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Natürliche Kühlanlagen sind Trumpf

Im Stuttgarter Bollwerk-Gebäude baute Kälte Eckert eine Kühlanlage mit 1,5 Megawatt Leistung ein. Fotos: Michael Fuchs/Kälte Eckert/p
Im Stuttgarter Bollwerk-Gebäude baute Kälte Eckert eine Kühlanlage mit 1,5 Megawatt Leistung ein. Foto: Michael Fuchs/Kälte Eckert/p
Kälte Eckert in Markgröningen entwickelt und installiert klimafreundliche Geräte – „Private Solutions“ neues Standbein

Markgröningen. .„Ich mag immer heiße Sommer“, verrät Holger Eckert. Auch als Unternehmer. „Trockene Hitze macht Spaß. Wichtig ist daher, dass die Sommer trocken sind und nicht zu feucht“, betont der 50-Jährige, der mit seinem Bruder Michael das Unternehmen Kälte Eckert führt. „Wir wollen kühlen“, beschreibt er das Anliegen, das Kälte Eckert schon seit fast 60 Jahren antreibt. Die Firmengruppe entwickelt und installiert klimafreundliche und energetisch sparsame Kühlanlagen.

Die Kundenliste der Markgröninger Firma mit insgesamt 103 Beschäftigten, zu der mittlerweile drei weitere Betriebe gehören, liest sich wie das „Who is Who“ der deutschen Wirtschaft: Adidas, BMW, Daimler, Dekra, IBM, die LBBW und Siemens stehen nach Firmenangaben darauf. Auch die neue Dienstleistungszentrale von Lidl in Bad Wimpfen kühlt mit natürlichen Kälteanlagen von Kälte Eckert, ebenso das Deutsche Rote Kreuz, das bei empfindlichen Blutplasmakonserven auf die Anlagen aus Markgröningen vertraut. Hinzu kommen Metzgereien, Schlachthöfe, Bäckereien und Großküchen.

„Wir bauen sparsame Anlagen von 150 Watt, zum Beispiel für Kühlregale in Metzgereien, bis hin zu 1,6 Megawatt starken Kühlanlagen in Fabrik- oder Verwaltungsgebäuden“, sagt Eckert. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen expandiert, im Coronajahr 2020 kletterte der Umsatz auf 15,4 Millionen Euro. „Die Auftragslage ist gut“, erklärt Eckert, „besonders im Projektgeschäft“. Dieses konnte den Bereich Service und Wartung, der wegen der Pandemie einen Rückgang um zehn Prozent aufwies, mehr als ausgleichen. Kurzarbeit hat es bei Kälte Eckert nicht gegeben. „Wir sind auf der Suche nach guten Kälteanlagenmechatronikern“, so der Firmenchef.

Nun hat sich Kälte Eckert mit „Private Solutions“ mitten in der Coronakrise ein weiteres Standbein geschaffen, das Privatkunden anspricht, denn auch diese werden nach mittlerweile drei Hitzesommern in Folge immer heißer auf Klimaanlagen in Haus oder Wohnung. In Oßweil hat das Unternehmen ein Musterhaus eingerichtet, in dem sich Interessierte seit März von Kühlwirkung und Technik unterschiedlicher Anlagen überzeugen können. „Die Leute haben ein großes Interesse, wir hatten schon zwölf Besuche im Haus und 21 Kundenbesuche“, so Eckert. „Ein guter Start für ein neues Standbein“, findet der Kälteexperte.

In die Karten spielt den Markgröningern dabei die EU, die eine sogenannte „F-Gase-Verordnung“ beschlossen hat. Diese legt fest, dass die Menge der klimaschädlichen Kältemittel, die in Europa verkauft werden dürfen, stetig sinken muss. So sind auf die Treibhausgaswirkung der Chemikalien bezogen bis Ende 2029 nur noch 30 Prozent der Kühlmittel zulässig, die 2015 verkauft wurden. „Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil für uns“, sagt Holger Eckert.

So ist das Unternehmen seit über 20 Jahren in der Entwicklung alternativer Kälteanlagentechnik aktiv. „Wir haben in den 90er Jahren als eine der ersten Firmen eine Ammoniakanlage für Gewerbekühlung entwickelt“, betont Eckert. Damals stellte sich heraus, dass Umweltverschmutzung durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zum Problem wurden, auch durch ihre Treibhauswirkung in der Atmosphäre. FKW (synthetische Kältemittel) werden teils heute noch weltweit als Kühlmittel verwendet. Ammoniak gilt dagegen als eines der wenigen klimaneutralen Kältemittel. „Ammoniak kommt aus der Natur und kann in der Natur abgebaut werden“, so der Experte. Neben Ammoniak – für die normale Kühlung – verwendet Kälte Eckert auch Kohlendioxid für die Tiefkühlung bis minus 30 Grad.

Allerdings wird der Platz am Markgröninger Stammsitz knapp. Um expandieren zu können, würden die Eckerts am liebsten das Firmengebäude abreißen lassen, um es durch einen Neubau zu ersetzen. „Wir sind seit mehr als einem Jahr mit der Stadt in Kontakt“, sagt Holger Eckert. „Die Gespräche sind aber extrem zäh und langsam.“ Auch über eine mögliche „Aktivierung eigener Flächen“ denken die Firmenchefs nach. Möglingen habe eine große Fläche im Gewerbegebiet an der Autobahnausfahrt Ludwigsburg Süd angeboten. Allerdings etwas zu groß. Auch aus Freiberg solle es ein Aufnahmeangebot geben. „Eine finale Lösung ist noch nicht in Sicht“, sagt Eckert. Dennoch könnte es möglich sein, dass Markgröningen schon bald ein prosperierendes Unternehmen verliert.

Zusatzinfo:

Durch den erhöhten Lebensstandard seien die Erwartungen an den Komfort in Wohn- und Arbeitsräumen gestiegen, erklärt Holger Eckert den Trend hin zu Klimaanlagen. Ein gutes Gerät – auch energetisch – könne 2500 Euro kosten. Klimaanlagen, die auch für Schlafzimmer geeignet sind, können durchaus auf 4000 bis 5000 Euro kommen. Neugeräte können zum Beispiel auch mit Hepa-Filtern ausgerüstet werden, die Viren, Bakterien oder auch Schimmelsporen zu über 99Prozent herausfiltern.

In Deutschland werden, so die cci Zeitung, jährlich bereits 190000 Raumklimageräte verkauft. Die Marktdurchdringung liegt nach dem Fachblatt in privaten Haushalten noch bei unter fünf Prozent. Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes haben derzeit rund 1,65 Millionen Haushalte Klimageräte. Das sind etwa drei Prozent. Bis 2030 könnte sich der Bestand verdreifachen. Nach der cci Zeitung wird bis zum Jahr 2040 sogar ein Anwachsen des Klimaanlagen-Bestandes auf 2,8 Millionen Geräte erwartet. (dre)