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Kinder
Untiefen fürs Schwimmenlernen

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Die Nachfrage nach Kursen ist zu groß für das Angebot, angesichts sinkender Wasserzeiten für die Anbieter. Und auch privat können Eltern ihren Kindern nicht überall so leicht schwimmen beibringen.

Korntal-Münchingen. Die Verärgerung ist groß bei dem Mann aus dem Badischen, auch Tage später noch: Bei einem Familienbesuch in Münchingen wollten seine Frau und seine Schwägerin mit der Tochter im Freizeitbad schwimmen üben. Doch dazu kam es nicht, denn kaum dass das Trio ins Wasser gestiegen war, wurde es von den Aufsichten auch wieder herausgeschickt. Denn in einem Schwimmerbecken dürften, selbst wenn Erwachsene direkt dabei sind, keine Nichtschwimmer sein. Dem Kind sei dabei sogar indirekt Angst vor dem großen Becken gemacht worden. Die Verärgerung hält deshalb an, weil ihnen das bislang noch in keinem anderen Bad passiert sei. Und weil man auch erfahren habe, dass die Schwimmschule im Freizeitbad vorerst keine neuen Interessierten mehr aufnehme und es auch keine Wartelisten gebe. „Das heißt, dass derzeit wenig bis keine Möglichkeiten bestehen, dass ein Kind in organisierter, fachlich angeleiteter Form das Schwimmen erlernt. Umgekehrt werden aber Eltern, die mit ihren Kindern zum Schwimmenüben kommen, im übertragenen Sinn Knüppel zwischen die Beine geworfen?“, fragt Florian Knapper.

Ein Einzelfall, der aber durchaus öfters vorkommen kann. Zum einen, weil sich für die Bademeister bei einem Unfall die Haftungsfrage stellt – darauf weist auch die Leiterin des Freizeitbads auf LKZ-Anfrage hin, weshalb sie streng auf die Hausordnung achteten und Nichtschwimmer in das Lehrschwimm- oder das Außenbecken verweisen. Und das bestätigt ebenso Frank Dautel, Leiter der Ausbildung beim DLRG-Kreisverband. Denn selbst wenn Eltern die Aufsichtspflicht haben, würde im Fall des Falles doch zunächst auf die Profis am Beckenrand gezeigt. Zumal es bei einem Becken mit einer Tiefe von bis zu 3,6 Metern wie in Münchingen auch für Schwimmer wegen des Auftriebs schwierig werden könnte, ein etwas größeres Kind im Notfall über Wasser zu halten.

Bäderschließungen und Mangel an Lehrkräften

Und auch anderswo könnte sich die Diskrepanz zwischen den Vorschriften für Eltern, mit dem Kind zu üben, und dem gleichzeitigen Mangel an professionellen Gelegenheiten auftun. Zum einen, weil nicht jede Grundschule Schwimmen anbieten kann. Das liegt daran, dass es dazu entsprechend ausgebildete Lehrer braucht, aber auch an den zurückgehenden Wasserzeiten. Denn immer mehr Schwimmbäder werden geschlossen, weshalb auch der DLRG-Bundesverband eine Petition gestartet hat. Besonders drastische Beispiele führte die Organisation bei der Vorlage des DLRG-Jahresberichts 2018 aus Hessen auf, wo man sich in einigen Gegenden gar damit behelfen musste, eine Art Zeltkonstruktion über ein Freibad zu spannen, um in kälteren Monaten Schwimmunterricht anbieten zu können.

Doch auch im Kreis Ludwigsburg gab es in den vergangenen Jahren Bäderschließungen, etwa in Schwieberdingen und Asperg, wo sich sogar eine Initiative mit einem geplanten Bürgerbegehren wehren wollte und nach der Ablehnung im Gemeinderat bis vor das Stuttgarter Verwaltungsgericht gezogen ist. Für die Asperger Schwimmkursteilnehmer sei zwar eine mögliche Abhilfe geschaffen worden, doch ideal ist die laut Frank Dautel nicht. Denn die Alternative mit dem Lehrschwimmbecken in Neckarweihingen, wo die DLRG-Ortsgruppe nun zwei Kurse für ihre früheren vier Schwimmgruppen abhält, sei nicht für jeden leicht erreichbar. Auch in Gerlingen gebe es deutlich mehr Nachfrage als Angebote, sagt er über seine Heimatstadt, dort habe sich vor allem die Schließung des Feuerbacher Hallenbads für eine umfassende Sanierung bemerkbar gemacht. Das Schwimmangebot mangels Bad ganz aufgegeben hat die GSV Hemmingen. Andernorts, wie in Bietigheim, werde nach dem Windhundprinzip vergeben. Das könne dann problematisch sein, wenn ein Kind nach einem Kurs noch nicht schwimmfähig ist, aber für den zweiten lange keinen Platz bekommt. Zwei Jahre Wartezeit, so die Rückmeldung von manchen DLRG-Ortsgruppen, seien keine Seltenheit mehr. „Würden wir nun doppelt so viele Wasserzeiten bekommen, wäre es zwar für manche Ortsgruppen schwierig, auch entsprechend Lehrer für die zusätzlichen Kurse zu stellen“, so Dautel. „Aber wir würden das schon schaffen. Zudem gibt es ja auch noch andere Kursanbieter.“

Daniela Schwarz, Leiterin des Münchinger Bads, nennt aber noch einen weiteren Grund, warum für Vereine und andere Anbieter nicht mehr so viele Zeiten verfügbar sind. „Dass unsere Kapazitäten erschöpft sind, liegt zum einen daran, dass die Kinder immer länger in Kindergarten oder Schule sind und daher können wir zum Teil keine Kurse vor 15 Uhr anbieten.“ Zudem gibt es natürlich noch den öffentlichen Betrieb. Und auf den sind die Kommunen angewiesen, damit die Zuschüsse nicht ausufern. Rund eine halbe Million Euro Miese muss die Stadt Korntal-Münchingen jedes Jahr ausgleichen, und um die steigenden Betriebskosten abzufedern, hat der Gemeinderat unlängst die Erhöhung der Eintrittspreise beschlossen. Das mache man zwar nicht gern, gerade vor dem Hintergrund der abnehmenden Schwimmfähigkeit bei Kindern, so der Tenor. Aber hier seien die Gebäuden nutzerbezogen und es müsste nicht die Allgemeinheit belastet werden, hieß es auch.