in die Firmen fördern. Wichtig ist, dass wir uns der jungen Unternehmen annehmen.“ Schwächen gebe es bei der Akquirierung von Wagniskapital.

„Eine Transformation wurde durch Corona beschleunigt, und das ist die Transformation in unseren Innenstädten“, betont Silke Gericke. Diese habe schon vorher durch die Digitalisierung und das Internet-Shopping für die Händler gezeigt: „Wir sind in Baden-Württemberg auf einem guten Stand, den wollen wir halten.“ In den letzten zehn Jahren sei viel auf den Weg gebracht worden, sagt sie mit Blick auf die Digitalisierungsoffensive des Landes. „Wir haben auch eine Milliarde Euro in den Breitbandausbau fließen lassen. Da werden wir auch weiter investieren.“ Manche Bereiche im Landkreis seien deutlich abgehängt. „Da müssen wir ran.“ In der Krise müsse man investieren, „Das haben wir Grünen uns bis 2024 auf die Fahnen geschrieben“, sagt Gericke mit Blick auch auf die Einhaltung der Schuldenbremse. Man müsse ein Programm schnüren, den Einzelhändlern „regionale Internetplattformen“ an die Hand geben, „die über die Kommunen oder die Landkreise mit gesteuert werden können“.

„99 Prozent der Unternehmen beschäftigen weniger als 200 Mitarbeiter“, führt Stefanie Knecht aus. Baden-Württemberg und die Region verdanken ihren Wohlstand der Industrie, der mittelständischen Wirtschaft und dem leistungsstarken Handwerk. Damit dies so bleibe, brauche man einen „Abbau unnötiger Bürokratie, eine weitsichtige Standortpolitik und zügige Verfahren“, wenn Firmen erweitern oder modernisieren wollen. Das Problem in der Region sei, dass keine neuen Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Die FDP wolle an Investitionsgutscheinen für kleine und mittlere Unternehmen festhalten. Die Liberalen wollten auch neue Start-up-Programme auflegen. Ein Zukunftsmarkt sei die klimafreundliche Mobilität. Das Land müsse sich zur echten Technologieoffenheit bekennen, so Knecht, ohne einseitige Fokussierung auf die Elektromobilität oder Verbotsdebatten, um den Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen in der Auto- und Zuliefererindustrie zu verhindern.

„Über ein Thema haben wir noch nicht gesprochen“, so Colin Sauerzapf, „die Infrastruktur.“ Er mache sich keine Sorgen um große Firmen oder Zentren, da sei die Anbindung mit schnellem Internet oder Verkehrsinfrastruktur mit öffentlichen Verkehrsmitteln gegeben. „Aber der Mittelstand, weg von den Zentren wie Ludwigsburg, hat ein riesiges Problem mit Internet und der Anbindung. Da müssen wir investieren.“ Dies könne nur ein Staat, der gut finanziert sei, und kein schlanker Staat. Er sei mit dabei, wenn es um Bürokratieabbau gehe, beim Wohnbau und bei unnötigen Verfahren. Zugleich plädiert er für „kluge Regularien“, um „Firmen zu unterstützen, die ihre Mitarbeiter gut bezahlen und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schaffen“. „Keiner will irgendjemand vorschreiben, was er für ein Auto zu fahren hat“, widerspricht der 23-Jährige der FDP-Kandidatin. Man könne aber nicht vorgaukeln, dass E-Mobilität, Wasserstoff und E-Fuels drei Technologien auf dem gleichen technischen Stand seien.

Wohnen und Wohnraumpreise:

Wohnraum hält Silke Gericke für ein wichtiges Thema. Der Ballungsraum leide unter hohen Mietpreisen. Vor Ort müsse man bezahlbaren Wohnraum schaffen. Auf diese Weise könne man auch gleich Richtung Mobilität denken, weil dann weniger Leute im Straßenverkehr unterwegs seien. „Und wenn er bezahlbar ist, umso besser, dann wohnen die Leute auch gerne vor Ort.“ Bezahlbarer Wohnraum sei aber nur in Zusammenarbeit mit den Kommunen machbar. „Wir sehen in Ludwigsburg ein gutes Beispiel, was gerne als Blaupause im Land rumgezeigt wird. Es wird bei neuen Arealen versucht, den Bereich des sozialen Wohnbaus mit einzubeziehen. So kommen auch die Bauträger zum Zuge, die einen guten Mix anbieten.“ Manche Kommunen hätten solche Möglichkeiten nicht. Die Grünen wollten ihnen unter die Arme greifen, damit sie die Grundstücke erwerben und weitervergeben könnten. Kümmerer und Sanierungsgelder seien weitere Möglichkeiten.

„Wir müssten jährlich 70000 Wohnungen fertigstellen“, sagt Andrea Wechsler mit Blick auf den Wohnraummangel in der Region. Sie verweist darauf, dass die Grünen derzeit in Kornwestheim die Ausweisung eines Baugebiets blockieren. Da sei Reden und Handeln ganz unterschiedlich. Sie betont zugleich, dass das Land nicht in Vorleistung für privates Wohnen gehen könne, „wenn sich jemand was nicht leisten kann“. Klar sei aber, „dass wir in bezahlbaren Wohnraum gehen müssen“. Die Wirtschaftsministerin habe in der vergangenen Legislaturperiode die Wohnraumallianz ins Leben gerufen. Wechsler verweist darauf, dass wir im Land der Häuslebauer „bei der Eigentumsquote in Europa und weltweit eines der Schlusslichter sind“. Die Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb solle daher wegfallen – und für die anderen abgesenkt werden. Eine Mietpreisbremse komme nicht infrage. Wechsler spricht sich für einen Schulterschluss von Land und Kommunen aus.

„Wenn man von sozialen Wohnbauquoten von zehn Prozent redet, wäre das ein Rückschritt und würde die Wohnungskrise verschärfen“, sagt Colin Sauerzapf. In Ludwigsburg gebe es eine Quote von 30 Prozent, selbst bei einer „armen Kirchenmaus wie Remseck“ rede man von 15 Prozent. „Wir brauchen mehr Wohnungen, das bedeutet, dass wir mehr in die Höhe bauen und nachverdichten müssen.“ Als junger Mensch sage er: „Wohnraum zu erwerben, ist für junge Familien, die kein großes Erbe im Kofferraum haben, quasi unmöglich, ohne sich über die nächsten 30 bis 40 Jahre zu verschulden.“ In der heutigen Zeit werde man es nicht schaffen, allein durch mehr Bauen in den Innenstädten, dass nicht nur Gutverdiener dort leben können. Jeder, der ein geringeres oder mittleres Einkommen habe, werde an die Peripherie gedrängt. „Das heißt, wir müssen regulierend eingreifen.“ Zugleich müsse man deregulieren, entbürokratisieren und die Bauordnung entschlacken.

„Eine Mietpreisbremse wird es mit der FDP nicht geben“, erklärt Stefanie Knecht, auch kein Verbot von Eigenheimen. „Mit uns gibt es eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer, aber auch eine steuerliche Freistellung in Höhe von 500000 Euro für den ersten Kauf einer selbst bewohnten Immobilie“, so die Immobilienverwalterin. Staatliche Eingriffe hätten die Liberalen nicht im Programm, aber neue Konzepte. „Wir müssen mehr und günstiger bauen.“ Man sollte das ganze Baurecht „aufräumen und entschlacken“. Auch über die industrielle Modulbauweise sollte man nachdenken, gerade in Gewerbegebieten, oder auch bei der Überbauung von Parkflächen, Lagerhallen oder Einkaufszentren, so Knecht. So könne man auch im Innenbereich mit neuen Bauweisen nachverdichten, die große Vorteile hätten: keine Flächenversiegelung und die Nutzung der bestehenden Infrastruktur. Zudem sei es schnell und günstig. Dazu benötige es Typenbaugenehmigungen für die modularen Bauten.