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Sommerserie
Gasthaus Storchen mit Fotoatelier

Die Geschichte des Gasthauses Storchen geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Fotos: Holm Wolschendorf
Die Geschichte des Gasthauses Storchen geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Foto: Holm Wolschendorf
In einer großen Serie stellen wir die schönsten und traditionsreichsten Gasthäuser im Kreis Ludwigsburg vor. Von Adler in Asperg bis Ratsstüble in Besigheim. Oft dazu: das Lieblingsrezept aus der Küche zum nachkochen und genießen.

Bietigheim-Bissingen. Aktuell hat der Storchen geschlossen. Zu wenig Personal und dann auch noch Sommerferien. Ende dieser Woche wird wieder aufgemacht. Daher kann jetzt in aller Ruhe die Geschichte des Wirtshauses erzählt werden, die weit ins 19. Jahrhundert zurückreicht.

Der Storchen war nicht immer eine Gastwirtschaft. Zu Beginn seiner Geschichte war es ein gewöhnliches zweistöckiges Wohnhaus, das der Werkmeister Christian Bälz im Jahre 1872 gebaut hat. Doch schon ein Jahr später kaufte es der Wirt Christian Mannsperger. Er hat dem Wirtshaus vermutlich auch seinen Namen gegeben. Im Bietigheim-Bissinger Stadtarchiv ist dieser allerdings erst im Jahre 1877 erwähnt. Über die nächsten Jahrzehnte wechselten immer wieder die Besitzer und der Storchen hat kaum Spuren in der Bietigheimer Ortsgeschichte hinterlassen.

Die Situation in der Enzaue muss man sich in der Vergangenheit ganz anders vorstellen. Die Bundesstraße 27 wurde erst vor rund 100 Jahren an dieser Stelle gebaut. Der Verkehr floss damals noch über die Enzbrücke, vorbei an der Krone und dann weiter in Richtung Besigheim und Löchgau. Doch der Storchen lag günstig an der Strecke zwischen Altstadt und Bahnhof und konnte auf Laufkundschaft hoffen.

Im Jahr 1899 wurde in dem Gasthaus ein „fotographisches Atelier“ eingerichtet. Im gleichen Jahr trifft sich auch der Verband der Fabrikarbeiter im Storchen –ob zum ersten Mal ist allerdings unbekannt. Erwähnt ist in den Büchern auch, dass im Jahr 1899 ein Fräulein Anna Pastory, eine Bügellehrerin, einen Kursus in Glanz- und Neubügeln gab.

Vereine trafen sich gern im Gasthaus an der Enz. Der Turnverein und der Krankenunterstützungsverein waren regelmäßig zu Gast. Doch mit dem Ersten Weltkrieg wurde es auch für den damaligen Wirt J. Bechtle immer schwieriger. „Seit Anfang des Krieges arbeitet er aushilfsweise in Ludwigsburg in der Niederlassung der Stuttgarter Tivolibrauerei. Als er gestern an einem Bieraufzug beschäftigt war, verunglückte er so schwer, daß der Tod kurze Zeit hernach eintrat. Die Todesnachricht wurde hier allgemein mit großem Bedauern aufgenommen“, hieß es in Bietigheim im Jahr 1916.

Dann wechselten wieder die Besitzer und der Storchen verschwindet ganz aus den Aufzeichnungen des Stadtarchivs. In den 1970er und 1980er Jahren war er bei der Jugend in Bietigheim sehr beliebt.

Seit dem Jahr 2013 haben die beiden Brüder Alexander und Christian Wentz den neuen Storchen. Er liegt jetzt in den Anlagen an der Enz und hat einen gepflegten Biergarten. Drinnen und draußen sind jeweils 100 Sitzplätze, da muss schon alles wie am Schnürchen laufen. Das geht nur mit ausreichend Personal und genau das ist das Problem. „Es war schon vor Corona problematisch, jetzt ist es noch schwieriger. Daher mussten wir jetzt im Sommer auch zumachen. Ein Großteil unseres Personals macht Urlaub, das können wir nicht mehr ausgleichen“, klagt der Wirt Alexander Wentz.

Ansonsten ist er zufrieden mit seinem Lokal. Der Storchen laufe seit dem Eröffnungstag gut, doch zuvor habe man drei Monate lang putzen müssen. Es habe einfach zu viele Pächterwechsel in der Zeit zuvor gegeben. Alexander Wentz wusste, auf was er sich einließ, schließlich ist er gelernter Hotelfachmann und war in ganz Deutschland tätig. Sein Bruder Christian war zuvor bei einer Bank beschäftigt, doch auf diese Tätigkeit hatte er schon lange keine Lust mehr. Eines Tages gingen die beiden an der Enz entlang und entdeckten ein Schild: Für den Storchen wurde ein neuer Pächter gesucht. Die beiden Brüder waren sich schnell einig, doch es dauerte noch zwei Jahre bis der Vertrag unter Dach und Fach war.

Heute bieten sie schwäbisch-österreichische Küche, denn die Mutter stammt aus der Alpenrepublik. Die beiden Brüder fühlen sich der Tradition des Gasthauses sehr verbunden. Und sie haben Erfolg. Inzwischen kommen Firmen aus Bietigheim und Bissingen ebenso wie die Vereine. Alexander Wentz: „Wir sind inzwischen gut angekommen. Man muss ehrlich mit den Menschen und den Gästen umgehen, dann läuft das. Und am 19. August machen wir ja wieder auf.“

Rezept: Cordon bleu mit rohem Schinken

Cordon bleu ist ein gefülltes Schnitzel. In diesem Fall nimmt man ein Schweineschnitzel und klopft es erst einmal platt. Das geht am besten mit einem breiten Küchenmesser. Dann wird das Fleisch mit Salz und Pfeffer gewürzt. Jetzt kommt die Füllung: Dafür wird Käse und Schinken verwendet. In der Regel nimmt man gekochten Schinken, das Gasthaus Storchen im Bietigheimer Bürgergarten verwendet allerdings rohen Schwarzwälder Schinken. Das gibt dem Cordon bleu einen ganz besonderen Geschmack. Im Anschluss wird das Schnitzel mit zwei bis drei Holzspießchen oder Zahnstochern verschlossen. Jetzt kommt die Panade. Dazu werden in drei großen Tellern Semmelbrösel, Mehl und aufgeschlagene Eier verteilt. Die Menge ist von der Anzahl der Schnitzel abhängig, die zubereitet werden. Dann wird das Fleisch zuerst im Mehl gewendet, dann geschieht der gleiche Vorgang mit den Eiern und am Schluss wird alles in die Semmelbrösel getunkt. Die Brösel werden schließlich leicht angedrückt. Jetzt kommen die Cordon bleu in eine große Pfanne und werden mit Butterschmalz rund zehn Minuten auf jeder Seite gebraten. Auf Küchenpapier kurz abtropfen lassen und fertig. Im Storchen werden dazu Bratkartoffeln und Preiselbeeren serviert. (fe)

Info: Bildergalerie unter www.lkz.de. Die nächste Folge am Mittwoch: Gasthaus zur Krone in Löchgau.