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Entsorgung
Fronten am Froschgraben verhärtet

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Im Streit um die Laufzeitverlängerung der Deponie Froschgraben mit der Gemeinde Schwieberdingen setzt die kreiseigene Abfallverwertungsgesellschaft AVL auf eine einvernehmliche Lösung. Doch die scheint in weiter Ferne zu sein.

Schwieberdingen. Wenn sich der Schwieberdinger Gemeinderat heute Abend um 19 Uhr zu seiner vorletzten Sitzung in diesem Jahr trifft, ist Feuer garantiert. Nicht weil die Kommunalpolitik eine Information zur neuen Bushaltestelle beim Autozulieferer Bosch erwartet oder über eine Änderung des Flächennutzungsplans mit dem Nachbarn Hemmingen zu entscheiden hat – sondern weil es um die AVL geht und deren Plan, die Deponie am Froschgraben länger zu betreiben als bislang angekündigt. Und zwar bis 2033 oder darüber hinaus (wir berichteten mehrfach).

In Schwieberdingen hat der Mediziner und Sprecher der Interessengemeinschaft Deponien Schwieberdingen-Horrheim, Dierk-Christian Vogt, nachgerechnet. „Es kann nicht sein, dass die Empörung über die Deponie in die vierte Generation geht“, sagt er unserer Zeitung. Bereits in den 50er Jahren diente das Flurstück Froschgraben als Müllkippe, seit 1999 als Erd- und Bauschuttdeponie.

So wie Vogt geht es derzeit vielen Menschen in Schwieberdingen. Der Bürgermeister Nico Lauxmann lehnt eine Verlängerung der Laufzeit ebenfalls kategorisch ab und beruft sich auf Zusagen des Landkreises und der AVL, die eine komplette Schließung der Deponie „deutlich und mehrmals in Aussicht gestellt“ hätten – und zwar für 2025 plus oder minus zwei Jahre. In einer Vorlage an seinen Gemeinderat schreibt Lauxmann: „Die getroffenen Zusagen sind in zahlreichen Anschreiben, Präsentationen und Publikationen nachzulesen.“

Damit meint der Schwieberdinger Bürgermeister auch den Landrat und AVL-Aufsichtsratschef Rainer Haas. Doch der ist zum Jahresende weg. Sein Nachfolger Dietmar Allgaier, wie Lauxmann CDU-Mitglied, äußerte sich in einem Interview mit unserer Zeitung gestern dagegen wachsweich. Alle Beteiligten müssten an einen Tisch, derzeit gebe es keine Alternativen zu Schwieberdingen, es gelte einen Kompromiss zu finden. Dann aber sagte Allgaier: „Wenn es Zusagen der AVL gegeben hat, dass die Deponie geschlossen wird, haben diese auch einen Wert.“

Das Problem am Froschgraben ist: Die Anlieferungsmengen zeigen offenbar seit mehr als zwei Jahren nach unten – aus zwei Gründen. 2016 entscheidet die AVL, das Einzugsgebiet ihrer Deponien in Schwieberdingen und Vaihingen-Horrheim auf den Kreis und die Region Stuttgart zu begrenzen. Darüber hinaus werden die Kapazitäten im Land knapper, was zu höheren Preisen führt. „Wir haben einen Paradigmenwechsel vollzogen“, sagte der AVL-Geschäftsführer Tilman Hepperle vergangene Woche unserer Zeitung – und das prognostizierte Verfülldatum auf 2033 geändert. Aus Sicht der Interessengemeinschaft und des Mediziners Vogt ist das Problem mit den rückläufigen Einbaumengen selbst gemacht. „Die AVL steuert das ja über den Preis“, so Vogt.

Er erwartet nun, dass der AVL-Aufsichtsrat die Geschäftsführung auffordert, Wort zu halten, ein verbindliches Enddatum am Froschgraben festzulegen und einer Verfüllung zu niedrigeren Preisen zuzustimmen. „Hierdurch würde der AVL und damit dem Landkreis zweifelsfrei Geld verloren gehen. Der finanzielle Gewinn auf Kosten der Schwieberdinger ist aber bislang schon immens.“

Der Bürgermeister erneuert unterdessen seine Ankündigung, den Sachverhalt einer juristischen Prüfung zu unterziehen. Das gelte auch für die Überlegungen der AVL, am Froschgraben womöglich einen zentralen Wertstoffhof für den gesamten Landkreis zu bauen. „Wir lehnen Investitionen zur Ansiedlung neuer Aufgaben und Angebote ab“, sagt Lauxmann, „da sonst mit einer zusätzlichen Verlängerung der Deponielaufzeit zu rechnen ist.“

Zu erwarten ist, dass sich im Gemeinderat heute Abend eine Mehrheit hinter dem Rathauschef versammeln wird, auch wenn einigen Lauxmanns Vorgehen zu zaghaft ist. Dazu gehört die Aktive Bürgergemeinschaft (ABG) und ihr Ratsherr Mark Schachermeier. Er fühlt sich nach eigenen Angaben als AVL-Marionette und an der Nase herumgeführt. „Wir brauchen eine rigoros-nachhaltige Handlung für Schwieberdingen und die Bürger, sprich die Beendigung der Zusammenarbeit“, sagt Schachermeier.

Doch so einfach ist es wohl nicht. Die Flächen am Froschgraben gehören der kreiseigenen Abfallverwertungsgesellschaft – und der Geschäftsführer Hepperle, der seit 2017 am Ruder ist, und der neue Landrat Allgaier streben eine zeitnahe Entscheidung an. Anders stellt sich die Lage am Burghof in Horrheim dar, wo die Stadt Vaihingen Eigentümerin ist. Der Experte Vogt sagt: „Hier besteht übrigens immer noch die größte Restkapazität in ganz Baden-Württemberg.“