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Glemstalschule
Kleine Fledermäuse verzögern Großprojekt Glemstalschul-Sanierung in Schwieberdingen

Die Glemstalschule sollte eigentlich ab Herbst saniert werden – doch der Start verschiebt sich nun um mindestens ein Jahr. Archivfoto: H. Wolschendorf
Die Glemstalschule sollte eigentlich ab Herbst saniert werden – doch der Start verschiebt sich nun um mindestens ein Jahr. Foto: H. Wolschendorf
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Vor den ersten Arbeiten für die langersehnte Sanierung der Gemeinschaftsschule wurden 40 Zwergfledermäuse in der Fassade entdeckt. Der Fund hat erhebliche Auswirkungen auf das Projekt, das nun erst ein Jahr später starten kann und teurer wird.

Schwieberdingen. „Eigentlich ist sie ja ganz süß“, sagt Schwieberdingens Bürgermeister Nico Lauxmann, als er bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz ein Foto einer Zwergfledermaus präsentiert. Das Tierchen sitzt zur Veranschaulichung der Größe auf einem Daumen – und da wäre es Lauxmann und seinem Hemminger Kollegen Thomas Schäfer auch viel lieber. Doch die Schwieberdinger Zwergfledermaus bevorzugt die Fassade der Glemstalschule und fühlt sich dabei so wohl, dass sie auch ihren Nachwuchs dort bekommt. Gleich 40 Exemplare wurden im Herbst vor dem geplanten Start der Sanierung und dem Bau eines weiteren Gebäudes entdeckt – alle Zeit- und Kostenpläne für das größte Projekt beider Kommunen sind damit erst mal hinfällig, der Schock ist groß.

Denn die Zwergfledermaus ist zwar die häufigste Fledermausart in Deutschland, gilt aber als bedroht und unterliegt einem besonders strengen Schutz. Und das spüren nun die Schwieberdinger Bau-Verantwortlichen. Denn einfach so die drei Zentimeter kleinen Löcher in der rückwärtigen Fassade stopfen, während die Bewohner gerade im Winterquartier sind, geht nicht und steht unter Strafe, weil es sich um Wochenstubenkolonien handelt, so Schäfer. „Das ist eine verschärfte Situation.“ Bis vor kurzem noch, bis zu einem Gespräch mit dem Regierungspräsidium (RP), dachte man, man könne den – in dieser Form landesweit bislang kaum einmal so aufgetretenen – „Fledermausbefall“ kurzfristig lösen.

Geschätzte Mehrkosten: 1,8 Millionen Euro

Nun aber müssen rasch Ersatzquartiere an der benachbarten Hermann-Butzer-Schule her, wohin die Fledermäuse mit Duft und Geräuschen gelockt werden sollen. Allein diese Maßnahme kostet geschätzt 120000 Euro, „umgerechnet 3000 pro Tier“, so Lauxmann. Und das ist nur einer der kleineren Posten, den der Gemeindeverwaltungsverband als Schulträger in einer Sondersitzung nächsten Mittwoch absegnen soll. Dazu kommen Kosten für die Umplanungen und weil die Interimscontainer später aufgestellt und spezielle Mitarbeiter, wie etwa der Sicherheits- und Gesundheitskoordinator, länger beschäftigt werden müssen.

Und das trifft die Verantwortlichen auch stärker als die derzeit geschätzten Mehrkosten von 1,8 Millionen Euro, die zum Teil aufgefangen werden. Denn statt in diesem Herbst kann man erst ein Jahr später mit den Arbeiten am Bestandsgebäude loslegen, Erschütterungen sind nun absolut keine mehr erlaubt – obwohl das bislang die Tiere nicht störte, so Schulleiterin Silke Benner. „Ich bin überrascht, dass die sich bei uns so wohlfühlen, angeblich mögen die Fledermäuse ja keinen Lärm.“

Sorgen wegen Entzug der Förderung und noch längerem Baustopp

Doch auch der neue Starttermin für die Sanierung – der für den Neubau ab Sommer ist davon unberührt – ist nicht gesichert, denn wenn bis Frühjahr 2023 nicht nachgewiesen werden kann, dass die Maßnahmen erfolgreich waren, könnte das RP noch ein weiteres Jahr jegliche Bautätigkeit am Gebäude untersagen. Mit weitaus schwerwiegenderen Folgen: Denn für den hohen energetischen Standard soll es 4,5 Millionen Euro KfW-Förderung geben, aber nur, wenn das Projekt fristgerecht abgeschlossen ist – eine Verlängerung werde man auf jeden Fall beantragen, so die Bürgermeister. Fiele dieser Betrag weg, wäre das bitter und könnte auch nicht von einem möglichen neuen Förderprogramm aufgefangen werden, zudem habe man nach früheren Optimierungen keine Einsparpotenziale mehr für das bis dato 28 Millionen Euro schwere Bauprojekt, zählen die Bürgermeister auf.

Sie betonen zwar immer wieder, wie wichtig der Artenschutz sei, und dass man alles tue, was nötig sei, um die „nicht gerade als umzugswillig bekannten Tiere“ umzusiedeln. Aber wenn sich weitere Verzögerungen ergeben sollten, mit noch dramatischeren Folgen, müsse man diskutieren, was wichtiger sei: der Artenschutz oder der Klimaschutz, die 40 Zwergfledermäuse oder die 500 Schüler samt 60 Lehrer. Diese Punkte werde man auch in einem Jahr beim RP vorbringen, wenn es um Ausnahmegenehmigungen für den Baustart geht. Denn: „Wir sind bereit, nun Geld zu geben, aber das muss in einem vernünftigen Rahmen bleiben“, so Schäfer. „Der Baustart im Herbst 2023 muss politische Zielsetzung sein.“ Da stünden auch die Gemeinderäte dahinter, die am Montag informiert wurden und sich einig seien, dass das Projekt nicht infrage gestellt wird, über das so lange diskutiert und gestritten wurde. Man sei angesichts der Vorgeschichte so glücklich gewesen, als es endlich grünes Licht gab und mit dem Generalübernehmer Goldbeck vereinbart werden konnte, ein Jahr früher als mal geplant fertig zu werden. „Wir haben das gefeiert“, sagt Silke Benner – bis nun die schlechte Nachricht kam. „Das ist so schade, das Projekt lief doch so gut.“

Immerhin habe man etwas Glück im Unglück, nämlich dass man die Untersuchungen vorab gemacht habe, ein Stopp während der Bauarbeiten wäre noch teurer geworden, so Lauxmann und Schäfer. Und eigentlich sei es ja auch eine gute Nachricht, dass es an der Glems so eine Artenvielfalt gebe – wenngleich das natürlich nicht an der Schulfassade sein müsse.