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Reaktorunglück
Tschernobyl soll nicht vergessen sein

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Für kranke Kinder in einer Kinderkrebsstation, einer Kleinkind-Intensivstation und einer Poliklinik in Gomel gibt es Hilfe aus Ludwigsburg. Foto: Freunde der Kinder von Tschernobyl Württemberg
Ludwigsburger Verein hilft und hält Erinnerung wach – Gedenkfeier und Gesprächsrunde am 30. Jahrestag nächste Woche

Ludwigsburg. Sie sind nicht vergessen, die Kinder, die unter den Folgen des Atomreaktorunglücks in Tschernobyl leiden. Dafür sorgen Vereine wie „Freunde der Kinder von Tschernobyl Württemberg“. Die evangelische Paul-Gerhardt-Gemeinde in Ludwigsburg unterstützt die Arbeit des Vereins seit seiner Gründung. Dort soll mit einer Veranstaltung am Dienstag, 26. April, zum 30. Jahrestag der Katastrophe das Thema Tschernobyl in den Fokus gerückt werden.

Der Tag, an dem ein Reaktorblock des Kernkraftwerks in der Ukraine in die Luft fliegt, hat sich in das kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt. Auch in Deutschland war die Aufregung groß, wurden Salatbeete umgepflügt und durften Kinder nicht mehr draußen spielen. Aus dem Schrecken ist auch Hilfsbereitschaft entstanden. Klaus Wagner ist einer der Menschen, die sich seit mehr als 20 Jahren in dem Verein „Freunde der Kinder von Tschernobyl Württemberg“ engagieren, der sich als diakonisch-humanitäre Hilfsaktion versteht.

Der heute 60-Jährige hat das Unglück und die Folgen damals bewusst miterlebt. Ihm sei von Anfang an klar geworden, dass man helfen müsse, erzählt er im Gespräch. In den ersten Jahren nach dem Unglück sind Lieferungen auf den Weg gebracht worden. Insgesamt 35 Hilfskonvois wurden organisiert. „Diese Zeit ist jedoch vorbei. Den Schwerpunkt bildet heute die qualifizierte medizinische Hilfe“, so Wagner. In Gomel, 120 Kilometer von Tschernobyl entfernt, werden eine Kinderkrebsstation, eine Kleinkind-Intensivstation sowie eine Kinder-Poliklinik finanziell unterstützt.

Seit 20 Jahren fließt zudem ein großer Teil der Spendengelder – im Jahr 2015 lag das Spendenaufkommen des Vereins bei fast 125 000 Euro – in das Kinder- und Rehazentrum Nadeshda im Norden Weißrusslands. Rund 4000 Kinder jährlich erholen sich dort von den immer noch spürbaren Folgen der Verstrahlung. Christoph Rau, ehemaliger Pfarrer in Kornwestheim, ist nicht nur zweiter Vorsitzender der „Freunde der Kinder von Tschernobyl Württemberg“, sondern arbeitet auch im Vorstand des Vereins „Freunde von Nadeshda in Deutschland“ mit.

Jahr für Jahr werden zwischen 700 und 800 Einzelspenden auf das Vereinskonto eingezahlt. Dass das Spendenaufkommen auch 30 Jahre nach dem Unglück noch so groß ist, liegt für Klaus Wagner an der Verbundenheit mit dem Thema. Regelmäßig werden die Unterstützer über die Aktivitäten von „Freunde der Kinder von Tschernobyl Württemberg“ informiert. Den anderen Grund sieht er in dem großen Vertrauen zum Verein, der unter dem Dach des evangelischen Männernetzwerks angesiedelt ist. „Die Paul-Gerhardt-Gemeinde gehört seit Anfang an zu unseren Unterstützern“, so Klaus Wagner.

Den Jüngeren müsse man mittlerweile erklären, was Tschernobyl überhaupt ist. „Je weiter die Betroffenheit weg ist, desto weniger berührt es die Menschen“, hat der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit festgestellt. Deshalb findet er es umso wichtiger, die Menschen und vor allem die Kinder nicht zu vergessen, die 30 Jahre nach dem Unglück unter den Folgen leiden.

Info: „Tschernobyl – nicht vergessen“, Dienstag, 26. April, ab 19 Uhr, Paul-Gerhardt-Kirche, Friedensstraße 6. Nach der gottesdienstlichen Feier findet eine Gesprächsrunde statt. Gast auf dem Podium ist unter anderem Sergej Koval, Chefarzt der Kleinkind-Intensivstation in Gomel/Weißrussland. Infos im Internet unter www.tschernobyl-kinder-stuttgart.de.