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Rettungsdienst
Mauertaktik bei Hilfsfristen bröckelt

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Die Geheimniskrämerei um die Rettungsdienst- und Notarzteinsätze im Kreis könnte ein Ende haben. Das wäre der Beharrlichkeit der kleinen Strohgäugemeinde Hemmingen zu verdanken.

Ludwigsburg. Gut 500 Mal rauschten Notärzte und Rettungswagenbesatzungen im vergangenen Jahr nach Hemmingen, um Leben zu retten. Nach Angaben der Integrierten Leitstelle des Kreises waren die Notärzte im Schnitt in 9,3 Minuten am Einsatzort. Das DRK und der ASB brauchten etwas länger: 10,7 Minuten.

Die Zahlen haben das Zeug dazu, einer seit Jahren im Kreis gärenden Debatte eine neue Richtung zu geben. Auslöser sind die sogenannten Hilfsfristen, wonach Notärzte und Rettungswagen in spätestens 15 Minuten am Zielort sein müssen – zumindest in 95 Prozent der Fälle.

Wenn es in den vergangenen Jahren um ortsscharfe Zahlen für die 39 Kreiskommunen ging, brach im Land und Kreishaus allerdings das große Schweigen aus. Landrat Rainer Haas rückte genaue Daten nur nichtöffentlich heraus. Anfragen leitete er an ein Gremium namens Bereichsausausschuss weiter, in dem Vertreter der Krankenkassen und Rettungsdienste sitzen. Beratend wirken der Kreis, die Kassenärztliche Vereinigung, Feuerwehr und Notärzte mit. Erst 2016 blitzte die Gemeinde Hemmingen mit einer Anfrage auf Herausgabe genauerer Daten höflich, aber bestimmt ab.

Nur einmal gelang es dem ehemaligen SPD-Abgeordneten Wolfgang Stehmer, der heute Ratsherr in Hemmingen ist, mit Druck des Landtagspräsidenten präzise Daten aus dem Sozialministerium zutage zu fördern. Das Ergebnis, das bereits mehr als sechs Jahre alt ist: Besonders in Hemmingen, Eberdingen und Teilen Vaihingens sowie des Bottwartals können die Hilfsfristen nicht zufriedenstellend eingehalten werden.

Die Geheimniskrämerei hat nun offenbar ein Ende – und wieder führt der Weg nach Hemmingen. Stehmers SPD und alle weiteren politischen Kräfte vor Ort forderten den Bürgermeister Thomas Schäfer nach der Absage Ende des vergangenen Jahres auf, Druck beim Land zu machen. Das ist mittlerweile passiert. Der Staatssekretär des Innenministeriums antwortete auf einen Brief Schäfers, dass er keine Bedenken habe, wenn der Bereichsausschuss des Kreises ortsbezogene Kennzahlen veröffentliche. Danach traf sich der Bürgermeister mit dem Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes und dem stellvertretenden Geschäftsführer der AOK, beide Mitglieder im Bereichsausschuss. Das Resultat: Die Integrierte Leitstelle des Kreises erfasste die Einsatzzahlen für 2016 und übermittelte sie der Gemeinde Hemmingen.

Diese Praxis könnte künftig allen Kommunen im Kreis Tür und Tor öffnen, nach ortsscharfen Bilanzen für ihre Gemarkung zu fragen. „So verstehe ich jedenfalls das Vorgehen“, sagte Stehmer gestern unserer Zeitung. Der SPD-Politiker sprach am Freitag von einem „großen Fortschritt“. Wunschlos glücklich ist er nicht. „Es stellen sich noch weitere Fragen“, so Stehmer. An dem Papier der Integrierten Leitstelle bemängelt er, dass die durchschnittlichen Anfahrtszeiten der Notärzte und Rettungswagen nicht mit vorherigen Jahren verglichen werden können. Bürgermeister Schäfer räumt zudem ein, dass es „sicherlich Ausreißer gibt, bei der die Hilfsfrist von zehn Minuten bis maximal 15 Minuten nicht eingehalten wird“. Stehmer will wissen, wie stark die Ausreißer sind. Er erhofft sich am kommenden Dienstag Antworten im Hemminger Gemeinderat.

In der Vergangenheit hatte der Kommunalpolitiker immer wieder geunkt: „Gute Zahlen braucht man nicht zu verstecken.“ Gut möglich, dass die Anstrengungen, die der Bereichsausschuss unternommen hat, den Rettungsdienst im Kreis zu verbessern, jetzt greifen. Die Ditzinger Rettungswache (Foto) ist in den vergangenen Jahren ausgebaut worden, am Ludwigsburger Klinikum wurde ein zweiter Notarzt stationiert und im Bottwartal Bereichsnotärzte eingesetzt. Der Hemminger Schäfer ist sich sicher: „Wir sind auf dem richtigen Weg.“