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Die Königsdisziplin im Modellbau auf dem Fontänensee

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Mitglieder des Schiffmodell-Clubs lassen wieder ihre Boote im Blüba zu Wasser. Das Größte dieses Mal: die Kocher mit 2,10 Meter. Foto: Oliver Bürkle
Bei den Schaufahrten im Blühenden Barock vor der Kulisse des Residenzschlosses sind Nachbauten echter Dampfschiffe zu bewundern – Alle Boote sind Unikate

Ludwigsburg. Taucht „Nessie“ bald im Fontänensee des Blühenden Barock auf? Siegfried Joos baut gerade an einem Modell des schottischen Ungeheuers von Loch Ness. Gestern war er dort vorerst mit seinem ferngesteuerten Schwan unterwegs. Mit knapp 88 Jahren ist der Marbacher Joos das älteste Mitglied des Schiffmodellbauclubs Ludwigsburg. Der Verein lässt seine Nachbauten etwa zehn Mal im Jahr im Südgarten des Schlosses in See stechen. Kinder und Jugendliche dürfen dann auch mal an die Fernsteuerung. Gestern lag der Schwerpunkt aber auf echten Dampfschiffen. Einer Königsdisziplin im Modellbau.

Nachwuchsprobleme hat der Verein, der nächstes Jahr 30. Geburtstag feiert, keine. „Im Ruhestand finden Männer oft die Zeit dazu und ein erfüllendes Hobby“, erklärt Eberhard Busch, zweiter Vorsitzender des Clubs.

In so einem Dampfschiff steckt jede Menge Arbeit: Von der Kiellegung bis zum Stapellauf vergehen rund drei Jahre. Alleine für die Maschine und den Kessel braucht es zwei Jahre. Einen Liter Wasser schluckt der Tank, der mit Gas befeuert wird. „Das reicht für 45 Minuten Fahrt“, sagt Busch. 55 Jahre hat es gedauert, bis sich der Kindheitstraum des heute 76-jährigen Möglingers erfüllt hat. Ihn fasziniert der Umgang mit der Technik und die Spannung vor der Jungfernfahrt ist jedes Mal groß.

In der Werkstatt von Horst Henssler in Asperg werden so nicht nur der Bootskörper und sein Aufbau von Hand gefertigt. Auch die Dampfmaschinen sind Eigenproduktionen. Er ist gelernter Werkzeugmacher und hat entsprechend Ausrüstung im Keller. Eine kleine Werft am Fuß des Demokratenbuckels. Dort wird auf Ingenieursniveau gebastelt.

Alle Boote sind Unikate, in denen hunderte Stunden Arbeit stecken und sie sind unverkäuflich, aber begehrte Fotoobjekte. Auch die Schiffe von Hermann Lehnertz sind Marke Eigenbau. Jedes Jahr baut der 58-Jährige eins und das seit vier Jahrzehnten. Minimodelle im Maßstab 1:100 fertigt er nach Fotos. Das ist filigrane Präzisionsarbeit. Im Großmodell, einem ein Meter langen Feuerwehrschiff, funktioniert alles: Der Wasserwerfer sowie der Kran, den er komplett mit einem Drei-D-Drucker gefertigt hat.

Das größte Modell des Vormittags hat Rolf Schürg aus Neckarsulm mitgebracht. 2,10 Meter misst die Kocher. Ein Nachbau komplett aus Holz der „Stromaufsichtsbehörde“, einem Vorläufer der Wasserschutzpolizei.

Davon, dass sein lebensgroßer schwarzer Schwan am Sonntag ein Leck hatte, lässt sich Siegfried Joos nicht entmutigen. Er hat dem Deko-Dümpler für den Gartenteich aus dem Baumarkt ein Eigenleben einhaucht: Die Augen leuchten, er macht den roten Schnabel auf – und zu. Vor über 40 Jahren hat er seinem Sohn ein Torpedoboot gebaut und seither baut er Modelle. Jetzt tüftelt er an „Nessie“, der Sagengestalt aus dem britischen Hochland. Sie wird sich durchs Wasser schlängeln, verrät der Senior. Und er hofft, dass es noch dieses Jahr mit dem Projekt fertig wird. Dann taucht das legendäre Ungeheuer unerwartet in Ludwigsburg auf und nicht in Schottland.