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Radioaktivität
Entwarnung für alle Pilzsammler

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Sie haben gemessen: Florian Sauer und Manuel Metsch mit Professor Thomas Raiber. Foto: privat
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Am 26. April 1986 havarierte der sowjetische Atommeiler von Tschernobyl. Die Spätfolgen im Kreis sind überschaubar. Archivfoto: dpa
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Gut 31 Jahre nach dem Supergau von Tschernobyl sind die Spätfolgen im Kreis Ludwigsburg nur noch sehr gering. Das haben jetzt Messungen in allen 39 Kreis-Kommunen ergeben. Ihr Ergebnis: Die Strahlenbelastung des Landkreises durch den Fallout der radioaktiven Wolke, die im Frühjahr 1986 auch über Süddeutschland zog, stellen – gemessen an den geltenden Grenzwerten –keine Gefahr für Gesundheit und Umwelt dar.

Kreis Ludwigsburg. Das Fazit ihrer Messreihe im Landkreis ist für Florian Sauer und Manuel Metsch klar: „Wir können Entwarnung für die Pilzsammler im Kreis Ludwigsburg und für den Verzehr von heimischem Wild geben“, sagen die beiden Studenten an der Hochschule Ulm. Sie wirken an Forschungsvorhaben des Leiters des dortigen Instituts für Strahlenmesstechnik, Professor Thomas Raiber, mit, der mit seinen Studierenden vorhat, Süddeutschland auf die strahlenden Folgen der Reaktorhavarie in der Ukraine hin zu kartographieren.

Der Zeitpunkt des Unternehmens ist kein Zufall: Raiber startete es gut 30 Jahre nach dem Supergau – was ziemlich genau der Halbwertzeit von Cäsium 137 entspricht, jenes Nuklids, das durch Tschernobyl über Nacht weltberühmt wurde. Denn das krebserregende Cäsium, das in Tschernobyl in signifikanten Umfang freigesetzt wurde, hat neben der Ukraine, Weißrussland und Russland auch andere Regionen in Europa kontaminiert – und außerdem eine relativ lange Halbwertzeit von 30,17 Jahren, so dass es erst in etwa 300 Jahren vollständig zerfallen sein wird.

Aufgrund der Bodenmessungen der beiden Ulmer Studenten, die in möglichst unberührten Senken entnommen wurden, in denen sich das Regenwasser und damit der Tschernobyl-Fallout sammelte, lässt sich sagen: Dank der damals geringen Niederschläge im Kreis ist die hiesige Belastung durch den Tschernobyl-Indikator Cäsium meilenweit von dem entfernt, was die Behörden für bedenklich halten. Sauer und Metsch haben in 18 der 39 Kreis-Kommunen gar keinen Cäsium-Eintrag nachweisen können, für die restlichen 21 Städte und Gemeinden haben sie Werte zwischen 1,71 (Eberdingen) und 15,68 (Gerlingen) Becquerel pro Kilogramm gemessen. Zum Vergleich: Der entsprechende Cäsium-Grenzwert für den Verzehr des als Risikofaktor geltenden Fleischs von Wildschweinen liegt bei 600, der bei sonstiger Nahrung bei 300 Becquerel pro Kilo.

Eindeutig auf Tschernobyl zurückzuführen sind nach Ansicht Raibers und seiner beiden Studenten auch die vorgefundenen Nuklide Plumbum 212 und 214 sowie Radium 226, bei denen es sich durchweg um Gammastrahler aus der Uran-Zerfallskette handelt. Doch auch hier ist die gemessene Aktivität im Kreis gering: Bei den beiden Blei-Nukliden liegen die Höchstwerte bei 46, 68 (Plumbum 212) sowie 38,46 (Plumbum 214) Becquerel pro Kilo, gemessen beide in Eberdingen. Knapp dahinter liegt – ebenfalls in beiden Werten – Hemmingen. Beim Radium hingegen liegt Hemmingen mit 123,95 Bequerel knapp vor Asperg.

Zwei Befunde zum Vergleich: In anderen Regionen Süddeutschlands – etwa im Bayrischen Wald und südlich der Donau – ist die radioaktive Belastung durch den Tschernobyl Fallout deutlich höher als bei uns. Der Grund: Dort hat es in der fraglichen Zeit weitaus mehr geregnet als im Kreis. Zweitens: Die radioaktive Belastung der heimischen Böden durch Kalium – das sowohl natürlich vorkommt als auch mit Düngemitteln eingetragen wird – ist weitaus höher als der durch die auf Tschernobyl zurückzuführenden Nuklide. Den Spitzenwert erreicht hier Asperg mit 1485,07 Becquerel je Kilo. Allerdings: Nicht alle Nuklide sind gleich gefährlich..

Info: Auf www.lkz.de finden Sie zu diesem Artikel eine interaktive Kreiskarte mit allen 39 Ortswerten.