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Streit um Werkstatt
Karten werden neu gemischt

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Das höchste Verwaltungsgericht im Südwesten rollt seit gestern einen Rechtsstreit um Lärmschutz an der Strohgäubahn wieder auf, den sich der Kreis mit einem Anwohner in Korntal liefert. Einblicke in einen Fall, bei dem es am Ende einen Sieger geben wird – aber alle verlieren könnten.

Korntal-Münchingen. Der Kläger. Am Dienstagnachmittag um 15.30 Uhr stehen alle in Thomas Herwigs kleiner Wohnküche, die nur wenige Meter von der Werkstatt der Strohgäubahn in Korntal entfernt liegt. Die drei Richter des Verwaltungsgerichtshofs (VGH), die aus Mannheim angereist sind. Die Strohgäubahnmanager Axel Meier und Ralf Rotermund mit ihrer Anwältin Verena Rösner. Eine Vertreterin des Regierungspräsidiums und Gutachter. Wenn einer spricht, während eine Strohgäubahn oder eine S-Bahn heranrauschen, versteht niemand mehr etwas.

Seit Jahren kämpft Thomas Herwig, der Unternehmer, der auf seinem Gelände einen Autohandel führt und einem griechischen Imbiss Platz bietet, um den Bau einer Lärmschutzwand. Vor zwei Jahren entscheidet der VGH zu seinen Ungunsten. Doch das Bundesverwaltungsgericht rügt diese Entscheidung im Sommer 2016. Also befasst sich der VGH erneut mit dem Fall.

Er muss unter anderem die Frage beantworten, ob Herwig auf dem Gelände überhaupt rechtmäßig wohnt – und seine Räume schutzbedürftig sind. Früher hatte die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft an der Weilimdorfer Straße einen Güterschuppen, später entstand hier ein Schrotthandel, der allerdings längst eingestellt ist. Der Vorsitzende Richter sagt zu Herwig: „Wir haben große Zweifel daran, dass die Wohnnutzung Gegenstand der Baugenehmigung war.“

Tatsächlich hat Herwig am Montag in aller Eile einen Bauantrag bei der Stadt Korntal-Münchingen gestellt, um die Wohnnutzung nachträglich zu legitimieren. Landrat Rainer Haas hat während seines ÖPNV-Sommergesprächs bereits im August seine Position klar gemacht: „Der Anlieger wohnt hier zu Unrecht.“

Schwierig könnte es für Herwig werden, wenn es den Strohgäubahnmanagern gelingt zu belegen, dass nachts ein Dauerschallpegel von über 60 Dezibel herrscht. Dann ist von „ungesunden Lebensverhältnissen“ auszugehen, die Wohnen an dieser Stelle ausschließen.

Das Landratsamt. Es bildet mit den Strohgäubahn-Anrainern Korntal-Münchingen, Schwieberdingen, Hemmingen und Ditzingen einen Zweckverband. Der stellt sich bisher auf den Standpunkt, dass durch den Betrieb der Werkstatt kein zusätzlicher Lärm in Korntal entsteht.

Der VGH hat dem Zweckverband gestern aufgetragen, die bisherigen Lärmgutachten nachzujustieren. Ihm ist es bislang offenbar nicht gelungen, belastbare Daten für die Nebenbahn und den DB-Verkehr für das Jahr 2013 vorzulegen. Das ist maßgeblich, weil damals der Planfeststellungsbeschluss für die Werkstatt erging. „Wir sind nicht zu 100 Prozent glücklich mit dem, was vorliegt“, so einer der Richter.

Das Regierungspräsidium ist für den Planfeststellungsbeschluss verantwortlich, in dem definiert ist, was in und um die Betriebswerkstatt passieren darf. „Er sollte aus sich heraus verständlich sein“, sagte der Vorsitzende Richter am Dienstag. Diese Qualität spricht er der Planfeststellung für den Neubau der Betriebswerkstatt ab.

Der VGH muss in Korntal nachsitzen, weil das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung aus dem Oktober 2015 bekanntlich kassiert hat. Der fünfte Senat nahm sich gestern einen Tag lang Zeit, um die Rechtslage auch vor Ort zu debattieren. Am Nachmittag sagte der Vorsitzende: „Es ist noch keine Entscheidungsreife entstanden.“

Info: Die Verhandlung wird am 22. November in Mannheim fortgesetzt.

 

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