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Untersuchung
Massives Treibhausgas-Leck: Messdaten schon 2024 bekannt

Wolken
Neue Messdaten liegen laut Ministerium noch nicht vor. (Symbolbild) Foto: Thomas Banneyer
Ein Chemiewerk im Großraum Heilbronn steht im Verdacht, deutlich mehr eines klimaschädlichen Treibhausgases auszustoßen als gemeldet. Wie die Behörden auf die Vorwürfe reagieren.

Frankfurt am Main/Bad Wimpfen. Die Hinweise auf ein massives Treibhausgas-Leck in einem Chemiewerk in Baden-Württemberg sind den Behörden schon länger bekannt. Das Umweltministerium erklärte auf Anfrage, dass die Untersuchungsergebnisse von Atmosphärenforschern der Goethe-Universität Frankfurt bereits im Februar vorgestellt und im April vertiefend besprochen wurden. Daraufhin habe das zuständige Regierungspräsidium Stuttgart erste Überprüfungen eingeleitet.

Nach Recherchen von «Spiegel» und ZDF hatten Wissenschaftler ungewöhnlich hohe Konzentrationen des extrem klimaschädlichen Gases Schwefelhexafluorid (SF6) im Großraum Heilbronn festgestellt. Als mögliche Quelle gilt ein Werk des belgischen Chemiekonzerns Solvay im Kurort Bad Wimpfen. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe dem Bericht nach zurückgewiesen. Eine Anfrage dazu blieb unbeantwortet. 

Während der Konzern für das Jahr 2023 56 Kilogramm SF6 gemeldet hat, kamen die Forscher im Schnitt der Jahre 2020 bis 2023 auf rund 30 Tonnen jährlich für die Region. Solvay ist nach eigenen Angaben der einzige SF6-Hersteller in Europa.

Wie gefährlich ist SF6?

SF6 gilt als eines der klimaschädlichsten bekannten Gase. Es ist farb- und geruchlos, für Menschen ungiftig und es brennt nicht. Die globale Emission liege bei 8.000 Tonnen, von denen circa 5.000 Tonnen aus China kommen, so Atmosphärenforscher Andreas Engel von der Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Deutschlandweit liege die Emission bei 100 Tonnen jährlich. 

Genutzt wird es Behördenangaben nach seit ungefähr 1960. Es kommt demnach als Isolier- und Löschgas zum Einsatz und ist sehr langlebig. Als einer der größeren Abnehmer gilt die Sparte «Elektroindustrie und Apparatebau», es kommt aber auch in Schallschutzfenstern vor.

Neue Messergebnisse sollen kommen 

Nach Angaben des Umweltministeriums wurde Solvay im Zuge der behördlichen Überwachung vom Regierungspräsidium Stuttgart zur Durchführung zusätzlicher Untersuchungen aufgefordert. Dabei seien bislang unerkannte SF6-Emissionen identifiziert worden. In enger Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde seien diese Emissionen schrittweise reduziert worden.

Zudem erfolgten laut Ministerium Messungen durch ein externes Institut. Ein abschließender Bericht liege jedoch noch nicht vor. Zu den schon angeordneten Maßnahmen zählt unter anderem der Austausch und die Prüfung von Sicherheitsventilen. Auch die Abluftreinigungsanlage werde überprüft.

Solvay sei außerdem verpflichtet worden, bis Mitte Dezember 2025 ein Konzept zur Eigenüberwachung der SF6-Emissionen vorzulegen. Ziel der Überwachungsbehörde sei es, die Emissionen so schnell und umfassend wie möglich zu reduzieren und zu vermeiden. Unabhängig davon werde geprüft, ob Verstöße gegen Rechtsvorschriften vorliegen und ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

© dpa-infocom, dpa:251204-930-380873/1