Im Ludwigsburger Klinikum wird seit kurzer Zeit zur Behandlung von Inkontinenz eine innovative Operationsmethode unter Einsatz einer körpereigenen Sehne angeboten. Die Operation wurde im Oktober 2025 weltweit erstmals durchgeführt. Das Zentrum für Frauengesundheit im Klinikum Ludwigsburg ist damit das erste Zentrum, welches dieses zukunftsweisende Verfahren anwendet und damit vielen Frauen neue Hoffnung schenkt. Das schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung.
Aus Scham erst nicht zum Frauenarzt gegangen
Vor drei Jahren beginnt für die zweifache Mutter Sabrina F. (44) eine Zeit, über die sie lange nicht sprechen konnte: Nach der Geburt ihrer Kinder entwickelt sie eine zunehmende Inkontinenz – ein Tabuthema, das sie aus Scham immer wieder vom Gang zum Frauenarzt abhält. „Ich hatte Angst zu lachen, zu niesen oder zu husten, weil dann immer etwas Urin abging. Auch Sport, Trampolinspringen mit den Kindern oder selbst Tanzen waren für mich irgendwann unerreichbare Momente“, erzählt sie noch immer mit etwas Wehmut.
Erst als die Einschränkungen ihren Alltag beherrschen, suchte ihre Frauenärztin auf. Diese überwies sie an das Zentrum für Frauengesundheit am Klinikum, wo der ärztliche Direktor Sebastian Berlit ihr erstmals eine Perspektive aufzeigte: eine Inkontinenz-Operation mit körpereigenem Sehnengewebe.
Ansatz ohne Fremdmaterial
Dabei handelt es sich um ein innovatives Verfahren, bei dem körpereigenes Sehnengewebe anstelle von Kunststoff verwendet wird – ein natürlicher Ansatz, der ohne Fremdmaterial auskommt und deshalb gerade für junge Patientinnen von Vorteil ist. Diese Methode wird derzeit im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie evaluiert.
Kunststoffnetze und -bänder, die bei Beckenbodensenkung und Inkontinenz verwendet werden, geraten zunehmend in die Kritik. In vielen Ländern sind diese Netze verboten worden oder aber deren Einsatz stark reglementiert. Denn, im Gegensatz zu einer körpereigenen Sehne, kann ein Kunststoffnetz vom Körper abgestoßen werden oder zu Unverträglichkeiten führen. Und da ein Kunststoffnetz schon bald mit dem Körper verwächst, kann es bereits nach kurzer Zeit nur noch sehr aufwendig oder gar nicht mehr vollständig entfernt werden.
„Mit der neuen Methode geben wir Frauen mit Inkontinenz, die kein Kunststoffnetz im Körper haben möchten, neue Hoffnung“, sagt Prof. Dr. Berlit.
Hälfte der Oberschenkelsehne entnommen
Bei der erfolgreichen Operation wurde die volle Länge einer Oberschenkelsehne entnommen und statt eines Kunststoffnetzes zur Stabilisierung der Harnröhre eingesetzt. Die Sehne wurde längs gespalten, so dass nur die halbe Breite entfernt werden musste. So bleibt die Sehne erhalten, und ist weiter voll funktionstüchtig.
„Ich fühle mich in allen Lebenslagen wieder richtig gut und bin sehr froh. Und ich bereue es, mich nicht schon früher für diese Operation entschieden zu haben“, so Sabrina F.
Das Klinikum Ludwigsburg und das Bürgerhospital Frankfurt sind aktuell die einzigen Zentren in Deutschland, die diese zukunftsweisende Operationsmethode unter Studienbedingungen evaluieren. (red)
