Das ist der neue Bürgermeister von Besigheim
Wer ist der neue Bürgermeister von Besigheim? Meine Kollegin Andrea Nicht-Roth hat ihn getroffen.
Den Bürgern zuhören, Probleme identifizieren und versuchen, sie zu lösen: Das ist das Motto, nach dem Florian Bargmann (38) leben und arbeiten würde, wenn er am kommenden Sonntag in Besigheim zum neuen Bürgermeister gewählt werden würde. Zugehört hat er den Besigheimern in den vergangenen achteinhalb Wochen auf jeden Fall schon mal.
Als zweiter Bewerber hatte der in Tamm lebende Jurist, parteilos und Vater von drei Kindern seine Bewerbung um den Chefsessel im Besigheimer Rathaus abgegeben, praktisch als in der Stadt bis dahin Unbekannter. Dann hat er in den kommenden Wochen dafür gesorgt, dass sich das ändert.
„Ich habe vormittags gearbeitet und nachmittags Wahlkampf gemacht, ich habe jeden angesprochen, der mir über den Weg gelaufen ist“, erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung, „bis Weihnachten wollte ich so bekannt wie möglich werden.“ Warum gerade bis Weihnachten? „An Weihnachten kommen die Familien zusammen und reden miteinander.“ Ein Gesprächsthema sollte dabei sein: Der Kandidat Bargmann.
„Mit offenen Armen empfangen“
Also ist er nach dem Dienst im Finanzamt Ludwigsburg – Bargmann leitet die Abteilung Vollstreckung – mit dem Zug nach Besigheim gefahren und hat an den Türen geklingelt, hat mit den Leuten geredet, hat Feste abgeklappert, war auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs, war beim Blutspenden – und hat vorher noch schnell einen Liter Sprudel getrunken.
Die Erfahrung des gebürtigen Norddeutschen – Bargmann stammt aus Kiel – mit den Schwaben: „Ich bin mit offenen Armen empfangen worden.“ Möglicherweise hat ihm dabei die Erfahrung aus einem anderen Wahlkampf geholfen: Im Vorjahr hatte er als fünfter Kandidat in Tettnang am Bodensee für den Bürgermeisterposten kandidiert, war aus dem Stand auf dem zweiten Platz gelandet, aber in der Stichwahl einer Kandidatin unterlegen. Warum nun also Besigheim? „Weil es uns näher liegt“, sagt Florian Bargmann, „meine Frau stammt aus Tamm und ist hier stark verwurzelt.“ So wirklich habe sie eigentlich nicht wegziehen wollen. Tettnang schön und gut, der Bodensee, der Blick auf die verschneiten Alpen – aber nach dieser Erfahrung standen zwei Dinge fest: Eine mögliche weitere Kandidatur muss im Kreis Ludwigsburg sein („ich wollte keine unglückliche Frau!“) und ein Bürgermeisteramt wäre durchaus eine Option.
Dabei lief Florian Bargmanns Berufsweg auf eine andere Position hin: „Mein nächster Karriereschritt wäre Chef eines Finanzamtes.“ Nach dem Jurastudium in Regensburg, nach der Arbeit in verschiedenen Finanzämtern zwischen Heidelberg und Stuttgart, nach einem Abstecher als Referent im Finanzministerium, nach Promotion in Tübingen (Thema der Doktorarbeit: Die Weiterveräußerung von Fußballtickets) und mehrjähriger Dozententätigkeit an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg, blieb die Frage: Wie soll es weitergehen? „Wenn man auf die 40 zugeht, fragt man sich das“, sagt Florian Bargmann.
Die Antwort gab ein Seminar für angehende Bürgermeister in Calw, das er besuchte. Dort referierten alte Hasen ihres Fachs, besonders engagierte Verwaltungschefs, und berichteten aus ihrem Leben als Bürgermeister. Für Florian Bargmann stellte die Teilnahme an diesem Seminar eine Weiche dar:„Das war genau das, was ich machen will: den Bürgern zuhören, Probleme identifizieren und versuchen, sie zu lösen.“ Und wenn es keine Lösung gibt, zumindest versuchen, zu erklären, warum etwas nicht geht.
Als Außenstehender, als nicht bereits in Besigheim verwurzelter, habe er den offenen Blick von Außen auf die Stadt, glaubt Florian Bargmann, der im Fall einer Wahl „auf jeden Fall“ mit seiner Familie nach Besigheim ziehen würde, denn „das gehört für mich dazu, man muss sich doch mit der Stadt, in der man Bürgermeister ist, identifizieren.“
Einen „realistischen Blick auf Machbares und Nicht-Mögliches“ verbucht er für sich, und die Bereitschaft „Dinge auch mal anders zu machen“. Das hat Florian Bargmann, der sich naturbegeistert nennt, gerne wandert und Ski fährt, vermutlich auch während einer fünfmonatigen Weltreise (zwecks Überstundenabbau) mit Kleinkind und Camper gelernt. Immer Richtung Osten ging es, über Kuala Lumpur, Thailand, Singapur nach Neuseeland, dort eine Alpenüberquerung mit dem Kind in der Rückentrage. „Wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht, lernt man viel – das ist das, was mich ausmacht“, zieht er Bilanz.