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Wildwest in Sersheim: Lagerleben in weißen Tipis

Sheriff „Atze“ (links) mit drei Freunden aus Neuenbürg im Schwarzwald. Foto: Alfred Drossel
Sheriff „Atze“ (links) mit drei Freunden aus Neuenbürg im Schwarzwald. Foto: Alfred Drossel
Das Tipidorf am Waldrand. Foto: Alfred Drossel
Das Tipidorf am Waldrand. Foto: Alfred Drossel
Jedes Jahr pilgern Westernfans nach Sersheim. Foto: Alfred Drossel
Jedes Jahr pilgern Westernfans nach Sersheim. Foto: Alfred Drossel
Das 42. Westerntreffen hat schon an Ostern begonnen. Zusammenkünfte am Feuer oder im Saloon sind ganz nach dem Geschmack der Trapper und Revolverhelden, die im echten Leben Fahrlehrer und Bankangestellte sind.

Sersheim. Ein Baumgrundstück am Eichwald wird für zwei Wochen Heimat für wagemutige Cowboys, Revolverhelden, Südstaateninfanteristen, Trapper und Ladys in schmucken Kleidern. Wildwest pur mitten im Ländle: Zum 42. Mal findet das Westerntreffen mit Schwarzpulverschießen statt. Obwohl die Veranstaltung eigentlich am 1. Mai stattfindet, geht es schon seit Ostern rund in Süddeutschlands größtem Westerndorf auf Zeit.

In den Jahren 1824 bis 1839 trafen sich die Trapper, Indianer und Fellhändler zu einer Handelsmesse an den Quellflüssen von Wind, Bighorn und Sweetwater in Montana und Wyoming. Diese Zusammenkünfte waren berühmt als Informationsbörsen und Zechgelage.

Teilnehmerzahl steigt Jahr für Jahr

Es war dann 1979, als einige Wildwestfans um „Graubart“ Robert Supper begannen, diese Tradition wieder aufleben zu lassen, und auf dem Gelände am Schützenhaus das erste Lager aufbauten. Seither stieg die Zahl der Interessierten und der Begeisterten, so dass die Sersheimer Westerntreffen von Jahr zu Jahr mehr Zuspruch erhielten.

Zeitlich sind diese Treffen in den 1860ern beheimatet, aber die große Fangemeinde, die jedes Jahr zusammenfindet, heißt auch gerne Vertreter anderer Epochen willkommen. Entspannte Tage in einer anderen Zeit verbringen so mehr als 300 Westernfreunde alljährlich in Sersheim.

Coronabedingt ist manches anders

Der jetzt 81-jährige Robert Supper hat das Treffen mit einem Team von rund 20 Leuten wieder vorbereitet. Die Coronapandemie hat die Organisation alles andere als einfach gemacht. „Wir wussten lange nicht, ob und wie das Treffen stattfinden kann“, sagt Supper. Deshalb sei dieses Jahr alles anders als bisher. Das Angebot im Saloon und das Musikprogramm laufe beispielsweise nur auf Sparflamme, so Supper.

Doch schon am Karfreitag wurde am Eichwald spürbar, dass die Westernfans ganz heiß auf das Treffen sind. Sie kamen wie immer in Scharen und bauten ihre Wigwams und Tipis auf, richteten ihre Feuerkochstellen ein und eröffneten ihre Fellverkaufsstellen.

Freudiges Wiedersehen in Sersheim

Der 70-jährige Fell-Siggi aus Walldürn ist schon seit 1978 immer gerne in Sersheim dabei und hat sein Warenhaus gegenüber dem Saloon eröffnet. Manuel Ebel aus Osterburken kommt auch jedes Jahr. Der 40-Jährige hat bei einem früheren Treffen die 30-jährige Lys Koschnitzki aus Thüringen kennengelernt. In Sersheim gab es jetzt ein Wiedersehen.

„Mich fasziniert das Lagerleben“, schwärmt Manuel Ebel im Gespräch mit unserer Zeitung. Für ihn sei es wichtig, Abstand vom Alltag zu bekommen und einfach mal zu entschleunigen. Ebel trägt beim Aufenthalt in Sersheim eine Südstaatenuniform. Er verstehe sich aber mit allen, versichert er.

Seit 40 Jahren ist „Atze“ der Sheriff

Der 55-jährige Fahrlehrer Klaus Jost aus Neuenbürg verbringt jetzt zwei Wochen mit seinen Freunden, dem 65-jährigen Sparkassenmitarbeiter Jerry Boer und dem gleichaltrigen David Brenner, im Lager. „Wir erfüllen uns mal wieder einen Kindheitstraum“, sagt Klaus Jost.

Seit 40 Jahren ist „Atze“ der Sheriff in Sersheim. Zum Einsatz kommt er jedoch nicht, denn den Hobby-Westmännern geht es gemeinschaftlich eher um die Pflege der überlieferten Tradition und das Tragen der Kostüme mit viel Liebe zum Detail – und natürlich um das Lagerleben in den Tipis, vor denen die Feuer lodern.