Ludwigsburg. Was in den vergangenen Wochen, wenn nicht Monaten in der Jägerhofkaserne passiert ist, kann durchaus als Operation bezeichnet werden. Elf mächtige Platanen, alle an die 40 Jahre alt, die sich L-förmig im Hof der Kaserne aus dem 19. Jahrhundert anordneten, wurden bereits vergangenes Jahr für ihre Verpflanzung vorbereitet. Dazu wurden die Bäume durch einen Kronenschnitt in Form gebracht, auch die Wurzeln wurden gekappt, damit sich neues Wurzelgeflecht am Ballen entwickelt. Der letzte Kandidat hatte das so erfolgreich getan, dass die Fachleute mit der Säge noch Hand anlegen mussten, um ihn anheben zu können.
Riesengerät für Baumversetzung
Erst dann können die Bäume umgesetzt werden, am Donnerstag war der letzte dran. Dazu hatte die Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL) die nach eigenen Angaben größten Großraumverpflanzungsmaschine Europas mit 38 Tonnen aus der Nähe von Nürnberg anfahren lassen. Kein Wunder: Die alten Bäume haben einen Stammdurchmesser von 50 Zentimeter. Die in Heideck ansässige Firma Opitz hat die Arbeiten geleistet und wird auch die Nachsorge übernehmen.
Und die ist habhaft. Die elf Platanen wurden jetzt in einer Gruppe im nördlichen Bereich des Hofes wieder eingepflanzt. Dazu wurden sie mit Seilen verankert und die Baumscheibe mit Substrat bedeckt, wichtig ist auch eine intensive Bewässerung. Auch, ob sie wirklich angewachsen sind und standfest, muss kontrolliert werden.
Die WBL hatte die Kaserne 2019 nach langen Verhandlungen von der Bundesanstalt für Immobilien gekauft, das letzte Großprojekt aus deren Besitz. Die Ära der Jägerhofkaserne als Militärstandort fand 1994 mit dem Auszug der amerikanischen Armee ein Ende, danach war sie Unterkunft für Aussiedler sowie das DRK.
Bis 2013 sollen dort nach Aussage von WBL-Geschäftsführer Andreas Veit 150 Wohnungen entstehen, davon 70 Sozialwohnungen, die die WBL behalten möchte und die mit 1,75 Millionen Euro über Reduktion des Kaufpreises gefördert werden. Von den übrigen 80 Wohnungen wird ein Teil verkauft, um das Großbauprojekt gegenfinanzieren zu können. Geplant sind auch eine viergruppige Kita und Gewerbe.
Im Innenhof des Quartiers wird eine Tiefgarage mit 215 Stellplätzen entstehen, die auch von Pendlern genutzt werden können sollen. Zuvor waren das alte Heizwerk, Tankstelle, die Garagen und der Schornstein im Hof abgerissen worden. Mit dem Umzug der Platanen steht dem Aushub nichts mehr im Weg.
Mix aus saniert und neu
Zur Gestaltung der Kaserne hat es bereits vor Jahren einen städtebaulichen Wettbewerb gegeben. Das Konzept der Tübinger Architekten sieht vor, die Zwischenbauten der Kaserne aus den 30er Jahren abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen. Die Kasernengebäude aus dem 19. Jahrhundert bleiben dagegen stehen. Anstelle des Daches sollen die Kasernenbauten ein Dachgeschoss in Leichtbauweise erhalten, im Innenhof sind sechs Neubauten geplant, die versetzt zueinander stehen. Dort sollen auch die Platanen wieder eine Heimat finden.